Straßenbahn: Keine Straßenbahn auf der Marggraffbrücke?, aus Senat

Frage 1:
Welche planerischen, technischen und verkehrsorganisatorischen Veränderungen hat die
presseöffentliche Verlautbarung, die #Marggraffbrücke könne nun doch eine #Tragfähigkeit für die
#Tramstrecke erhalten, zum Inhalt? Welche zeitlichen und finanziellen Auswirkungen sind dadurch zu
verzeichnen?


Antwort zu 1:
Die Marggraffbrücke wird nach den aktuellen Regeln der Technik bemessen und
errichtet werden. Hierfür sind die statischen Berechnungen mit den hohen
#Verkehrsanforderungen an eine #Bundesstraße nach Lastmodell 1 für
Kraftfahrzeuge zugrunde zu legen.
Ein überschläglicher statischer Vergleich zeigt, dass die heute anzunehmenden
Lasten aus dem Kraftfahrzeugverkehr die Lasten aus einem #Straßenbahnbetrieb
bei Wegfall eines Fahrstreifens je Richtung mit abdecken würden. Die besonderen
Anforderungen aus dynamischen Lasten zur Ermittlung der Ermüdungsfestigkeit
erfordern noch eine genauere Betrachtung und werden als technisch umsetzbar
eingeschätzt.
Im zeitlicher und finanzieller Hinsicht hat es zunächst für den Brückenneubau keine
Auswirkungen und kann erst mit der endgültigen Festlegung der
#Straßenbahntrassenführung bewertet werden.
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Frage 2:
Wie wurde die Bestellung einer zweiten Linksabbiegerspur zur Minna-Todenhagen-Brücke
begründet und welche Daten tragen diese Bestellung und die Mitteilung über die mögliche
Notwendigkeit der Einplanung einer #Straßenbahnlinie an das Wasserstraßen-Neubauamt?
Antwort zu 2:
Die Minna Todenhagen Straße ist Teil einer übergeordneten #Straßenverbindung
und schafft durch die neue Spreequerung eine Verbindung zwischen der B 96 a
(Köpenicker Landstraße) und der Rummelsburger Straße mit dem Ziel der
Entlastung der parallelen Straßenzüge in Ober- und Niederschöneweide. Diese
Straßenverbindung soll als Verkehrslösung (VL) Baumschulenweg (mit Entlastung
der Baumschulenstraße) und VL Späthsfelde (als Erschließung für ein neues
Entwicklungsgebiet und Entlastung der Späthstraße) mittel- bis langfristig eine
Anbindung an die A 113, AS Späthstraße erhalten.
Solange nur der erste Abschnitt dieser Straßenverbindung in Form eines
dreiarmigen Knotenpunktes angebunden ist, gibt es in dieser Relation großen
Versatzverkehr und somit große Abbiegeströme. Im Rahmen des
Planfeststellungsverfahrens und der damit erfolgten Verkehrsprognosen wurde die
Notwendigkeit von zwei Abbiegestreifen durch verkehrliche Untersuchungen
nachgewiesen und gefordert. Im Zusammenhang mit dem nunmehr auch schon
über fast 10-Jahre laufenden Vorbereitungen für den Ersatzneubau der
Marggraffbrücke wurde diese Spuraufteilung in der neuen Knotenpunktzufahrt im
Rahmen der LSA (Lichtsignalanlagen-)Planung zu Grunde gelegt. Die MinnaTodenhagen-Straße wurde im Dezember 2019 in Betrieb genommen. Aktuelle
Entwicklungen im Bereich der langjährigen Baumaßnahmen des Ersatzneubaus der
Elsenbrücke untermauern die Notwendigkeit dieser zwei Linksabbiegespuren.
Langfristig, wenn die VL Baumschulenweg und Späthsfelde umgesetzt und als 4-
armiger Knotenpunkt an der B 96 a angebunden ist, wird sich eine neue
Verkehrsverteilung ergeben, der Versatzverkehr wird deutlich abnehmen, so dass
zu dem Zeitpunkt eine neue Spuraufteilung auch im Knotenpunktarm der
Marggraffbrücke im Rahmen einer neuen LSA-Planung erfolgen kann.
Frage 3:
Im Hinblick darauf, dass sich der Senat und das #Wasserstraßen-Neubauamt (#WNA) verständigen
konnten und eine Führung der #Straßenbahn nun doch über die Marggraffbrücke als möglich gilt:
Sieht es der Senat nicht als sinnvoll an, den Bau der Straßenbahnlinie von Schöneweide zum
Potsdamer Platz in seiner Priorität vorzuziehen?
Antwort zu 3:
Nein. Die Reihung der Straßenbahnvorhaben basiert auf langfristigen,
strategischen Planwerken, die eine gesamtstädtische Betrachtung zugrunde
legen. Im ÖPNV-Bedarfsplan als Teil des Nahverkehrsplans 2019-2023 ist die
Straßenbahnstrecke Potsdamer Platz – Schöneweide als vordringlicher Bedarf mit
Realisierungshorizont 2035 vorgesehen. Der Stadtentwicklungsplan Mobilität und
Verkehr Berlin 2030 (StEP MoVe) bestätigt diesen Realisierungshorizont. Auch ein
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Vorziehen ließe keine Synchronisierung mit den anstehenden Bauarbeiten des
WNA zu.
Frage 4:
Wann könnte der Senat mit den Leistungsphasen nach der Honorarordnung für Architekten und
Ingenieure (HOAI) beginnen, um rechtzeitig den Neubau der Marggraffbrücke durch das WNA mit
dem Bau eines ersten Teilstücks der Straßenbahn bis zur Sonnenallee/Baumschulenstraße zu
verknüpfen?
Antwort zu 4:
Entfällt.
Frage 5:
Welche alternativen #Streckenkorridore könnte es abseits der Marggraffbrücke für die Straßenbahn
überhaupt geben?
Frage 7:
Ist es aus Sicht des Senats wichtig, jetzt mit der Planung der Straßenbahn von Schöneweide über
die Baumschulenstraße bis zum Hermannplatz (Potsdamer Platz) zu beginnen, um eine für eine
#Straßenbahntauglichkeit etwaig notwendige Ertüchtigung der #Hatun-Sürücü-Brücke vor
Fertigstellung der A 100 anzustoßen?
Antwort zu 5 und 7:
Teil der Grundlagenermittlung jeder #Straßenbahnmaßnahme ist ein
Trassenvergleich, in dem jede sich aufdrängende Trassenvariante untersucht und
bewertet wird. Hier sind auch denkbare Zielkonflikte, bspw. zwischen einer kürzeren
Fahrtzeit auf direkter Strecke und einem daraus resultierenden niedrigeren
Erschließungspotenzial angemessen zu würdigen. Die Trassenfindung für die
Straßenbahn wurde noch nicht begonnen, damit sind keine abschließenden
Aussagen möglich. In jedem Fall wird die Querung des Britzer Verbindungskanals
ein Zwangspunkt bei der Trassenfindung sein. Neben der Strecke mit der
Margraffbrücke werden hierfür auch Strecken mit der #Kiefholzbrücke und der
#Südostalleebrücke in die Betrachtung aufzunehmen sein. Aufgabe des
Trassenvergleichs ist es die planerisch zu bevorzugende Variante nach den
vorgegebenen Kriterien zu ermitteln, um für das Planfeststellungsverfahren eine
hinreiche Unterlage vorliegen zu haben. Erst nach sorgsamer Abwägung kann eine
Vorzugstrasse identifiziert werden, deren Wirtschaftlichkeit anschließend
nachzuweisen ist.
Frage 6:
Würde sich aus Sicht des Senats eine Verknüpfung der M10 zum Hermannplatz und einer
Straßenbahn im ersten Schritt von Schöneweide bis zum Hermannplatz nicht auch positiv auf die
Netzwirkung mit Blick auf den jüngsten Neubauabschnitt namens Adlershof II auswirken und schon
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deswegen sinnvoll sein, weil die Strecke über die Sonnenallee damit Anschluss an den neuen
#Betriebshof in #Adlershof erhielte?
Antwort zu 6:
Der #ÖPNV-Bedarfsplan sieht eine Realisierung der Neubaustrecke #M41
Schöneweide – Potsdamer Platz als ein Gesamtprojekt bis 2035 vor. Eine
Unterteilung in Bauabschnitte ist hierbei nicht geplant und ist aus Sicht des Senats
nicht sinnvoll.
Ein Vorziehen des Abschnitts #Schöneweide#Hermannplatz würde zwar aus
betrieblicher Sicht eine vorteilhafte zusätzliche Verbindung zwischen dem
#Köpenicker #Teilnetz der Straßenbahn und dem restlichen Netz schaffen, die flexible
Ein- und Ausrückmöglichkeiten bspw. bei Störungen ermöglicht. Durch die dann
nötige Unterbrechung der durchgehenden Fahrtbeziehungen zwischen
Sonnenallee und den Abschnitten der heutigen Linie M41 nordwestlich des
Hermannplatzes wäre dies jedoch mit erheblichen Nachteilen für viele Fahrgäste
verbunden. Die betrieblichen Vorteile wiegen diese nicht auf.
Frage 8:
In welchem baulichen Zustand befindet sich die Marggraffbrücke?
Antwort zu 8:
Nach Auskunft des Wasserstraßenneubauamtes (WNA) ist der bauliche Zustand
der Brücke durch die festgestellte Alkali-Kiesel-Säure-Belastung des Betons und
dem verbauten spannungskorrosionsrissgefährdeten Spannstahl geprägt. Derzeit
wird davon ausgegangen, dass eine Brückenhälfte während des abschnittsweisen
Ersatzneubaus zur Aufrechterhaltung der Verkehrsbeziehung genutzt werden kann.
Aufgrund des Ankündigungsverhaltens eines Versagens werden ggf. erforderliche
zusätzliche Einschränkungen rechtzeitig umgesetzt.
Frage 9:
Rechnet der Senat mit einer baldigen Sperrung der Brücke, sollten Abriss und Neubau nicht ab
Herbst 2022 erfolgen?
Antwort zu 9:
Der Senat folgt den Ausführungen des WNA und hält einen kurzfristigen Baubeginn
für geboten.
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Frage 10:
Gibt es in Berlin weitere Brücken, Straßen, Tunnel, die nicht in der Baulast oder Planungshoheit des
Landes liegen, bei denen mögliche Konflikte mit den Planwerken Berlins, insbesondere dem
#Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr, dem Nahverkehrsplan, dem #ÖPNV-Bedarfsplan, dem
#Radverkehrsplan und dem Radverkehrsnetz existieren? Wenn ja, um welche Bauwerke und
Planungen handelt es sich und wie wird sichergestellt, dass sich ein „Fall Marggraffbrücke“ nicht
wiederholt?
Frage 11:
Bei welchen dieser Brücken sind ein Neubau oder eine Sanierung geplant bzw. aufgrund der
Zustandsbewertungen absehbar?
Antwort zu 10 und 11:
Dies ist nicht auszuschließen und mit der teilweise langen Dauer zwischen Anfrage
der #Vorhabenträger und tatsächlicher Realisierung begründet. Die Anzahl kann
kurzfristig nicht ermittelt werden. Der Senat prüft Änderungen der bestehenden
Prozesse, um hier künftig in Verfahren die Belange der Straßenbahn stärker
einzubringen, auch wenn noch keine verfestigte Planung vorliegt.

Berlin, den 03.03.2022
In Vertretung
Dr. Meike Niedbal
Senatsverwaltung für
Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz

www.berlin.de