Bus: Chaos rund um die Abgabe von Buslinien an Subunternehmer: Hat der Senat die BVG endlich wieder im Griff?, aus Senat

21.10.2022

Frage 1:
Der Senat hat angekündigt, das Thema der #Buslinien im #Vorstand und #Aufsichtsrat der #BVG zu thematisieren
(Drucksache 19 / 11 565, Antwort zu 13). Ist dies schon geschehen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche
Inhalte und Ergebnisse gab es?
Antwort zu 1:
Die #nichteingehaltenen #Vorgaben des Verkehrsvertrages und des Nahverkehrsplans wurden in mehreren Schreiben der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität und Klimaschutz gegenüber dem Vorstand im Detail angesprochen, hinterfragt und auch in Regelterminen mündlich
besprochen. Dies betraf insbesondere

  • die bewusste Ausschreibung von Leistung mit nicht vertragsgemäßen Leistungs- und
    Qualitätsanforderungen, insbesondere zum Zwei-Sinne-Prinzip bei der Fahrgastinformation
    und zum Zwangskneeling,
  • den eigentlich bei dieser selbstverursachten Problemlage zu erwartenden Abhilfemaßnahmen
    zur Abmilderung wie regelmäßige Ansagen des Fahrpersonals und verbindlich und händisch
    durchgeführtes Kneeling
  • die Ursache für den uneinholbar verspäteten Ausschreibungsbeginn,
  • die Ursachen für solch schwerwiegende Mängel in der Ausschreibung, welche offenbar eine
    Aufhebung zwingend notwendig machten,
  • die Aussagen zur vermeintlich vorhandenen vollständigen Ausstattung der Fahrzeuge mit
    einem Rechnergestützten Betriebsleitsystem (RBL), elektronischer Fahrgastinformation,
    Kneeling an allen Haltestellen,
  • die fehlende Information des Aufgabenträgers über den nicht mehr einzuhaltenden
    Vergabetermin und die nicht vertragsgemäße Leistungsbeschreibung bzw. die Konsequenz
    daraus und den Umgang damit.
    Frage 2:
    Der Senat hat angekündigt, die BVG zu sanktionieren (Vgl. Drucksache 19 / 11 565, Antwort zu 2). Ist dies schon
    geschehen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, in welchem Umfang ist das geschehen?
    Antwort zu 2:
    Die Abrechnung der Leistungen erfolgt verkehrsvertragsgemäß im Folgejahr 2023, weil erst dann
    die Leistungserbringung für das Berichtsjahr 2022 vollständig erfasst ist und entsprechend den
    Vertragsregelungen in Schlussabrechnung und Gesamtbericht der BVG dargelegt wird. Auf die
    unterjährigen Abschlagszahlungen des Landes Berlin an die BVG hatte dies bislang ebenfalls
    keine Auswirkungen, weil den nicht zu bezahlenden Nichtleistungen durch die Subunternehmer
    auch Mehraufwendungen der BVG an anderer Stelle gegenüberstehen. Grundsätzlich wird nach
    Verkehrsvertrag die Nichtleistung bzw. die anteilige Nichtleistung von bestellten Fahrten der BVG
    nicht vergütet.
    Frage 3:
    Der Senat hat „nach Bekanntwerden der ersten Probleme von der BVG die Wiederherstellung des vertragsgemäßen
    Zustands gefordert und erwartet derzeit eine detaillierte Darstellung der Abhilfemaßnahmen und der
    entsprechenden Zeitpläne“ (vgl. Drucksache 19 / 11 565, Antwort zu 2). Liegen diese Darstellungen vor? Wenn
    nein, warum nicht? Wenn ja, was beinhalten sie?
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    Antwort zu 3:
    Die ersten eingeleiteten bzw. noch einzuleitenden Abhilfemaßnahmen wurden durch die BVG
    benannt, was abgesehen von der möglichst zuverlässigen Erbringung der bestellten Fahrten vor
    allem die Einbindung ins RBL der BVG, die korrekte #Fahrgastinformation, hinreichende
    Streckenkenntnis des Fahrpersonals und automatisches #Kneeling betrifft. Eine endgültige
    Abstellung aller Restmängel und mithin die Erfüllung der verkehrsvertraglich vorgegebenen
    Standards erwartet die BVG erst mit dem Zugang von Neufahrzeugen bei den Subunternehmern
    zu Ende 2022 bzw. März 2023. Die Senatsverwaltung begleitet die Themen auch durch
    wiederholte Stichproben, um sich ein eigenes Urteil zum Stand der Leistungserbringung zu
    verschaffen.
    Frage 4:
    In ersten Presseberichten wurde der #Subunternehmer #Schröder für die Probleme der #Buslinien #124 und #133 im April
    dieses Jahres mehr oder weniger verantwortlich gemacht. Nun kam heraus, dass sich der Subunternehmer an
    Vorgaben der BVG gehalten hat (Thema #Übergangsfrist etc.). Der Fehler lag also offensichtlich bei den Berliner
    Verkehrsbetrieben, die sich nicht an den Verkehrsvertrag mit dem Senat gehalten haben. Ist es angedacht, den
    Subunternehmer für die schlechte Presse und den #Imageschaden zu entschädigen? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein,
    warum nicht?
    Antwort zu 4:
    Der Senat hat von Anfang an nur seinen Vertragspartner BVG als verantwortlich angesehen die
    verkehrsvertraglichen Standards einzuhalten und gegenüber #Subunternehmern durchzusetzen.
    Dementsprechend gibt es von Seiten des Senats auch keinen Kontakt zu den benannten
    Subunternehmern.
    Die BVG hat sich zu dieser Frage nicht geäußert.
    Frage 5:
    Es sind jetzt Ungereimtheiten seitens der BVG bei zwei an Subunternehmer abgegebene Buslinien bekannt
    geworden. Die BVG hat viele weitere Linien an Subunternehmer vergeben. Wird der Senat diese ebenfalls auf die
    Einhaltung des Verkehrsvertrages überprüfen? Wenn ja, wie wird das ablaufen? Wenn nein, warum nicht?
    Antwort zu 5:
    Der Senat hat die BVG von Anfang an zu allen an Subunternehmer vergebenen Busleistungen
    zur Stellungnahme in Bezug auf die Einhaltung des Verkehrsvertrages aufgefordert. Es fand keine
    Beschränkung auf die zwei genannten Subunternehmer statt.
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    Im Rahmen des regelmäßigen Controllings werden stichprobenhaft sämtliche Leistungen der
    BVG auf die Einhaltung des Verkehrsvertrages hin überprüft. Dies schließt selbstverständlich die
    an Subunternehmer vergebenen Leistungen mit ein.
    Frage 6:
    Eine Vielzahl von ÖPNV-Nutzern musste aufgrund des offensichtlichen Fehlverhaltens seitens der BVG tiefgreifende
    Einschränkungen erfahren (ausfallende bzw. viel zu späte Busse, teilweise nicht barrierefrei etc.). Ist es in irgendeiner
    Form angedacht, diese zu entschädigen?
    Antwort zu 6:
    Aus Sicht des Landes Berlin besteht kein Entschädigungsanspruch, was die gesetzlichen und
    vertraglichen Vorgaben anbelangt, einschließlich der Beförderungsbedingungen im VBB.
    Dessen ungeachtet war die BVG für die Vergabe eigenständig verantwortlich und muss für
    etwaige Folgen als vom Land Berlin mit der vertragsgemäßen Leistungserbringung beauftragtes
    Verkehrsunternehmen einstehen. Der Verkehrsvertrag sieht eine Eigenverantwortung der BVG
    beim Marketing und bei der Fahrgastkommunikation unter den Rahmenvorgaben des
    Nahverkehrsplans vor.
    Frage 7:
    Die BVG war der Meinung, man müsse Fahrgäste nicht über einen neuen Subunternehmer informieren (vgl.
    Drucksache 19 / 11 565, Antwort zu 8). Wäre es nicht sinnvoll, nach den einschneidenden Problemen und
    Ungereimtheiten grundsätzlich immer bei einem Anbieterwechsel die Fahrgäste zu informieren?
    Antwort zu 7:
    Hierzu teilt die BVG mit:
    „Die BVG ist der Konzessionsinhaber und damit der Ansprechpartner zu allen Belangen,
    unabhängig, von wem die Dienstleistung ausgeführt wird.“
    Aus Sicht des Senats lief die letzte Vergabe von Fahrleistungen an Subunternehmer durch die
    BVG im Jahr 2009 weitgehend reibungslos ab. Angesichts des bereits damals geltenden
    Verkehrsvertrages zwischen Land Berlin und BVG war für die erneute Vergabe zum Jahr 2022
    nicht von gravierenden Problemen in Form von Minder-oder Schlechtleistungen auszugehen. Die
    verkehrsvertraglich festgelegten Standards lassen aus Sicht des Landes Berlin der BVG keinen
    Spielraum, Abstriche in der Qualität der #Leistungserbringung in Kauf zu nehmen. Demgemäß
    sollte sich an der Qualität beim #Betreiberwechsel nichts ändern.
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    Die nächste Subunternehmervergabe steht nicht in den nächsten Jahren an, sondern
    voraussichtlich mit dem vorgesehenen Ende des Einsatzes von dieselangetriebenen Bussen zum
    Ende des aktuellen Jahrzehnts. Insofern stellt sich die Frage nach der Kommunikation gegenüber
    den Fahrgästen gegebenenfalls erst Ende der 2020er Jahre. Aufgrund der bisherigen, klaren
    Gesamtverantwortung der BVG käme das nur bei einer durch das Land durchgeführten,
    ergänzenden Vergabe an ein anderes Verkehrsunternehmen in Frage.
    Frage 8:
    Wird der Senat zukünftig intensiver von sich aus die Einhaltung des Verkehrsvertrages kontrollieren? Wenn ja, wie?
    Wenn nein, warum nicht?
    Antwort zu 8:
    Der Senat in seiner Rolle als Aufgabenträger für den ÖPNV kontrolliert die Leistungserbringung
    durch die BVG im Rahmen des seit 2008 jeweils geltenden Verkehrsvertrages sehr aufmerksam
    und bedient sich dabei auch Leistungen Dritter (Arge Center Nahverkehr Berlin – CNB). Die BVG
    signalisierte in den gemeinsamen Gesprächsroutinen und regelmäßigen Abstimmungen zu
    keinem Zeitpunkt vor dem Leistungsbeginn der neuen Subunternehmer am 03.04.2022, dass die
    Leistungserbringung entsprechend der Bestellung des Landes Berlin gefährdet wäre.
    Dennoch hat der Senat die BVG unmittelbar nach der ersten eigenen Kenntnisnahme der
    Probleme um eine Stellungnahme gebeten und eigene, gezielte Stichproben erhoben. Eine noch
    zügigere Überprüfung ist nicht denkbar, zumal nicht ohne Hinweis des Vertragspartners auf die
    nur der BVG bekannte und bewusste Nichteinhaltung der verkehrsvertraglichen Vorgaben in der
    Ausschreibung der BVG.
    Frage 9:
    Wie viele Bürgerbeschwerden gab es bezüglich der Linien 124 und 133 im Zeitraum April 2022 bis Oktober 2022?
    Gibt es Vergleichswerte von 2021? Wenn ja, wie hoch sind diese? Wenn nein, warum nicht?
    Antwort zu 9:
    Hierzu teilt die BVG mit:
    „Es gab 229 Beschwerden zur Linie 124 und 169 Beschwerden zur Linie 133. 2021 gingen zur
    Linie 124 noch 69 Beschwerden und zur Linie 133 noch 44 Beschwerden ein.“
    Der Senat führt keine Statistik zu den benannten Bürgerbeschwerden. Das plötzliche Auftreten
    von Beschwerden mit gleichlautenden Problembeschreibungen hat sofort für die notwendige
    Aufmerksamkeit des Aufgabenträgers gesorgt.
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    Frage 10:
    Ab Herbst 2022 soll die #U6 saniert werden. Ersatzweise wird dort ein #Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet.
    Wie gut ist die BVG auf dieses Vorhaben vorbereitet?
    Antwort zu 10:
    Hierzu teil die BVG mit:
    „Wir befinden uns derzeit in der detaillierten Feinplanung. Um einen sicheren Betrieb zu
    gewährleisten, wurde der gesamte Ersatzverkehr an einen Subdienstleister übergeben. Die
    Fahrzeuge werden von der BVG gestellt.“

    Berlin, den 20.10.2022
    In Vertretung
    Dr. Meike Niedbal
    Senatsverwaltung für
    Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz

    www.berlin.de

    https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-13501.pdf