Straßenverkehr: Und plötzlich ist die Brücke einsturzgefährdet – Marode Infrastruktur und das Handeln der verantwortlichen Stellen, aus Senat

06.06.2025

Frage 1:

Welche Mängel wies die #Brücke „ An der #Wuhlheide“ im Jahr 2017 auf und welche Auswirkungen hatte dies auf den #Prüfzyklus (z. B. gemäß DIN 1076)?

Antwort zu 1:

Da die #Bauwerksprüfung in der Regel nach DIN 1076 einem wechselnden Rhythmus der Haupt- und Einfachen Prüfung von 3 Jahren erfolgt, liegt im Jahr 2017 der Prüfbericht der Hauptprüfung 2015 H vor. Darin werden Risse im Beton, Schäden an der Abdichtung und Entwässerung, sowie ein stark geschädigter Lagersockel beschrieben. Insgesamt weisen die damaligen Schadensbewertungen vor allem auf eingeschränkte Dauerhaftigkeit des Bauwerkes hin. Notwendige Instandsetzungsarbeiten wurden ausgeführt, um die Zeit bis zum beabsichtigten planmäßigen Abbruch überbrücken zu können. Der Prüfzyklus wurde zum damaligen Zeitpunkt nicht angepasst.

Frage 2:

Welche konkreten Bauwerksprüfungen und Zustandsbewertungen wurden seit 2017 durchgeführt? Bitte mit Datum, Umfang, Prüfinstanz und Ergebnissen aufschlüsseln.

Antwort zu 2:

In der nachfolgenden Tabelle sind die Bauwerksprüfungen seit 2017 aufgeführt. Bei einer Hauptprüfung sind alle, auch die schwer zugänglichen Bauwerksteile, handnah zu prüfen. Bei einer Einfachen Prüfung werden alle Bauteile einer intensiven erweiterten Sichtprüfung unterzogen. Prüfungen aus besonderem Anlass (Sonderprüfungen) erfolgen, sofern eine Bauwerksüberwachung erforderlich erscheint, hier der Maßgabe, alle spannungsrisskorrosionsgefährdeten Bauwerke in Berlin seit 2019 im jährlichen Rhythmus zu überwachen.

PrüfjahrHauptprüfung, Einfache Prüfung, SonderprüfungPrüfergebnisAusführungszeitraum
2018E3,014.-15.08.2018
2019S13,002.09.2019
2020S13,013.10.2020
2021H2,812.-14.01.2022
2023S12,816.-17.10.2023
2024E3,411.-13.11.2024
2025S13,407.-19.05.2025

Frage 3:

Wurde ein kontinuierliches technisches #Monitoring (z. B. sensorbasiert) zur Überwachung der Tragfähigkeit eingerichtet? Wenn nein, warum nicht?

Antwort 3:

Ein kontinuierliches technisches Monitoring war an der Brücke An der Wuhlheide nicht installiert. Messsysteme zur direkten Überwachung der Tragfähigkeit von Ingenieurbauwerken sind noch nicht entwickelt. Alle existierenden Systeme, ob vermessungstechnisch, faseroptisch, photogrammetrisch oder schallbasierend sind darauf ausgelegt, Veränderungen eines Bauwerkes zu erfassen, um daraus Daten für eine ingenieurmäßige individuelle Zustandsbewertung durch qualifiziertes Ingenieurpersonal zu erhalten.

Ein automatisiertes Überwachungssystem kommt bei wirtschaftlicher Abwägung zusätzlich in Betracht, wenn eine herkömmliche Bauwerksüberwachung das Risiko eines Versagens nicht ausschließen kann und der Verkehr auf, unter oder neben einem Bauwerk aufrecht erhalten bleiben soll. Ein Dauermonitoring dient der kontinuierlichen #Zustandserfassung für eine breitere Entscheidungsbasis. An der Brücke An der Wuhlheide wurde die Zustandsentwicklung über einen langen Zeitraum betrachtet. Die planerischen Vorbereitungen für einen planmäßigen Rückbau in 2026 hatten begonnen. Die Brücke An der Wuhlheide hat nicht versagt, aber einen deutlichen Schadensfortschritt in kurzem Zeitraum aufgewiesen. Dies führte zu dem Ergebnis, das Bauwerk vor einem Versagen zu sperren und aufgrund der verkehrlichen Auswirkungen vorzeitig abzubrechen.

Frage 4:

Welche Maßnahmen wurden seit 2017 ergriffen, um die Substanz der Brücke zu erhalten bzw. eine Planung für Abriss, Neubau oder Umgestaltung zu beginnen?

Antwort zu 4:

Es wurde diverse #Instandsetzungsarbeiten ausgeführt, um den reduzierten Verkehr bis zu einem planmäßigen Abbruch aufrecht zu erhalten. So wurden als Folge der Bauwerksprüfung in den Jahren 2018 bis 2020 Instandsetzungsarbeiten an der Abdichtung, der Entwässerung und des Lagersockels ausgeführt.

Frage 5:

Welche baulichen Veränderungen oder Schäden führten zur kurzfristigen Vollsperrung der Brücke am 30. April bzw. zur Erweiterung der Sperrung auf den Bereich unterhalb des Bauwerks am 19. Mai 2025? Warum ging die Senatsverwaltung nach der Sperrung am 30. April 2025 noch davon aus, dass die Brücke nicht einsturzgefährdet sei?

Antwort zu 5:

Bei einem routinemäßigen Termin Ende April an der Brücke vor Ort wurde festgestellt, dass sich das Rissbild zur Bauwerksprüfung von 2024 nochmals verändert hat und sich auch einzelne Risse zu längeren Rissen verbunden haben. Daher wurde entschieden, sofort die Brücke vom Verkehr zu entlasten, da sie sich augenscheinlich noch selbst tragen konnte. Seit dem  30.4.2025 befand sich die Brücke dennoch unter steter Kontrolle.

In der Abwägung für einen so weitrechenden Eingriff, wie einer Vollsperrung auch für den Verkehr unter der Brücke, wurden weitere sofortige Bauwerksprüfungen durchgeführt. Die Bauwerkssonderprüfung bestätigte den Verdacht der Schadenserweiterung und führte zu der Wertung, dass das Risiko eines unkontrollierten Versagens unter Eigengewicht der Brücke nicht mehr vollständig ausgeschlossen werden kann und eine Vollsperrung für Verkehr unter der Brücke unverzüglich anzuordnen ist.

Frage 6:

Warum wurde laut Antwort auf Drs. 19/ 22009 zunächst nur von einem Rückbau ab 2026 ausgegangen, obwohl sich die bauliche Lage offenbar bereits deutlich zugespitzt hatte?

Frage 9:

Warum wurde keine rechtzeitige Entscheidung über einen Abriss sowie eine Umgestaltung der Kreuzung getroffen, obwohl seit Jahren bekannt war, dass die Brücke an ihre Nutzungsgrenze stößt?

Antwort zu 6 und 9:

Die Entscheidung über einen Rückbau war bereits getroffen. Die erhebliche Verschlechterung des Brückenzustandes in dem kurzen Zeitraum (Brückenprüfung 2023/ 2024) war nicht vorhersehbar. Die Erkenntnisse über die genaue Schadensentwicklung ergaben sich erst mit der Brückenprüfung Ende 2024, den Feststellungen vor Ort Ende April 2025 und der anschließenden Bauwerkssonderprüfung.

Frage 7:

Welche Behörden oder Stellen waren über den baulichen Zustand der Brücke seit 2017 im Detail informiert, und welche Beschlüsse wurden auf dieser Grundlage wann gefasst?

Antwort zu 7:

Die Verantwortlichkeit für die Ingenieurbauwerke des Landes Berlin liegt bei der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt. Andere Behörden und Stellen werden erst dann beteiligt, wenn die Planungen konkreter Baumaßnahmen soweit fortgeschritten sind, dass beratungsfähige Unterlagen vorliegen. Insofern fand vor den  aktuellen Ereignissen noch keine Beteiligung statt.

Frage 8:

Wann fanden innerhalb der Senatsverwaltung Beratungen über Sanierungs- oder Rückbauvarianten statt, und mit welchem Ergebnis?

Antwort zu 8:

Rückbauvarianten sind in der Regel Teil einer Entwurfsplanung, welche noch nicht begonnen wurde. Eine Sanierungsvariante erübrigte sich aufgrund der Schädigung durch Alkali- Kieselsäure-Reaktion, Koppelfugenproblematik und die damalige Verwendung von spannungskorrosionsgefährdetem Spannstahl.

Frage 10:

Welche planerischen Schritte hat der Senat bisher unternommen, um nicht nur den Rückbau, sondern auch eine alternative Verkehrsführung bzw. die Umgestaltung der Kreuzung vorzubereiten?

Antwort zu 10:

Grundlage der angelaufenen Rückbauplanungen für 2026 war ein Auftrag zu den verkehrsplanerischen Grundlagen, um anschließend eine Prüfung und Bewertung zu den Möglichkeiten der Verkehrsführung und zur Gestaltung des Kreuzungsbereiches vornehmen zu können. Das Ergebnis soll Anfang Herbst 2025 vorliegen.

Frage 11:

Wird die Senatsverwaltung bei der anstehenden Neuplanung der Kreuzung dem Wunsch der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick nach einer Straßenbahnstrecke zwischen den Kreuzungen Köpenicker Chaussee Ecke Blockdammweg und An der Wuhlheide Ecke Weiskopffstraße Rechnung tragen und die entsprechenden Flächen reservieren?

Antwort zu 11:

Die Straßenbahnstrecke befindet sich nicht in den Planwerken der Berliner Senatsverwaltung. Die Strecke ist weder im Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr Berlin 2030 (StEP MoVe) noch im ÖPNV-Bedarfsplan als Teil des Nahverkehrsplans Berlin 2019-2023 enthalten.

Dennoch wird im weiteren Prozess eine Flächenfreihaltung für die Straßenbahn geprüft.

Berlin, den 05.06.2025 In Vertretung

Britta Behrendt Senatsverwaltung für

Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt

www.berlin.de