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Frage 1:
Ist es zutreffend, dass die #Kontrolleure der #S-Bahn Berlin GmbH #Fahrgäste mit einer elektronisch lesbaren
#Zeitkarte, deren Ticket aus #technischen Gründen nicht gelesen werden kann, obwohl keine Schäden
erkennbar sind, als #Schwarzfahrer behandeln? Wenn ja, mit welcher Begründung?
Antwort zu 1:
Dies ist nicht zutreffend. Die S-Bahn Berlin GmbH führt, wie alle Verkehrsunternehmen im
Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (#VBB), regelmäßig #Fahrscheinkontrollen durch. Dies
sieht der VBB-Tarif vor; sie ist dazu auch vertraglich verpflichtet. Jeder Fahrgast ist bei der
Benutzung des Öffentlichen Personenverkehrs im VBB durch die
Beförderungsbedingungen verpflichtet, sich vor Fahrtantritt einen gültigen Fahrschein zu
verschaffen, diesen während der Fahrt mitzuführen und ggf. vorzuzeigen. Werden
Fahrgäste ohne gültigen Fahrschein angetroffen, wird ein Erhöhtes Beförderungsentgelt
(#EBE) erhoben. Dem kann ein Fahrgast auch widersprechen, wenn er zwar einen gültigen,
persönlichen Fahrschein hat, diesen aber bei der Fahrt nicht mitgeführt hat. Ein Widerspruch
ist auch möglich, wenn der gültige Fahrschein aufgrund eines vom Fahrgast nicht zu
vertretenden Grundes nicht kontrolliert werden kann.
Das Verfahren für nicht lesbare Elektronische Fahrscheine (EFS) ist für alle Verkehrsunternehmen einheitlich in § 8 des VBB-Tarifs geregelt. Im Falle eines nicht lesbaren
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Elektronischen Fahrscheins (EFS, „#Chipkarte“) bei einer #Fahrkartenkontrolle wird ein Beleg
über das Ergebnis der Prüfung mit entsprechenden Hinweisen ausgestellt („Prüfbeleg“ oder
auch „#Feststellungsbeleg“). Dieser weist auch den Grund der Beanstandung aus. Das
Prüfpersonal informiert betroffene Fahrgäste auch ausführlich über das weitere Vorgehen
bei nicht lesbaren Fahrscheinen. Zudem wird das Verfahren auf der Homepage der S-Bahn
Berlin GmbH erläutert, ein #QR-Code auf dem Beleg verweist dorthin.
Ein kontrollierter Fahrgast mit nicht lesbarem #EFS ist entsprechend § 8 Abs. 1a der Beförderungsbedingungen verpflichtet, mit diesem Beleg innerhalb von sieben Tagen Kontakt mit
seinem vertragsführenden Verkehrsunternehmen zur Überprüfung aufzunehmen. Auch für
einen Widerspruch gegenüber dem kontrollierenden Verkehrsunternehmen, etwa aufgrund
eines vergessenen Fahrscheins, gilt diese Frist.
Diese Vorgabe beruht darauf, dass es dem Kontrollpersonal technisch nicht bereits vor Ort
möglich ist, zu überprüfen, ob der vorgelegte, nicht lesbare Fahrausweis doch gültig und
nicht zu beanstanden ist. Kann nach Abschluss der nachträglich durchgeführten Prüfung
nachvollzogen werden, dass zum Zeitpunkt der Fahrkartenkontrolle ein gültiges und nicht
gesperrtes Abonnement bestand und ist der Lesefehler der Chipkarte auf nicht vom
Fahrgast zu vertretende Gründe zurückzuführen, fällt auch kein Erhöhtes Beförderungsentgelt an. Dies traf bei der S-Bahn Berlin GmbH im Jahr 2020 auf ca. 80 % der
Beanstandungen wegen eines technischen Defekts zu. Weitere ca. 10 % der technischen
Beanstandungen gingen auf den unsachgemäßen Umgang mit der Karte zurück, so dass
das Erhöhte Beförderungsentgelt (EBE) auf eine Bearbeitungsgebühr von 7 Euro reduziert
werden konnte.
Das volle Erhöhte Beförderungsentgelt von 60 Euro wird nur dann fällig, wenn der Elektronische Fahrschein nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 bis 7 oder 11 und 12 beispielsweise manipuliert
oder gefälscht wurde, von Nichtberechtigten genutzt wurde oder zum Zeitpunkt der Kontrolle
gesperrt war. Auch wenn der Fahrgast nicht tätig wird und seiner Pflicht zur Überprüfung
eines nicht lesbaren Elektronischen Fahrscheins nicht innerhalb der siebentägigen Frist
nachkommt, wird das Erhöhte Beförderungsentgelt erhoben. Dann hat das
Verkehrsunternehmen keinen Anhaltspunkt, dass der Grund der Nichtlesbarkeit des
Fahrscheins nicht vom Fahrgast zu vertreten ist. In diesem Fall gilt der Fahrschein als bei
der Kontrolle ungültig. Dies wird in § 9 Abs. 1 des VBB-Tarifs geregelt.
Insofern ist es unzutreffend, dass Fahrgäste mit nicht lesbaren Elektronischen Fahrscheinen
bei der S-Bahn Berlin GmbH als Schwarzfahrer behandelt werden. Sie erhalten im Ergebnis
einer Fahrkartenkontrolle einen Beleg über das Ergebnis der Kontrolle und werden über das
weitere Vorgehen informiert. Wenn sie innerhalb von sieben Tagen nicht tätig geworden
sind, wird ein Erhöhtes Beförderungsentgelt fällig, wie auf dem Beleg beschrieben.
Frage 2:
Wie viele solcher Fälle hat es in den Jahren 2019 und 2020 gegeben?
Antwort zu 2:
Die S-Bahn Berlin teilt hierzu mit:
„Im Jahr 2019 wurden durch im Auftrag der S-Bahn Berlin GmbH eingesetzte
Fahrkartenkontrolleure ca. 1.700 VBB-Fahrcards erfasst, die aufgrund eines technischen
Defekts elektronisch nicht auslesbar waren; im Jahr 2020 waren es ca. 2.500 elektronische
Fahrkarten.“
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Frage 3:
Wie viele der durch einen solchen Defekt zu „Schwarzfahrern“ abgestempelten Kunden haben auf den
geforderten Besuch bei den Kundenzentren der S-Bahn Berlin GmbH verzichtet und das Erhöhte Beförderungsentgelt gezahlt?
Antwort zu 3:
Wie in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, werden Fahrgäste mit nicht lesbaren
Elektronischen Fahrscheinen bei der S-Bahn Berlin GmbH nicht als Schwarzfahrer
behandelt. Der VBB-Tarif sieht eine Pflicht des Fahrgastes zur Mitarbeit vor, indem er
innerhalb von sieben Tagen nach einer Kontrolle Kontakt zu dem Unternehmen aufnimmt,
das den bei der Kontrolle nicht lesbaren Elektronischen Fahrschein ausgegeben hat, um zu
prüfen, ob der Fahrschein ggf. ungültig oder defekt ist.
Die S-Bahn Berlin GmbH teilt hierzu mit, dass ihr keine Fälle bekannt sind, in denen AboKunden der tariflichen Pflicht zur fristgemäßen Vorlage einer defekten VBB-Fahrcard im
Kundenzentrum des vertragsführenden Unternehmens nicht nachgekommen und
stattdessen das EBE bezahlt haben. Lediglich ca. 10 % der auf der Fahrt angetroffenen
technischen Defekte der VBB-Fahrcards wurden nicht reklamiert. Bei diesen Fällen ist
anzunehmen, dass Fahrgäste zum Zeitpunkt der Fahrkartenkontrolle über kein oder ein
gesperrtes VBB-Abonnement verfügen. VBB-Fahrcards werden von verschiedenen
Verkehrsunternehmen ausgegeben und gelten bei allen im VBB verkehrenden
Unternehmen.
Das kontrollierende Verkehrsunternehmen und das vertragsführende Unternehmen müssen
nicht notwendigerweise deckungsgleich sein. Aus Datenschutzgründen gibt es keine
Einsicht in die Verträge fremder Verkehrsunternehmen. Daher kann nicht ohne Kooperation
der Kunden festgestellt werden, ob ein Abonnementvertrag noch existiert und die Karte nicht
gesperrt ist.
Frage 4:
Was gedenkt das Land Berlin als Besteller und Bezahler der Fahrleistungen der S-Bahn Berlin GmbH gegen
diese eventuell gesetzeswidrige, mindestens aber nicht den guten Sitten entsprechende Handlungsweise des
bezeichneten Transportdienstleisters zu unternehmen?
Antwort zu 4:
Die Frage geht von der Grundannahme aus, dass ein kontrollierter Fahrgast mit nicht lesbarem Elektronischen Fahrschein als Schwarzfahrer gilt und ein Erhöhtes Beförderungsentgelt
zahlen muss. Dies ist erst dann der Fall, wenn nicht innerhalb einer Woche der Grund
festgestellt werden konnte, weshalb der EFS nicht lesbar war und davon ausgegangen
werden muss, dass der nicht lesbare Fahrschein auch nicht gültig war.
Das Land Berlin als Aufgabenträger und Tarifgenehmigungsbehörde hat das beanstandete
Vorgehen der S-Bahn Berlin daraufhin geprüft, ob es mit den Regelungen des Personenbeförderungsrechts und des VBB-Tarifs im Einklang steht. Dies ist aus Sicht der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz der Fall.
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Mit der S-Bahn Berlin GmbH und der BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) wurde schon Anfang
des Jahres eine Angleichung der Prüf- bzw. Feststellungsbelege im Kontrollfall und eine
kundenfreundlichere Formulierung im Fall nicht lesbarer Elektronischer Fahrscheine
besprochen.
Die S-Bahn Berlin GmbH hat mitgeteilt, dass sie derzeit zusätzlich an einer technischen
Umsetzung arbeitet, um die Informationen auch auf den ausgehändigten Unterlagen im
Detail darzustellen. Weiterhin beabsichtigt die S-Bahn Berlin GmbH künftig, die wegen eines
technischen Defekts der VBB-Fahrcard erfassten Kunden nochmals schriftlich zu
kontaktieren, falls der Pflicht zur nachträglichen Überprüfung der defekten VBB-Fahrcard
nicht fristgerecht nachgekommen wurde.
Frage 5:
Wieso hält die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz das beschriebene Verfahren der
S-Bahn Berlin GmbH, wie gegenüber dem Tagesspiegel geäußert, für „tarif-konform“?
Antwort zu 5:
Wie in der Beantwortung der Fragen 1 und 4 dargestellt, ist nach § 8 Abs. 1a der Beförderungsbedingungen durch Verkehrsunternehmen im Falle nicht lesbarer EFS bei Kontrollen
ein Beleg über die Prüfung auszustellen. Das ist der Fall: die S-Bahn Berlin GmbH übergibt
dem Fahrgast einen „Feststellungsbeleg“, in dem das Prüfergebnis, die Beanstandung
eines technisch defekten EFS, benannt wird.
Es steht dem VBB-Tarif nicht entgegen, dass die S-Bahn bereits bei der Kontrolle darüber
informiert, dass sie eine Forderung erhebt, sofern nicht ein Widerspruch des Fahrgasts zu
einer Absenkung oder Einstellung des EBE führt oder eine durch ihn veranlasste
Überprüfung bei seinem vertragsführenden Verkehrsunternehmen nicht dazu führt, dass
zum Zeitpunkt der Kontrolle eine gültige Fahrkarte vorlag und das Leseproblem des EFS
nicht auf vom Fahrgast zu vertretende Gründe zurückzuführen ist. Ein Erhöhtes Beförderungsentgelt aufgrund der Fahrkartenkontrolle wird aufgrund dieser Widerspruchsmöglichkeiten des Fahrgastes nur dann direkt fällig, wenn dieser die Forderung – ggf. durch
Nichttätigwerden – anerkennt.
Berlin, den 23.03.2021
In Vertretung
Ingmar Streese
Senatsverwaltung für
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz