Die Erneuerung der U-Bahnflotte ohne Klimaanlage – zukunftsfähig in Zeiten von Rekordtemperaturen?, aus Senat

11.07.2025

Frage 1:

Nach welchen #klimatischen #Anforderungen (z. B. gemäß EN #50125-1) wurden die neuen #U-Bahnzüge der Berliner Verkehrsbetriebe (#BVG) ausgeschrieben und beschafft?

Antwort zu 1:

Die BVG teilt hierzu mit:

  • „ DIN EN #14750 – Bahnanwendungen – #Luftbehandlung in Schienenfahrzeugen des städtischen, Vorort- und Regionalverkehrs – Teil 1: #Behaglichkeitsparameter, Teil 2: Typprüfungen
    • DIN EN 14813 – Bahnanwendungen – Luftbehandlung in #Führerräumen – Teil 1: Behaglichkeitsparameter, Teil 2: Typprüfungen
  • DIN EN 50125-1 – #Umweltbedingungen für Betriebsmittel – Teil 1: #Betriebsmittel auf Bahnfahrzeugen
    • VDV-Schrift 181 – Luftbehandlung in Schienenfahrzeugen des innerstädtischen u. regionalen Nahverkehrs – Fahrgasträume
  • VDV-Schrift 182 – Luftbehandlung in Schienenfahrzeugen des innerstädtischen und regionalen Nahverkehrs-Fahrzeugführerräume
    • VDV-Schrift 183 – Beschaffung und Instandhaltung von Heizungs-, Lüftungs- und Kühlanlagensystemen (HLK-Systemen) in Schienenfahrzeugen des städtischen und regionalen Nahverkehrs“

Frage 2:

Trifft es zu, dass bei der aktuellen Beschaffung sowohl im #Kleinprofil und #Großprofil keine Klimaanlagen vorgesehen sind? Wenn ja, warum wurde darauf verzichtet?

Frage 3:

Trifft es zu, dass die technische Möglichkeit bestanden hätte, eine Klimaanlage innerhalb der U-Bahnzüge unterzubringen?

Frage 4:

Neben Erhöhung des #Gewichts der Züge und Wegfall von Sitzplätzen, gibt es noch andere Kriterien, die bei der Entscheidung gegen Klimaanlagen im Innenraum gewichtet wurden? Wenn ja, welche?

Antwort zu 2, 3 und 4:

Auf Grund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2, 3 und 4 gemeinsam beantwortet. Die BVG teilt hierzu mit:

„ Die Berliner U-Bahn-Tunnel sind zum Teil über 100 Jahre alt, als Klimaanlagen noch nicht erfunden waren.

Klimaanlagen, die in ihrer Leistungsfähigkeit für die #Klimatisierung von U-Bahnen konzipiert sind, benötigen viel Platz. Eine sonst für andere #ÖPNV-Fahrzeuge (#Straßenbahnen und #Busse) übliche Anbringung von Klimaanlagen auf dem #Dach von Fahrzeugen oder im #Unterflurbereich ist bei #U-Bahnen nicht möglich, da sie in ihrer Größe genau an die Höhe der Tunnel angepasst sind. Zwischen #Fahrzeugdach und #Tunneldecke verbleiben nur wenige Zentimeter Platz, der für die #Wankbewegungen eines fahrenden Zuges benötigt werden. Der #Unterflurbereich ist vollständig belegt und bietet ebenfalls keinen Platz.

Ein weiteres Problem stellt die #Abwärme von Klimaanlagen dar, die in den Tunneln zu Überhitzung führt. Sie wäre nur durch die Nachrüstung eines flächendeckenden Wärmeabluftsystems im gesamten Berliner U-Bahnnetz zu beheben.

Die im Einsatz befindlichen neueren U-Bahnen haben Lüftungssysteme, die die Frischluftzufuhr unterstützen und in den neuen Fahrzeugen der Baureihe JK noch leistungsfähiger und leiser sind.“

Frage 5:

Über welche U-Bahntypen zu welcher Stückzahl verfügen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) aktuell? Welche Modelle in welcher Stückzahl werden innerhalb der kommenden 10 Jahre durch die neueste Generation ersetzt? Mit der Bitte um Verifizierung der jeweiligen Baureihen und verbauten Lüftungssysteme.

Antwort zu 5:

Die BVG teilt hierzu mit:

„ Die #Baureihen #H, #HK und #IK haben moderne #Lüftungsanlagen eingebaut. In den Baureihen #J und #JK, die als nächstes in den #Fahrgasteinsatz gehen werden, sind diese noch #leistungsfähiger und leiser.

Kleinprofil 
Ba ureiheWa gena nza hl
A3 64/ 66-E54
A3L9274
GI/ 1-E100
HK96
IK144
Großprofil 
Ba ureiheWa gena nza hl
F – Gleichstrom (F74 – F76)126
F – Drehstrom(F84 – F92)290
H276
IK72

Für die Baureihe JK, die auf den Linien U1 bis U4 verkehrt, werden von September bis Ende des Jahres 2025 insgesamt 140 Wagen eingeflottet. Die bestellten 346 Wagen im Großprofil auf den Linien U5-U9 folgen ab Herbst 2026. Bis Anfang der 2030er Jahre werden alle Baureihen älter als Baureihe H sukzessive ausgemustert.“

Frage 6:

Erfolgen derzeit auch andere Beschaffungen für den Berliner ÖPNV – insbesondere Schienenfahrzeuge – ohne Klimaanlage?

Antwort zu 6: Nein.

Frage 7:

Wurde im Beschaffungsverfahren geprüft, ob es Anbieter von U-Bahntypen mit Klimaanlagen gibt, die den räumlichen Anforderungen, dem Lichtraumprofil (Größe der Tunnel und Bauwerke) der U-Bahntunnel genügen? Wenn ja, bitte um Nennung der Anbieter und U-Bahntypen.

Antwort zu 7:

Die BVG teilt hierzu mit:

„ Im Rahmen der Vorbereitung der Ausschreibung von U- und Straßenbahnen wurden mit insgesamt zwölf Herstellern offizielle Industriedialoge durchgeführt und auch das Thema Klimatisierung der U-Bahn (ergebnislos) diskutiert.“

Frage 8:

Welche Maßnahmen treffen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), um auf das Ansteigen der Temperaturen angemessen zu reagieren und dem Hitzeschutz für Kund*innen und Fahrgästen nachzukommen?

Frage 9:

Welche maximalen Innenraumtemperaturen wurden für den Fahrgastbereich bei Hochlast- und Hitzeszenarien (z.B. Außentemperaturen über 35°C) in den aktuellen Fahrzeugkonzepten berücksichtigt?

Frage 10:

Welche Maßnahmen in der fahrenden Flotte der U-Bahnmodelle sind vorgesehen, um die Innenraumtemperaturen auch ohne Klimaanlage an heißen Tagen erträglich zu halten (z.B. automatische Lüftung, Wärmeschutzverglasung)?

Antwort zu 8 bis 10:

Die Fragen 8, 9 und 10 werden auf Grund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die BVG teilt hierzu mit:

„ Die neueren U-Bahnen haben verbaute #außentemperaturabhängige Lüftungssysteme, die die #Frischluftzufuhr unterstützen und in den neuesten Fahrzeugen der Baureihe JK, noch leistungsfähiger und leiser sind. Zusätzlich verfügen die Fenster über eine #Wärmeschutzverglasung und #Klappfunktion. Die regelmäßig durchgeführten Tests zeigen, dass die einzuhaltenden Grenzwerte der Behaglichkeitsbedingungen, die neben der Temperatur auch die #Luftfeuchte und #Luftzirkulation umfassen, die sich aus den in Frage 1 genannten Normen und Anforderungen ergeben, eingehalten werden.“

Frage 11:

Wie bewertet der Senat die Entscheidung, auf Klimaanlagen zu verzichten – vor dem Hintergrund von Hitzeschutzplänen und dass diese Fahrzeuge voraussichtlich bis in die 2060er Jahre im Einsatz sein werden? Der Weltklimarat hat bereits für 2032 die Überschreitung der 2-Grad-Grenze prognostiziert.

Antwort zu 11:

Der BVG hatte die technischen Fahrzeuganforderungen der U-Bahn-Neufahrzeuge (Lastenheft) vor Start des Vergabeverfahrens mit der für Verkehr zuständigen Senatsverwaltung abgestimmt. Der Senat teilt die von der BVG vorgebrachten Argumente gegen einen Einbau von Klimaanlagen im U-Bahn-Bereich und weist ergänzend darauf hin, dass sich über 80 Prozent der U-Bahn-Strecken in Tunnellage befinden. Die Temperatur in den Tunnelanlagen liegt, je nach Bauart und Tiefe der Tunnelanlagen, an Hitzetagen teilweise sehr deutlich unter der Temperatur im Straßenland. Die Fahrzeuge sind außerdem dort vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt.

Frage 12:

Welche gesundheitlichen Risiken sieht der Senat insbesondere für vulnerable Gruppen (z.B. ältere Menschen, chronisch Kranke, Schwangere, Kinder) in nicht klimatisierten Fahrzeugen des Berliner ÖPNVs an Hitzetagen?

Antwort zu 12:

Aus Sicht des Senats bestehen an Hitzetagen keine speziellen Risiken in Fahrzeugen des Berliner ÖPNV. Es gelten allerdings die allgemeinen Gesundheitsrisiken an Hitzetagen. Es wird hierzu auf die Ausführungen des Bundesministeriums für Gesundheit verwiesen:

http s:/ / www.b und esg esund heitsministerium.d e/ themen/ p ra evention/ hitze.html

Frage 13:

Ab welchem Zeitpunkt rechnet der Senat damit, dass nur noch Fahrzeuge beschafft werden können, die für höhere Klimazonen ausgelegt sind?

Antwort zu 13:

Der Senat hält weiterhin Fahrzeugbeschaffungen durch die BVG nach den hiesigen Normen und Regelwerken (siehe Antwort zu Frage 1) für sachgerecht.

Nach der gängigen Definition liegt Berlin in der gemäßigten #Klimazone. Eine Beschaffung von Fahrzeugen, die für höhere Klimazonen, also die subtropische oder tropische Klimazone, ausgelegt sind, ist aus Sicht des Senats nicht anforderungsgerecht, da diese Fahrzeuge dann nicht auf die hohen Temperaturschwankungen im Jahresverlauf in Berlin auszulegen wären (d.h. ungeeignete Auslegung für Winterbetrieb).

Frage 14:

Welche Strategie verfolgt der Senat, um den öffentlichen Nahverkehr in Berlin an Hitzetagen mit Temperaturen über 30 °C aufrechtzuerhalten – insbesondere mit Blick auf Fahrkomfort, Gesundheitsschutz und Infrastruktur?

Antwort zu 14:

Der Senat hat die BVG entsprechend § 23 (2) Verkehrsvertrag verpflichtet, bei der Erbringung ihrer vertraglichen Leistungen die sich aus dem Stand der Technik gemäß den jeweiligen gesetzlichen Regelungen ergebenden Anforderungen zu erfüllen. Dies beinhaltet auch Weiterentwicklungen des Stands der Technik durch mehr oder heißere Hitzetage.

Berlin, den 07.07.2025 In Vertretung

Britta Behrendt

Senatsverwaltung für

Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt

www.berlin.de