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Frage 1:
Seit wann ist dem Senat bekannt, dass die von der Europäischen Union vorgegebenen #Grenzwerte für
#Stickoxide (#NOx) in einzelnen Bereichen Berlins nicht eingehalten werden?
Antwort zu 1:
Die Richtlinie 2008/50 EG wurde fristgerecht im Jahr 2010 mit der 39. Verordnung zum
Bundes-Immissionsschutzgesetz (39. BImSchV) in deutsches Recht umgesetzt. Für
Stickstoffoxide (NOx) ist in § 3 Absatz 4 zum Schutz der Vegetation ein über ein
Kalenderjahr gemittelter kritischer Wert von 30 μg/m³ festgelegt. Aufgrund der
Festlegungen in Anlage 3B Nr. 2 ist die Einhaltung dieses Wertes in Berlin nicht zu
überwachen.
Für Stickstoffdioxid (NO2) sind in § 3 Absätze 1 und 2 zum Schutz der menschlichen
Gesundheit Grenzwerte festgelegt:
a) der über eine volle Stunde gemittelte Immissionsgrenzwert beträgt 200 μg/m³ bei 18
zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr,
b) der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert beträgt 40 μg/m³.
Beide Grenzwerte für NO2 sind seit dem 01.01.2010 einzuhalten (gemäß Anlage 11B).
zu a)
Die Anforderungen hinsichtlich des Stundenmittelwertes Stickstoffdioxid (NO2) wurden in
Berlin seit Inkrafttreten des Grenzwertes immer erfüllt.
zu b)
Bereits im Luftreinhalteplan 2005-2010 vom August 2005 wurde dargestellt, dass der
Grenzwert für den Jahresmittelwert von Stickstoffdioxid (NO2) voraussichtlich nicht wie
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gefordert bis 2010 eingehalten werden könne. Im Luftreinhalteplan 2011-2017 wurde eine
Einhaltung des Grenzwertes für das Jahr 2020 prognostiziert.
Seit September 2015 ist bekannt, dass die Emissionen von Diesel-Pkw der Abgasnormen
Euro 5 und 6 im Realbetrieb deutlich höher sind, als bei den Prognosen angenommen
worden war. Entsprechend höher sind die NO2-Belastungen an Straßen und es kann auch
für 2020 keine Einhaltung der Grenzwerte allein aufgrund der Trendentwicklung erwartet
werden.
Frage 2:
Welche regelmäßigen Grenzwertüberschreitungen für Stickoxide und Feinstaub sind dem Senat aus
eigenen Messungen in Berlin bekannt und welche der von Dritten erhobenen Messwerte werden vom Senat
ebenfalls als Handlungsgrundlage anerkannt (bitte kritische Orte tabellarisch mit Adresse und Messwert
angeben)?
Antwort zu 2:
Das Land Berlin betreibt das Berliner Luftgütemessnetz (BLUME) gemäß 39. BImSchV mit
automatisch-kontinuierlich messenden Referenzmessgeräten oder gleichwertigen Geräten
an 11 Stationen für Feinstaub PM10 und an 16 Stationen für Stickstoffdioxid (NO2).
Zusätzlich wird NO2 an weiteren 23 Messpunkten mit einem diskontinuierlichen
Messverfahren (Passivsammler) bestimmt. Diese Passivsammler werden zudem an den
Stationen mit Referenzverfahren betrieben, um die Vergleichbarkeit und Richtigkeit der
Messungen zu gewährleisten.
Messungen von Dritten können für die Luftreinhalteplanung dann berücksichtigt werden,
wenn die Vorgaben der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (39.
BImSchV) vollumfänglich eingehalten wurden und auch die Qualitätssicherung für
Probenahme, Messungen und Analysen belastbar dokumentiert ist. Für NO2 liegen
derartige Messungen Dritter zurzeit nicht vor.
Die Grenzwerte für Partikel PM10 („Feinstaub“) wurde 2016 und 2017 an allen
Messstationen eingehalten.
Der Grenzwert für NO2 für das Kalenderjahr von 40 μg/m³ wurde an den verkehrsnahen
Messstationen seit 2010 in allen Jahren überschritten, die Jahresmittelwerte sind in
Tabelle 1 zusammengestellt.
Tabelle 1: NO2-Jahresmittelwerte in μg/m³ der BLUME-Stationen mit Werten über 40 μg/m³
Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
Hardenbergplatz 63 66 66 63 62 53 51 45
Schildhornstraße 54 54 52 50 49 48 46 45
Mariendorfer Damm 50 51 50 49 46 49 46 47
Silbersteinstraße 56 54 52 54 56 52 52 48
Frankfurter Allee 42 43 43 41 42 41 41 41
Karl-Marx-Str. 53 52 56 55 52 52 51 49
Weitere Messwerte, z.B. für die Passivsammler, können im Internet abgerufen werden
unter: http://www.berlin.de/senuvk/umwelt/luftqualitaet/luftdaten/
Die hohe Stickstoffdioxidbelastung ist dabei natürlich nicht auf die Bereiche rund um die
Messstellen beschränkt. Hierzu liegen aktuelle Simulationsrechnungen für das gesamte,
1.600 km lange Hauptverkehrsstraßennetz in Berlin vor, die im Auftrag der
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz durchgeführt wurden. Diese
Rechnungen wurden auf Grundlage der neuesten Daten zum Verkehrsaufkommen, zur
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Stauhäufigkeit, zu den Anteilen der verschiedenen Fahrzeugtypen und deren
Schadstoffausstoß erstellt. Außerdem wurden alle aktuell verfügbaren Informationen über
die erhöhten realen Fahremissionen von Diesel-Kfz berücksichtigt. Die Rechnungen
zeigen für das Jahr 2015 Grenzwertüberschreitungen in Straßenabschnitten mit einer
Gesamtlänge von ca. 60 km. Bis 2020 wird sich aufgrund der stetigen Flottenerneuerung
die NO2-Belastung deutlich reduzieren.
Frage 3:
Hat der Senat auch Messungen im unmittelbaren Umfeld der Berliner Stadtautobahnen durchgeführt und
wenn ja wo – wenn nein warum nicht?
Antwort zu 3:
Bis 2004 wurde eine Messstelle des Luftgütemessnetzes in unmittelbarer Nähe der
Stadtautobahn betrieben. Sie wurde außer Betrieb genommen, da im Zuge der
Umsetzung der EU-Luftqualitätsrichtlinie von 1996 und deren nachfolgend erlassenen
Tochterrichtlinien der Expositionsbezug für Messungen zum Schutz der menschlichen
Gesundheit konkretisiert wurde.
Auch aktuell müssen derartige Messungen gemäß Anlage 3 der 39. BImSchV an Orten
durchgeführt werden, in denen sich Menschen über einen Zeitraum aufhalten, der im
Vergleich zu dem Mittelungszeitraum des kritischen Grenzwertes (bei NO2 ein Jahr)
signifikant ist. Dies trifft für Orte direkt neben der Stadtautobahn nicht zu. Die
Luftbelastung für die Wohnbebauung im weiteren Umfeld der Stadtautobahn wird durch
Modellrechnungen beurteilt. Dabei zeigte sich, dass die NO2-Belastung bis auf wenige
kurze Abschnitte (z.B. im Bereich zwischen Neuer Kantstraße und Kaiserdamm auf der
östlichen Seite) unterhalb des Grenzwertes liegt. Dies ist auf den überwiegend genügend
großen Abstand der Wohnbebauung zur Autobahn und die ausreichende Verdünnung der
Abgase zurückzuführen.
Frage 4:
Welche Maßnahmen hat der Senat seit seiner Kenntnis von Grenzwertüberschreitungen bei den Stickoxiden
in der Berliner Luft ergriffen, um die Stadtbevölkerung vor den gesundheitlichen Risiken zu schützen (bitte
chronologisch angeben)?
Antwort zu 4:
Maßnahmen zur Luftreinhaltung sind eng verknüpft mit Maßnahmen im Bereich der
Verkehrspolitik und der Umsetzung des Stadtentwicklungsplans (StEP) Verkehr. Die
wichtigsten ergriffenen Maßnahmen mit positiver Wirkung auf die Luftqualität sind:
Vorgaben für Emissionen aus Gebäudeheizungen bei Neubauten im Luftvorranggebiet
im Flächennutzungsplan seit den 90er Jahren.
Förderung des Umweltverbundes im Rahmen des StEP Verkehr (kontinuierlich seit
über 20 Jahren), z.B. mit der Radverkehrsstrategie 2004, Einführung von
Fahrradmietsystemen oder Ausbau der Fahrradparkplätze an Haltestellen des ÖPNV.
Die Förderung soll in dieser Legislaturperiode u.a. durch das Mobilitätsgesetz
ausgebaut werden. Um die Attraktivität des Umweltverbundes weiter zu verbessern,
sind z.B. Investitionen für neue Straßenbahnlinien (der Bau von 5 Linien soll bis 2021
beginnen, weitere 5 geplant werden), ein größeres Angebot für den Busverkehr sowie
breitere und sicherere Radwege und bis zu 100 km Radschnellwege geplant. Für
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Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs sind pro Jahr 50 Millionen €
vorgesehen.
Förderung von Erdgasfahrzeugen seit 2000, u.a. mit Ausbau des Tankstellennetzes,
Förderprogramme TUT (Tausend Umwelttaxis für Berlin) und TELLUS (leichte
Nutzfahrzeuge) zwischen 2000 und 2004, Erdgasmüllsammelfahrzeuge bei der BSR
oder Kooperationsvereinbarungen mit der GASAG.
Festlegung und kontinuierliche Verschärfung von Umweltstandards für die
Beschaffung kommunaler Fahrzeuge seit 2003, zuletzt aktualisiert durch ein
Rundschreiben im Januar 2018 mit dem Ziel einer vorrangigen Beschaffung von
Elektrofahrzeugen.
Einführung von parkraumbewirtschafteten Gebieten auf der Grundlage eines
Leitfadens von 2004.
Lkw-Durchfahrtverbot in der Silbersteinstraße im April 2005.
Anordnung von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen, z.B. für 16 Straßen Ende 2005
im Rahmen eines Konzepts zur Lärmminderung, Verbesserung der Verkehrssicherheit
und Luftreinhaltung. Weitere Anordnung folgten und folgen weiterhin nach
Einzelfallprüfung.
Stetige Modernisierung der Busflotte mit Vorgabe von Emissionsanforderungen im
Nahverkehrsplan seit 2006.
Beratungsprojekt „Sauberer Fuhrpark“ für Unternehmen von 2006-2008.
Kontinuierliche Optimierung der Koordinierung von Lichtsignalanlagen, z.B. 2006 für
den Streckenzug Potsdamer Straße – Leipziger Straße mit Einführung verkehrsabhängiger
Schaltungen.
Umweltsensitives Verkehrsmanagement, z.B. das Projekt IQmobility in 2007 und in
der Invalidenstraße nach ihrem Umbau seit 2016.
Einführung der Umweltzone 2008, Verschärfung 2010, Minimierung der
Ausnahmeregelungen 2015.
Entwicklung von Emissionsanforderungen für die Ausschreibung von Schienenpersonennahverkehr
im Rahmen des Projekts ECOrails im Jahr 2010.
Förderung der Elektromobilität (z.B. „Aktionsprogramm Elektromobilität Berlin 2020“
von 2011, Auswahl als Schaufenster Elektromobilität durch den Bund, Ausbau der
Ladeinfrastruktur).
Förderung von Carsharing, z.B. durch Unterstützung bei Carsharing-Stellplätzen.
Modellprojekt 2010 zur Nachrüstung von Linienbussen der BVG mit Stickoxidminderungssystemen.
Nachrüstung von 202 Doppeldeckern mit Stickoxidminderungssystemen und
Optimierung von 150 weiteren Bussen für eine wirksame Abgasreinigung bis Ende
2015. Die Nachrüstung wird fortgesetzt.
Pilotprojekt mit vier Elektrobussen seit 2015.
Vorbereitung der Beschaffung von Elektrobussen ab 2018.
Bestellung zusätzlicher Verkehrsangebote bei der BVG und der S-Bahn-Berlin, die im
Dezember 2017 eingeführt wurden. Im Bus- und Straßenbahnverkehr können durch
den Einsatz neuer, zusätzlicher Fahrzeuge auch höhere Platzkapazitäten im
Berufsverkehr angeboten werden.
Beschluss zur Reduzierung des Preises für Jobtickets 2018
Frage 5:
Wie bewertet der Senat den Vorgang politisch, dass die Einhaltung der Grenzwerte für NOx zum Schutz der
Gesundheit in Berlin mit Klagen einer Nichtregierungsorganisation (NGO) – hier der deutschen Umwelthilfe
DUH – gerichtlich erzwungen werden muss?
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Antwort zu 5:
Es ist ein wichtiges Merkmal eines Rechtsstaats, dass das Handeln der Verwaltung
gerichtlich überprüft werden kann. Der Senat begrüßt daher das Engagement von
Nichtregierungsorganisationen und wird sich vor Gericht zu den Forderungen der DUH
äußern. Da es sich hier um ein laufendes Verfahren handelt, kann keine weitere
Stellungnahme erfolgen.
Frage 6:
Wie hat sich der Senat auf den Fall vorbereitet, dass das Bundesverwaltungsgericht im Februar 2018 die
Anordnung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge auf besonders belasteten Stadtstraßen als geeignetes
Mittel zur Einhaltung der europäischen Stickoxid-Grenzwerte bestätigt und eine entsprechende
Gerichtsentscheidung in Berlin unmittelbar bevor steht (bitte Maßnahmen, erwarteten Beitrag zur NOx-
Minderung und Umsetzungszeiträume angeben)?
Antwort zu 6:
Der Senat arbeitet bereits intensiv an der Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Berlin
und wird dabei auf einer fundierten Datenbasis auch das Instrument „Fahrverbote“
behandeln. Dabei wird sowohl die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die
Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten und deren rechtssichere Anordnung als auch die
Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin zu berücksichtigen sein. Wie die Gerichte
entscheiden, kann jedoch nicht vorhergesagt werden. Daher können auch noch keine
Aussagen zu den Maßnahmen und ihrer Wirkung gemacht werden.
Frage 7:
Wird der Senat unmittelbar im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wirksame
Maßnahmen zur NOx-Reduzierung ergreifen oder zunächst ein gegen die Stadt Berlin gerichtetes Verfahren
abwarten?
Antwort zu 7:
Der Senat hat bereits viele Maßnahmen zur Reduzierung von Stickoxiden umgesetzt und
weitere konkrete, schnell umsetzbare Maßnahmen auf dem Berliner Mobilitätsgipfel am
18.01.2018 beschlossen. Es werden keine Gerichtsurteile abgewartet, vielmehr ist die
Umsetzung von Maßnahmen bereits ein kontinuierlich laufender Prozess.
Frage 8:
Sind als Maßnahmen auch Fahrverbote für Dieselfahrzeuge auf Berliner Straßen vorgesehen und wenn ja in
welchen Straßen oder Quartieren bzw. Stadtteilen (bitte tabellarisch angeben)?
Antwort zu 8:
Im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans wird zunächst die Wirkung von
verkehrlichen Maßnahmen ohne Fahrverbote auf die Luftqualität untersucht. Sollten diese
Maßnahmen nicht ausreichen, um an allen Straßen die Grenzwerte einzuhalten, werden
auch Fahrverbote geprüft. Diese Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Daher können
keine Aussagen zu Straßen, Quartieren oder Stadtteilen gemacht werden, für die
Fahrverbote geprüft werden müssen.
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Frage 9:
Welche Dieselfahrzeuge müssten im Falle einer Gerichtsentscheidung vom Befahren stark belasteter
Straßen und Plätze ausgeschlossen werden (bitte die jeweilige Euro-Norm bzw. konkrete Abgasgrenzwerte
angeben)?
Antwort zu 9:
Dies kann erst nach eingehender Prüfung der Gerichtsentscheidungen und Vorliegen der
Untersuchungen zur Wirkung von Maßnahmen im Rahmen der laufenden Fortschreibung
des Luftreinhalteplans beantwortet werden.
Frage 10:
Welche Alternativen bestehen aus Sicht des Berliner Senats zu einem Fahrverbot für Dieselfahrzeuge, um
die Grenzwerte für Stickoxide dauerhaft wieder einzuhalten?
Antwort zu 10:
Berlin wird die auf dem Berliner Mobilitätsgipfel im Januar 2018 beschlossenen
Maßnahmen (Umstellung von Flotten auf alternative Antriebe, Förderung der
Elektromobilität, Nachrüstung von Fahrzeugen, Verkehrsverstetigung und Förderung von
ÖPNV und Radverkehr) konsequent umsetzen und im Rahmen der Fortschreibung des
Luftreinhalteplans um weitere Maßnahmen ergänzen.
Frage 11:
Müssten Dieselfahrverbote zum Schutz der Bevölkerung bei Überschreitung von NOx-Grenzwerten auch auf
Bundesautobahnen im Berliner Stadtgebiet durchgesetzt werden und wenn ja, wie wird das realisiert?
Frage 12:
Wer wäre für den Erlass solcher Fahrverbote auf Autobahnen zuständig und wie könnten diese kontrolliert
werden?
Antwort zu 11 und 12:
Nein, Fahrverbote auf den Bundesautobahnen im Berliner Stadtgebiet sind nicht
notwendig, weil keine relevanten Grenzwertüberschreitungen im Bereich der
Wohnbebauung entlang der Stadtautobahn auftreten. In allen bestehenden Umweltzonen
Deutschlands sind zudem Bundesautobahnen von den Verkehrsverboten ausgenommen,
weil die damit verbundene Behinderung des europäischen Warenaustausches
europarechtlich problematisch wäre.
Frage 12 erübrigt sich damit.
Frage 13:
Werden Dieselfahrzeuge, deren Stickoxid-Emissionen nur durch ein Software-Update des Herstellers
reduziert wurden, ebenfalls von der Benutzung belasteter Straßen ausgeschlossen und wenn ja, ab welchen
Abgasgrenzwerten wird das Fahrverbot voraussichtlich erlassen?
Antwort zu 13:
Diese Frage kann derzeit nicht beantwortet werden, weil die erforderlichen Informationen
zur Wirkung des Software-Updates, d.h. zu ihrer realen Emissionsminderung, bisher nicht
veröffentlicht wurden.
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Außerdem sind die Gerichtsentscheidungen zur straßenverkehrsrechtlichen Anordbarkeit
sowie die Ergebnisse zu den Modellrechnungen der Wirkung von Maßnahmen
abzuwarten.
Frage 14:
Wie beurteilt der Senat die Zusage überwiegend deutscher Fahrzeughersteller, Besitzern von
Altdieselfahrzeugen mit Euro-4-Norm oder älter, Prämien für den Kauf von Neufahrzeugen auszureichen, die
sich nach dem Wert des Neuwagens richten und bei großen Fahrzeugen insbesondere sogenannten SUVs
besonders hoch sind?
Frage 15:
Ist der Senat der Meinung, dass die von den Fahrzeugherstellern nach eigenem Ermessen gestalteten
Prämien für Neuwagenkäufe ein ausreichendes Mittel sind, um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung
(EU-NOx-Grenzwerte) an vielbefahrenen Straßen wiederherzustellen und die verkehrspolitischen Ziele
Berlins zu erreichen?
Antwort zu 14 und 15:
Die Rückkaufprämien der Fahrzeughersteller können eine positive Wirkung auf die NO2-
Belastungen an Straßen haben, wenn Diesel-Pkw durch Pkw mit alternativen Antrieben
oder zumindest mit Ottomotoren ersetzt werden.
Unzureichend ist allerdings die Beschränkung auf Diesel-Pkw bis Euro 4. Es müssten
auch Diesel-Pkw mit dem Abgasstandard Euro 5 einbezogen werden, da diese oft höhere
Emissionen als Diesel-Pkw mit dem Abgasstandard Euro 4 aufweisen.
Das Instrument wird alleine jedoch nicht für die Einhaltung der NO2-Grenzwerte
ausreichen. Aus Sicht des Senats muss erreicht werden, dass die Fahrzeughersteller auch
die Kosten für hardwareseitige Nachrüstungen übernehmen.
Für die Höhe der Stickoxidemissionen spielt die Fahrzeuggröße nur eine untergeordnete
Rolle, da die NOx-Emissionsgrenzwerte für Pkw weitgehend unabhängig von der
Fahrzeuggröße gelten. Kleine Fahrzeuge weisen daher oft genauso hohe
Stickoxidemissionen auf wie große Fahrzeuge. So ermöglicht es die moderne SCRTechnik
heute sogar, dass Lkw der Abgasnorm Euro VI mit 40 Tonnen Gesamtgewicht pro
Kilometer kaum mehr Stickoxide ausstoßen als durchschnittliche Diesel-Pkw.
Frage 16:
Wie sollten sich Besitzer von Dieselfahrzeugen der Euro-5 Norm aus Sicht des Senats verhalten, die vor
wenigen Jahren im Vertrauen auf die Umweltverträglichkeit moderner Dieselfahrzeuge Neuwagen gekauft
haben und nun nicht in den Genuss einer Neukauf-Prämie kommen, aber vermutlich ebenfalls von
Fahrverboten betroffen wären?
Antwort zu 16:
Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. So spielt es z.B. eine Rolle, ob für
das Fahrzeug eine herstellerseitige Abgasmanipulation durch das Kraftfahrt-Bundesamt
festgestellt wurde. Außerdem sind das Alter des Fahrzeugs, Garantiefristen und Art der
Finanzierung zu prüfen. Besitzerinnen und Besitzer von Euro-5-Diesel-Pkw können sich
von Verbraucherschutzzentralen oder Rechtsanwälten beraten lassen. Das Land Berlin
setzt sich zudem dafür ein, dass schnellstmöglich technische Nachrüstlösungen
geschaffen werden, mit denen die Stickstoffoxidemissionen von einer möglichst großen
Zahl von Euro-5-Dieselmodellen auf Euro-6-Niveau gesenkt werden kann.
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Frage 17:
Sieht das Land Berlin Möglichkeiten die Euro-5 – Diesel-Fahrzeug-Besitzer finanziell zu unterstützen, damit
diese ihre wenige Jahre alten Fahrzeuge nachrüsten oder z.B. auf ein Elektro- oder Gasfahrzeug umsteigen
können.
Antwort zu 17:
Vorrangiges Ziel des Landes Berlin ist die Kostenübernahme für die aus Sicht des Senats
erforderliche Nachrüstung von Euro-5-Dieselfahrzeugen durch die Fahrzeughersteller
(Verursacherprinzip). Für den Umstieg auf Elektro- oder Gasfahrzeuge gibt es bereits
Förderungen durch den Bund. Möglichkeiten zur Förderung der Nachrüstung von Euro-5-
Diesel-Fahrzeugen sind durch das Land Berlin nicht vorgesehen.
Jedoch wird das Land Berlin zwei Förderprogramme „Benzin-Hybrid-Förderung“ und
„Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ auflegen, mit dem Ziel, Taxiunternehmen sowie kleine
und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft zu motivieren, auf elektrisch
angetriebene Fahrzeuge umzusteigen.
Das Förderprogramm „Benzin-Hybrid-Förderung“ ist ein kurzfristiges Förderprogramm,
welches ab dem 01. März 2018 für 4 Monate bis zum 30.06.2018 verfügbar sein wird. Es
richtet sich an Berliner Taxi-Unternehmen, die über ein elektronisches Antragsverfahren
eine einmalige Prämie in Höhe von 2.500 Euro für den Kauf oder Leasing eines neuen
bzw. erstmals zugelassenen Benzin-Hybrid-Fahrzeugs erhalten. Dafür müssen die Antrag
stellenden Taxi-Unternehmen ein älteres Diesel-Taxi der Euro Norm 5 und niedriger,
stilllegen und verschrotten.
Das Förderprogramm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ ist breiter gefasst und gliedert
sich zunächst in 3 Module: 1. Ein vorgelagertes Beratungsmodul, 2. Die Förderung
elektrisch angetriebener Fahrzeuge in Form eines Betriebskostenzuschusses, 3. Die
Förderung von Ladeinfrastruktur auf privatem gewerblichen Raum.
Des Weiteren prüft der Senat, wie die Einbeziehung von gasbetriebenen Fahrzeugen in
das Förderspektrum als Zwischenlösung in begründeten Ausnahmenfällen sinnvoll sein
kann.
Frage 18:
Wird das Land Berlin in der Zeit von Dieselfahrverboten vergünstigte Monatskarten anbieten, um soziale
Härten z.B. bei der Fahrt vom/zum Arbeitsort zu vermeiden?
Antwort zu 18:
Im Zehn-Punkte-Programm des Senats für saubere Luft wurde bereits eine Absenkung
des Preises für das Jobticket Berlin AB angekündigt, wofür derzeit ein Konzept erarbeitet
wird.
Frage 19:
Wird sich das Land Berlin im Bundesrat dafür einsetzen, dass Diesel-PKW gutgläubiger Käufer auf Kosten
der Fahrzeughersteller technisch nachgerüstet werden oder die Besitzer von diesen einen festen
Mindestentschädigungssatz erhalten? Wenn nein warum nicht?
Antwort zu 19:
Ja. Ziel ist die volle Übernahme der Nachrüstkosten durch die Fahrzeughersteller.
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Frage 20:
Welche Konsequenzen würde ein Dieselfahrverbot in der Berliner Innenstadt für den ständig wachsenden
Pendlerverkehr zwischen dem Land Brandenburg und Berlin haben, bezüglich:
a.) des Angebots von Park- and Ride-Parkplätzen am Stadtrand?
b.) der Transport-Kapazität von Regionalbahnen und dem Berliner ÖPNV?
c.) den Regionalverkehrsangeboten zwischen dem Berliner Umland und Berlin?
d.) dem Auf- bzw. Ausbau von Carsharing- und Bikesharing-Angeboten auch außerhalb des S-Bahnrings?
Frage 21:
Gibt es zum Thema Dieselfahrverbote in Berlin bereits Abstimmungen zu Konsequenzen mit dem Land
Brandenburg, dem VBB und der Bahn? Wenn nein, warum nicht?
Antwort zu 20 und 21:
Im Verhältnis zur Anzahl der täglichen ÖV-Fahrten innerhalb Berlins machen die
Einpendelfahrten nach Berlin lediglich einen einstelligen Prozentanteil aus. Der weit
überwiegende Teil einer Nachfragesteigerung im ÖV aus möglichen Verlagerungseffekten
vom motorisierten Individualverkehr (MIV) zum ÖPNV und Regionalbahnverkehren würde
daher als Binnenverkehr innerhalb Berlins auftreten. Da zudem derzeit nicht bekannt ist,
ob, wo und in welchem Umfang es Kfz-Verkehrsverbote geben wird, lassen sich mögliche
Verlagerungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen. Auf dieser Grundlage sind keine
Abstimmungen möglich.
Ein Ausbau von Angeboten im ÖPNV erfolgt bereits heute unabhängig von Fahrverboten,
um den Anforderungen einer wachsenden Stadt gerecht zu werden. Hierzu finden laufend
Abstimmungen im VBB statt.
Frage 22:
Wie beurteilt der Senat die Möglichkeit, über den Bundesrat Einfluss auf die Bundesregierung zu nehmen,
damit diese auf Grundlage des §23 Abs. 3 Straßenverkehrsgesetz (i.V.m. der EG-FGV) die dort
vorgesehenen Geldbußen von bis zu 5000 Euro pro Fahrzeug gegen die Hersteller von abgasmanipulierten
Fahrzeugen erhebt und die vereinnahmten Bußgelder z.B. zur Entschädigung von Dieselkäufern bzw. zu
technischen Nachrüstung manipulierter Dieselfahrzeuge genutzt werden, um damit die Gesundheit der
Bevölkerung zu schützen?
Antwort zu 22:
Das Vorliegen eines Ordnungswidrigkeitstatbestandes wäre nach § 23
Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 37 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung (EGFGV)
zu prüfen. Zuständig ist gemäß § 26 Abs. 2 StVG der Bund, namentlich das
Kraftfahrt-Bundesamt, da dieses für den Vollzug der bewehrten Vorschriften zuständig ist.
Der Senat sieht in einer Bundesratsinitiative eine Möglichkeit, um Einfluss auf das
Verwaltungsverfahren einer Bundesbehörde zu nehmen.
Berlin, den 08.02.2018
In Vertretung
Jens-Holger Kirchner
…………………………..
Senatsverwaltung für
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
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