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Frage 1:
Inwieweit ist nach Auffassung des Berliner Senats die #Trennung von #Ampelphasen eine wirksame und
vergleichsweise kurzfristige Möglichkeit, Unfälle beim Abbiegen von Fahrzeugen deutlich zu reduzieren?
Antwort zu 1:
Eine Trennung von Ampelphasen, also eine getrennte #Signalisierung für verschiedene
#Verkehrsströme, setzt u. a. voraus, dass die verschieden signalisierten Verkehrsarten
räumlich getrennte #Aufstellflächen haben. Während diese Forderung für den Fußverkehr in
der Regel kein Problem darstellt, wären nur bestimmte Radverkehrsführungen in Berlin für
eine getrennte Signalisierung geeignet, wie benutzungspflichtige Radwege oder teilweise
Radfahrstreifen. Der Radverkehr hat zudem häufig kein eigenes Radsignal, sondern fährt
gemeinsam mit den Kraftfahrzeugen (Kfz) auf das Kfz-Signal. An Lichtsignalanlagen
(LSA), wo diese Voraussetzungen für den Radverkehr erfüllt wären, bedeutet eine
Trennung der Signalisierung von Rad- und Kfz-Verkehr an Kreuzungen, dass zwei
zusätzliche Phasen (Radverkehr Hauptrichtung und Radverkehr Nebenrichtung) im LSAProgramm
geschaltet werden müssen. Um diese zusätzlichen Freigaben zu schalten,
müssten die bestehenden Grün-Phasen entsprechend eingekürzt werden. Dadurch
würden sich sowohl für den Kfz-Verkehr, als auch für den Radverkehr die zur Verfügung
stehenden Grünzeiten deutlich verkürzen und auf Grund der zwischen den Phasen
notwendigen Schutzzeiten in der Summe kürzer sein, als die bestehenden Freigabezeiten
für Kfz und Radverkehr zusammen. Darüber hinaus kommt es zu erheblichen zusätzlichen
Wartezeiten sowohl für den Kfz- als auch für den Radverkehr.
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Eine getrennte Signalisierung für den Fußverkehr würde einer Rundum-Grün-Schaltung
entsprechen. Das Rundum-Grün bietet eine konfliktfreie Signalisierung von
Kraftfahrzeugen und Fußgängern. Insofern bietet sich diese Einrichtung für Knotenpunkte
mit starken Abbiegeströmen und starken Fußgängerströmen an. Da für die Fußgänger
jedoch eine eigene Freigabe geschaltet wird, ergeben sich an einer Kreuzung mindestens
drei zu signalisierende Phasen (Kfz-Hauptrichtung, Kfz-Nebenrichtung, Fußgänger).
Dadurch muss die Umlaufzeit (die Zeit von einem Grünbeginn bis zum nächsten)
entsprechend hoch gewählt werden, was wiederum zu längeren Wartezeiten für alle
Verkehrsteilnehmer führt. In Berlin wurde an der Kreuzung Kochstraße/ Friedrichstraße
eine Test-Anlage mit einer Rundum-Grün-Schaltung installiert. An dieser relativ kleinen
Kreuzung beträgt die Umlaufzeit bereits 90 Sekunden, wodurch die Wartezeit
insbesondere für die häufig ungeduldigen Fußgänger zu hoch ist. Insofern sollte diese
Schaltung nur für sehr kompakte Knotenpunkte gewählt werden. Auf Grund der
Erfahrungen bezüglich der hohen Wartezeiten an der Test-Anlage ist derzeit nicht geplant,
in Berlin weitere Rundum-Grün-Schaltungen einzusetzen.
Auf Grund der notwendigen Umplanungen und Umprogrammierungen an den
Lichtsignalanlagen handelt es sich nicht um eine kurzfristig umzusetzende Maßnahme
(vgl. Antwort zur Frage 4), insbesondere wenn verkehrsabhängige Steuerungen, wie
beispielsweise für die ÖPNV-Beschleunigung betroffen sind.
Frage 2:
Inwieweit gibt es eine Planung im Land Berlin Kreuzungen mit einem erkennbaren Gefährdungspotential
zukünftig mit einer Trennung der Ampelphasen zu versehen? Um wie viele Kreuzungen handelt es sich
ungefähr in Berlin?
Antwort zu 2:
Wenn im Land Berlin ein besonderes Gefährdungspotential zwischen unterschiedlichen
Verkehrsströmen erkannt wird, wird auch heute schon eine getrennte Signalisierung
geprüft und ggf. umgesetzt. So haben beispielsweise an zahlreichen Autobahnauffahrten
der geradeausfahrende Radverkehr und der einbiegende Fahrzeugverkehr getrennte
Freigaben. Eine Anzahl an Kreuzungen, wo dieses umgesetzt wurde, kann mangels
auswertbarer Datenbasis nicht genannt werden.
Frage 3:
Welche negativen Aspekte sind aus Sicht des Berliner Senats mit einer Trennung der Ampelphasen
verbunden?
Antwort zu 3:
Die Trennung der Ampelphasen führt zu folgenden negativen Begleiterscheinungen:
kürzere Freigabezeiten für alle Verkehrsteilnehmenden,
längere Wartezeiten für alle Verkehrsteilnehmenden,
geringe Akzeptanz der langen Rotzeiten (vermehrte Rotlichtmissachtungen),
verstärkte Staubildungen durch die kürzeren Grünphasen mit entsprechenden
Auswirkungen auf die Umwelt (Lärm und Luftschadstoffe) sowie auf den
Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV),
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regelmäßig größere Staulängen vor LSA können häufiger Überstauungen an
Nachbar-Kreuzungen nach sich ziehen, was dort zu Verkehrssicherheitsproblemen
führt,
die LSA-Steuerungen werden weniger flexibel, so dass die Spielräume für eine
verkehrsabhängige Steuerung, insbesondere zur ÖPNV-Beschleunigung, stark
eingeschränkt werden oder ganz entfallen.
Frage 4:
In welchem zeitlichen Umfang wäre die Umstellung zu welchen Kosten umstellbar?
Antwort zu 4:
Sind die in der Antwort zu 1 genannten Randbedingungen (eigene Aufstellflächen, eigene
Signalisierung) an einer LSA gegeben und muss das LSA-Programm angepasst werden,
könnte je nach Komplexität der LSA eine Umstellung innerhalb von fünf bis zu elf Monaten
erfolgen. Die Kosten würden für diese reinen Software-Maßnahmen zwischen rund
10.000,- € bei Festzeitsteuerung bzw. 14.000,- € bei verkehrsabhängiger Steuerung bei
einfacheren LSA und knapp 22.000,- € pro LSA bei komplexen LSA-Steuerungen liegen.
Kommen bauliche Maßnahmen wie zusätzliche Signalgeber oder Straßenbau zur
Schaffung von Aufstellflächen hinzu, können die Kosten um ein Vielfaches höher liegen.
Berlin, den 15.11.2018
In Vertretung
Stefan Tidow
Senatsverwaltung für
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz