S-Bahn: Kommunalisierung der S-Bahn Berlin, aus Senat

27.01.2023

Frage 1:
Welche Maßnahmen unternahm der Senat zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarung, in zügige Verhandlungen mit dem Bund und der Deutschen Bahn zum #Kauf der -Bahn einzutreten?
Frage 2:
Wann wurden durch welche Senatsmitglieder mit wem Gespräche zur Frage eines Kaufs der S-Bahn mit welchen Ergebnissen geführt?


Antwort zu 1 und 2:
Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet. Das #Verwaltungshandeln orientiert sich an den vom Senat Anfang 2022 beschlossenen Leitlinien der Regierungspolitik, auf denen die erforderlichen #Umsetzungsschritte einschließlich der Erarbeitung von Zeitplänen aufbauen. Danach verfolgt der Senat „unabhängig von der
Ausschreibung das Ziel einer #Kommunalisierung der S-Bahn. Er tritt in zügige Verhandlungen mit dem Bund und der Deutschen Bahn zum Kauf der S-Bahn ein und entwickelt einen Fahrplan zum Aufbau eines eigenen #Eisenbahnverkehrsunternehmens (EVU).“ Dazu wurde ein Abstimmungsprozess zwischen der für Mobilität und der für den Erwerb von
Unternehmen zuständigen Senatsverwaltung für Finanzen initiert, um das weitere Vorgehen zu
koordinieren. Aus Haushaltssicht wurde dabei insbeonsdere auf die Voraussetzungen gem. § 65
Landeshaushaltsordnung Berlin (LHO) hingewiesen und die bei Unternehmensbeteiligungen
erforderliche Wirtschaftlichkeitsprüfung. Dazu wird es weiterer Abstimmungen bedürfen, bevor
der Kontakt zum Bund bzw. der Deutschen Bahn im Sinne konkreter Gespräche aufgenommen
werden kann.
Das Land Berlin hat bereits in der Verangenheit mehrfach sein Interesse – formell wie informell –
bekundet, die S-Bahn Berlin GmbH ganz oder anteilig zu erwerben. Bisher gab es keine Signale
in Richtung einer Verkaufsbereitschaft durch den Eigentümer. Daher muss eine erneute Initiative
des Senats gut vorbereitet sein, um hier – auch auf der Zeitachse und vor dem Hintergrund des
laufenden wettbewerblichen Vergabeverfahrens der Länder Berlin und Brandenburg um
Leistungen im Berliner S-Bahn-Netz – einen kompatiblen Aufsetzpunkt für einen erneuten Dialog
mit dem Bund zur Erwerbsthematik zu definieren.
Frage 3:
Welche Maßnahmen unternahm der Senat zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarung, bis Herbst 2022 einen
Fahrplan zum Aufbau eines eigenen Eisenbahnverkehrsunternehmens (EVU) zu entwickeln?
Frage 4:
Welche Ergebnisse wurden bislang erzielt?
Antwort zu 3 und 4:
Der komplette Neuaufbau eines Eisenbahnverkehrsunternehmens (EVU) wird aufgrund der hohen
Komplexität und Anforderungen an ein leistungsfähiges EVU im Personenverkehr als
grundsätzlich nachrangig gegenüber der Prüfung des (teilweisen) Erwerb eines bestehenden EVU
eingeschätzt, das bereits dem Betrieb von S-Bahnen vertraut ist. Der Senat verfügt nicht über die
erforderlichen personellen und fachlichen Kompetenzen für einen solchen Unternehmensaufbau.
Die Erstellung eines Konzeptes einschließlich der auch hier erforderlichen
Wirtschaftlichkeitsprüfung wäre daher extern zu vergeben, um auf dieser Basis einen Fahrplan
einschließlich der personellen Untersetzung auf Verwaltungsebene zu erstellen. Daher soll
zunächst die Umsetzung im Wege des Erwerbs sondiert werden.
Frage 5:
Welcher Zeitraum ist nach Ansicht des Senats zum Aufbau eines direktvergabefähigen EVU erforderlich?
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Antwort zu 5:
Der zeitliche Bedarf für den Aufbau eines direktvergabefähigen EVU lässt sich derzeit nur schwer
abschätzen, da hier die entsprechenden Erfahrungswerte vom Aufbau vergleichbarer
Landesinstitutionen fehlen und auch keine Erfahrungen aus anderen Bundesländern bekannt sind.
Voraussetzung für eine Eignung zur Direktvergabe der S-Bahn-Verkehrsleistungen an ein solch
neugegründetes EVU ist in erster Linie die wirtschaftliche und betriebliche Leistungsfähigkeit des
Unternehmens. Anders als beispielsweise bei anderen Neugründungen von Landesbetrieben
(etwa der Berliner Stadtwerke) ist – auch für eine linienweise, betriebsstufenspezifische Aufnahme
der Betriebsleistungen – eine entsprechende Unternehmensgröße und -leistungsfähigkeit
(Betriebsstätten, Fahrzeugpool, Personal für Betrieb und Instandhaltung etc.) erforderlich, um
den S-Bahn-Betrieb sukzessive zu übernehmen. Dazu müsste auf allen Arbeitsebenen erfahrenes
bzw. ausgebildetes Personal gewonnen werden.
Da die S-Bahn Angebote länderübergreifend erbracht werden, wäre mit dem Land Brandenburg
vorlaufend rechtlich, wirtschaftlich und politisch zu klären, ob und unter welchen Bedingungen
das Land Brandenburg bereit wäre, S-Bahn-Leistungen zu finanzieren, die von einem Berliner
Landesunternehmen im Wege der Direktvergabe durch das Land Berlin im Land Brandenburg
erbracht werden.
Unter der Berücksichtigung vorlaufender politischer Abstimmung u.a. auch mit dem Land
Brandenburg und fachlicher Prüfprozesse erscheint grundsätzlich für den konzeptionellen und
organisatorischen Umsetzungs- und Aufbauprozess mindestens ein Zeitraum von acht bis zehn
Jahren als realistisch.
Frage 6:
Welche landeseigenen Unternehmen mit einer Zulassung als EVU gibt es und ist ein Aufbau eines für den S-BahnVerkehr direktvergabefähigen EVU auf den vorhandenen Strukturen aus Sicht des Senats prinzipiell möglich?
Antwort zu 6:
In Berlin hat lediglich die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH (BEHALA), die die
BEHALA-Hafenbahn betreibt, eine Zulassung als Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU). Das
Unternehmen ist schon seit vielen Jahren Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen
(EIU), betreibt aber bislang nur Güterverkehr und hat sich auf die Containerlogistik in den Häfen
der BEHALA spezialisiert. Es hat keinerlei Erfahrungen und Kompetenzen im Schienenpersonenverkehr. Ein Ausbau der BEHALA zu einem EVU, das mit S-Bahn-Verkehren direkt
beauftragt werden könnte, ist zwar nicht vollständig ausgeschlossen, bietet aber keinen Vorteil
gegenüber einem Neuaufbau eines landeseigenen EVU. Auch dieser Option wäre daher der
Erwerb eines im städtischen Nahverkehr erfahrenen EVU, wie der S-Bahn Berlin GmbH,
vorzuziehen.
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Frage 7:
Welche Maßnahmen unternahm der Senat bislang, um entsprechend der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene
auf eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
hinsichtlich der Vergabe in besonderen Netzen einzutreten?
Antwort zu 7:
Der Senat beabsichtigt, eine Bundesratsinitiative zur Änderung des § 131 GWB – Vergabe von
öffentlichen Aufträgen über Personenverkehrsleistungen im Eisenbahnverkehr- im Rahmen der
für 2023 geplanten 12. Novelle des GWB in Angriff zu nehmen. Ziel wird sein, alle in Artikel 5 der
Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23.
Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur
Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 und EWG Nr. 1107/70 des Rates (VO (EG) Nr.
1370/2007) vorgesehenen Möglichkeiten der Direktvergabe über Personenverkehrsleistungen
im Eisenbahnverkehr auch im nationalen Vergaberecht anwenden zu können. Nach der VO (EG)
Nr. 1370/2007 können einige der dort vorgesehenen Arten der Direktvergabe durch nationales
Recht ausgenommen werden. Von dieser Möglichkeit hatte Deutschland Gebrauch gemacht.

Berlin, den 25.01.2023
In Vertretung
Dr. Meike Niedbal
Senatsverwaltung für
Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz

www.berlin.de