Straßenverkehr: Havarien und chaotische Dauerbaustellen im Berliner Straßenland: Hat der Senat noch den Überblick?, aus Senat

06.02.2025

Vorbemerkung des Abgeordneten:

Viele Berliner – Bürger wie Gewerbetreibende – und Besucher wundern und ärgern sich regelmäßig über Dauer­ und #Wiederholungsbaustellen im #Straßenraum z. B. infolge von Rohrbrüchen wie auf dem Kaiserdamm oder der Seestraße sowie zahllosen kleineren, in ihrer schieren Menge aber ebenso lästigen #Havarien. Damit einher geht der Ärger über die oftmals verwaisten und vermüllten #Baumaßnahmen stadtweit mit den damit verbundenen #Beeinträchtigungen für Wirtschaft und Bürger.

Oftmals hat man den Eindruck, die Auftragnehmer  würden die Baustellen absichtlich  möglichst  lange offenhalten, um das Auftragsvolumen zu erhöhen und z.B. Wochenend- , Schlechtwetter- , Erschwernis-  und sonstige Zusatzzahlungen  und  Nachträge zu generieren.

Frage 1:

Haben Senat und Betriebe einen #Überblick über den Zustand der Leitungsinfrastrukturen? Bitte detaillieren nach Art, Alter , lnspektionsrhythmus, Zustand und Investitionsvolumen nach Jahresscheiben .

Antwort zu 1 :

Die BEW teilt hierzu mit:

„ Die BEW betreibt ca. 2060 Rohrleitung strassen. Das Berliner #Fernwärmenetz hat im Durchschnitt ein Alter von 34 Jahren. Die technische Konfiguration der Rohrleitungen ist auf sehr lange Lebensdauern ausgelegt, um Aufgrabungen im Stadtgebiet möglichst gering zu halten.  In der Regel werden einmal im Jahr Wartungen, Begehungen und Inspektionen mit eigenen Mitarbeitenden durchgeführt, aus denen ggf. Maßnahmen abgeleitet werden. Die technische Konfiguration ist so gewählt, dass ein katastrophales Versagen aus dem üblichen Gebrauch heraus nicht resultieren kann.“

Die BVG teilt hierzu mit:

„ Für die #U-Bahnanlagen werden regelmäßige #Bauwerksprüfungen und für die #Straßenbahnanlagen regelmäßige #Inspektionen durchgeführt  sowie die erforderlichen Maßnahmen daraus abgeleitet.“

Die #BWB teilen hierzu mit:

„ Der Zustand des Berliner #Rohrleitungs- (Trinkwasser) und #Kanalnetz (Abwasser) ist den Berliner #Wasserbetrieben (#BWB) bekannt. Die einzelnen Netzabschnitte werden turnusmäßig nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik mindestens alle 20 Jahre durch Inspektion überprüft.

Das Berliner Leitungsnetz hat eine Gesamtlänge von über 7.800 km.

Die Altersstruktur des Berliner Rohrleitungsnetzes stellt sich wie folgt dar: Alter                             Trinkwasser Hauptleitungen

Jahre                                        %

Über 120                                  5

Über 80 bis 120                     18

Über 60 bis 80                      14

Über 40 bis 60                      25

Über 0 bis 40                         38

Das Berliner Kanalnetz hat eine Gesamtlänge von über 10.890 km und gliedert sich in folgende Entwässerung sarten:

Schmutzwasser                                    ca. 4.400 km

Regenwasser                                       ca. 3.350 km

Mischwasser                                        ca. 1 .970 km

Abwasserdruckrohrleitung (AOL)     ca. 1 .190 km

Die Altersstruktur des Berliner Kanalnetzes stellt sich wie folgt dar:

AlterSchmutzwasserMischwasserRegenwasserAOL
Jahre%%%%
Über 10042763016
Über 75 bis 1005 915
Über 50 bis 75105179
Über 25 bis 502062432
Über 0 bis 2523122028

Die Investitionen in das Berliner Rohrleitungs- und Kanalnetz beliefen sich in den Jahren 2019 bis 2023 auf:

2019 139 53 192 2020 143 60 203 2021 118 79 197 2022 130 84 214 2023 146 94 240 Summe 676 370 1 .046″    

Jahr     Kanalnetz inkl. AOL  Rohrleitungsnetz           Summe Jahre                        Mio. EUR              Mio. EUR              Mio. EUR

Die Stromnetz Berlin GmbH teilt hierzu mit:

„ Das Berliner #Stromverteilungsnetz versorgt die rund 2,41 Mio. Haushalts- und Gewerbekunden über ca. 35.670 km Leitungen, 17 Netzknoten, 71 Umspannwerke und ca. 11 .350 Netz- und Kundenstationen.

Hierbei sind der bedarfsg erechte Ausbau und die Erneuerung des Verteilungsnetzes die Grundlage, auch langfristig ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Stromnetz zu betreiben. Die dafür erforderlichen Mittel sind Gegenstand der anforderung sgerechten Investitionsplanung. Diese wird durch strukturierte Asset-Management-Prozesse  gewährleistet. Für die Ermittlung der bedarfsgerechten Ersatzmaßnahmen werden sowohl zustandsbedingtes Monitoring als auch alterungsbedingte  Vorschauen für alle relevanten Betriebsmittelgruppen genutzt. Das daraus resultierende Projektprogramm sichert eine ausreichende Netzsubstanz und die Erfüllung zukünftiger Anforderungen an das Stromnetz. Ziel ist es, die Versorgungszuverlässigkeit  auf dem aktuell guten Niveau zu halten und gleichzeitig die energiepolitischen Ziele des Landes Berlin mit der optimalen Netzintegration von Solarenergie, E-Mobility- Ladeinfrastruktur und Wärmepumpen aktiv zu unterstützen.

Hierbei investierte die Stromnetz Berlin GmbH in 2024 über 360 Mio. Euro in die Netzinfrastruktur, in 2025 ist eine Steigerung auf 460 Mio. Euro geplant.

Neben dem Kunden- und Energie-/ Wärmewendebedingten Netzausbau sind über 200 Mio. Euro in den Erhalt und Modernisierung des Stromnetzes geplant. Hiermit werden Maßnahmen zur Erneuerung von Kabeln, Umspannwerken und Netzanlagen finanziert.“

Frage 2:

Gibt es Steuerungsmechanismen , Baustellen #koordiniert und #zügig , auch im reibungslosen #Zusammenspiel  mit den Bezirksämtern, abzuarbeiten und kann der Senat diese darstellen?

Antwort zu 2:

Voraussetzung für die Einrichtung von Baustellen auf öffentlichem Straßenland ist eine Sondernutzungserlaubnis des Straßenbaulastträgers und eine straßenverkehrsrechtliche Anordnung. In der Regel erhält der Bauherr die Sondernutzungserlaubnis über das örtlich zuständige Bezirksamt. Dabei ist es nach dem Berliner Straßengesetz Aufg abe des Straßenbaulastträgers, die Inanspruchnahme des Straßenlandes auf das geringstmögliche Maß und den kürzesten Zeitraum zu beschränken. Eine Einvernehmensherstellung mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde erfolgt für Hauptstraßen durch die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt. Die Überwachung der erteilten Erlaubnisse und Anordnungen erfolgt durch die jeweils zuständige Behörde.

Das im Berliner #Straßengesetz verankerte Aufgrabeverbot verhindert zudem, dass Straßen innerhalb weniger Jahre mehrfach durch planmäßige Baumaßnahmen aufgegraben werden.

Ebenso finden so genannte „ #Baustellenkoordinierungsrunden“  mit Bezirken statt, in denen die kurz- bis mittelfristig geplanten Bauvorhaben besprochen sowie die zeitliche Abfolge und räumliche Inanspruchnahme im Hinblick auf bautechnologische sowie verkehrliche Sachverhalte abgestimmt werden.

Darüber hinaus nutzen insbesondere die Leitung snetzbetreiber den #Baustellenatlas der Firma lnfrest als #Koordinierungsinstrument, um eine integrative Planung und gemeinsame Umsetzung unterschiedlicher Gewerke an gleicher Ö rtlichkeit ermöglichen zu können Ziel ist es dabei, bereits im Vorfeld sowie durch Abstimmung zwischen den Leitungsnetzbetreibern möglichst viele Bauvorhaben zu bündeln und somit die Inanspruchnahme des Straßenraums hinsichtlich

Ausdehnung und Zeitverlauf insgesamt zu verringern. Damit soll gleichzeitig vermieden werden, dass längerfristig geplante Investitionen für notwendige Instandsetzung s- oder Sanierungsmaßnahmen auf Grund konkurrierender Bauvorhaben zeitlich verschoben werden müssen.

Frage 3:

Gibt es einen Plan zur rechtzeitigen Erneuerung maroder Strukturen?

Antwort zu 3:

Die BEW teilt hierzu mit:

„ Ja es gibt eine #lnstandhaltungsstrategie.“

Die BVG teilt hierzu mit:

„ Die Netzbetreiber in Berlin sind verpflichtet, alle durch ihre Baumaßnahmen betroffenen Leitungsinfrastrukturbetreiber über ihre Maßnahme zu informieren.

Sofern Anlagen der BVG von diesen Maßnahmen betroffen sind, stimmen die Netzbetreiber ihre Maßnahmen mit den zuständigen Stellen der BVG ab.

Wenn die BVG ein solches Anliegen erreicht, dann werden entsprechend der gesetzlichen Vorgaben Abstimmungen geführt.

Für die Instandhaltung und Sanierung der BVG Infrastruktur gibt es entsprechende interne Planungen.“

Die BWB teilt hierzu mit:

„ Die BWB haben Strategien für die Rohrleitungs- und Kanalsanierung.

Die #Kanalsanierungsstrategie der BWB basiert auf dem Zustandsprognosemodell „ SEMAplus“ . Mit dessen Hilfe wird die zu erwartende Zustandsentwicklung des Berliner Kanalnetzes simuliert. SEMAplus ermittelt den aktuellen Zustand des Kanals und lokalisiert sanierungsbedürftige Hotspots. Der anlagenbezogene Sanierung sbedarf richtet sich nach dem tatsächlich erfassten Zustand. Alle bei der Zustandserfassung festgestellten sanierung srelevanten Schäden werden

in den Sanierungsprozess aufgenommen und priorisiert.

Das #Leitungsnetz der BWB befindet sich in einem vergleichsweise sehr guten Zustand mit einer sehr geringen #Schadensquote. Im Rahmen der Rehabilitationsstrategie werden jährlich kontinuierlich ca. 30 km Rohrleitungsnetz erneuert. Die Schadensstatistik der Versorgungsleitungen ermöglicht eine genaue Prognose zur Schadensanfälligkeit je nach Material und Alter, während bei den Hauptleitungen die Sanierung wie folgt priorisiert wird:

Kritizität (Bedeutung für die Versorgungssicherheit) Alter (> 80 Jahre)

Grauguss vor anderen Materialien (auf Grund des potenziell höheren Schadensausmaßes und hohem Sanierung saufwand)

Die Berliner Wasserbetriebe arbeiten darüber hinaus gemeinsam mit innovativen Firmen und Forschungseinrichtungen daran, mit zerstörungsfreien Prüfverfahren den Zustand von Hauptleitungen im laufenden Betrieb zu erfassen, um die Anstrengungen auf die neuralgischen Punkte konzentrieren zu können. Mittels Magnetfeldanalysen erfolgt die Zustandsbeurteilung  der Rohrwandung mittels oberirdischer Begehung der Leitung, ohne dass es zu aufwändigen Sehachtarbeiten kommen muss.“

Die Stromnetz Berlin GmbH teilt hierzu mit:

„ Das Stromverteilungsnetz in Berlin bietet eine hohe #Versorgungszuverlässigkeit: Statistisch gesehen ist jeder Berliner Bürger nur etwa alle fünf Jahre einmal spannung slos. Bleibt doch mal der Strom weg, dauert es bei einer Störung im Durchschnitt gut 55 Minuten bis zur Wiederversorgung.

In Berlin blieb 2023 jeder Verbraucher statistisch gesehen rund 9,7 Minuten ohne Strom, die in 2024 nochmal verkürzt werden konnte. Der deutschlandweite Wert im Jahr 2023 lag bei 12,8 Minuten.

Wie in der Antwort zur Frage 1 beschrieben, werden die bedarfsgerechten Ersatzmaßnahmen systematisch über die strukturierten Asset-Management-Prozesse  gewährleistet und damit auch eine rechtzeitige Erneuerung von Anlagen im schlechten Zustand geplant und umgesetzt.“

Frage 4:

Stehen die dafür notwendigen Finanzmittel zur Verfügung? Falls nicht, wie gedenkt der Senat, die Finanzierung sicherzustellen , um gefährliche Havarien und zeitintensive Sperrungen in Zukunft zu verhindern?

Antwort zu 4:

Die notwendigen Finanzmittel stehen den Unternehmen aufgrund der in den jeweiligen Aufsichtsräten beschlossenen Wirtschaftsplänen zur Verfügung.

Frage 5:

Gibt es Anreize für die Auftragnehmer,  Maßnahmen #zügig zeit- und #kostengerecht zu beenden? Welche sind dies und wie wirksam beurteilt der Senat diese?

Antwort zu 5:

Die BEW teilt hierzu mit:

„ Es gibt einen klar definierten/ abgestimmten Zeitraum für die Baustellen. Überschreitungen sind pönalisiert. Die Etablierung weiterer Anreizsysteme ist in der Prüfung.“

Die BVG teilt hierzu mit:

„ Da Baumaßnahmen der BVG regelmäßig durch Schienenersatzverkehre kompensiert werden, um die Auswirkungen auf unsere Fahrgäste so gering wie möglich zu halten, ist die BVG stets angehalten und bemüht, alle Baumaßnahmen zügig und zeit- und kosteneffizient abzuwickeln. Dementsprechend sind die Verträge der BVG mit den Auftragnehmern gestaltet.“

Die BWB teilt hierzu mit:

„ Als öffentlicher Auftraggeber sind wir an die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VO B/ A) gebunden. Die Bauzeiten werden im Rahmen der Ausschreibung unter Berücksichtigung aller Randbedingungen, wie z. B. der erforderlichen Verkehrsführung, des Bundesimmissionsschutzgesetzes (insbesondere Lärmschutz), der Einhaltung von Baumfällzeiten und der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit festgelegt. Diese Bauzeiten sind vom Auftrag geber so zu wählen, dass keine Wettbewerbsbeschränkungen entstehen. Die Bauzeiten müssen von möglichst vielen Marktteilnehmern eingehalten werden können. Nach VO B/ A § 9a Vertragsstrafen, Beschleunigungsvergütung sind #Beschleunigungsvergütungen (#Prämien) nur vorzusehen, wenn die Fertigstellung vor Ablauf der Vertragsfristen erhebliche Vorteile bringt. In der Praxis findet dies bei den BWB jedoch keine Anwendung, da die beauftragten Firmen aufgrund der Komplexität der Baumaßnahmen eine vorzeitige Fertigstellung nicht realisieren können.“

Die Stromnetz Berlin GmbH teilt hierzu mit:

„ Die Stromnetz Berlin GmbH vereinbart mit ihren Auftragnehmern vertragliche Realisierungszeiträume für alle Baumaßnahmen. Je nach Gewerk und je nach Komplexität der Projekte arbeitet die Stromnetz Berlin sowohl mit positiven Anreizen (Bonus für vorzeitig erbrachte Leistungen) als auch mit Strafzahlungen für Verzug. Die Kosteneffizienz wird durch die Ausschreibungen  als auch durch Nachtragsmanagement gewährleistet. Die Abnahme der Leistungen, inkl. Q ualität, Kosten und Zeit, erfolgt durch die Bauleiter und Projektleiter.“

Der Senat beurteilt die verwendeten Regelungen als ausreichend wirksam.

Berlin, den 05.02.2025 In Vertretung

Britta Behrendt Senatsverwaltung für

Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt

www.berlin.de

https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-21333.pdf