Schiffsverkehr: Diesel-Stinker auf der Spree IV: Werden parlamentarische Anfragen wirklich immer vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet?, aus Senat

Frage 1
In den Antworten des Senats auf meine schriftliche Anfrage (Drucksache Nr. 18/27 389 Frage 6) wird
angegeben, dass die #Wasserbehörde die frühzeitig und wiederholt auf Basis der Gutachten im -Plan
geäußerten Bedenken der eigenen #SenUVK nicht ignoriert hat und dass sie alle Stellungnahmen in den
Abwägungsprozess einbezogen hat. Laut Aktenlage hat jedoch der zuständige Sachbearbeiter für den #LärmImissionsschutz bereits im Februar 2016 im Rahmen einer großen Antragskonferenz erfolglos seine
Bedenken gegen die zu erwartenden Probleme hinsichtlich der Lärm- und #Schadstoffemissionen mitgeteilt.
Nachdem seine Einwände nicht beachtet wurden, musste er im November 2017 von sich aus proaktiv um
Beteiligung im Behördenbeteiligungsverfahren bitten. Die offizielle Bitte um Stellungnahme wurde jedoch
erst im Dezember 2018 an ihn versendet. Also ein Jahr nach seiner Anfrage und zweieinhalb Jahre nach
seinem ersten Hinweis auf die Unvereinbarkeit des geplanten Anlegers mit dem §62 BWG. Seine Ablehnung
kam postwendend: ohne ein weiteres #Lärm-Gutachten gibt es keine Möglichkeit der Zustimmung.
a) Wenn offensichtlich potentielle Ablehnungsgründe (Lärm und #Luftschadstoffe) zweieinhalb Jahre
nicht in Betracht gezogen werden, kann man aus Sicht der Wasserbehörde dann davon sprechen,
dass diese potentiellen Ablehnungsgründe bis dahin ignoriert wurden?
b) Wie rechtfertigt die Wasserbehörde die zeitliche Diskrepanz von zweieinhalb Jahren bis zur
Klärung?
c) Warum führte auch aus Effizienzgründen der frühzeitige Hinweis auf so entscheidende KO-Kriterien
nicht zur direkten Vorab-Prüfung dieser fundamentalen Aspekte und in der Konsequenz zur
zeitnahen Ablehnung des Antrags?
d) Mit welcher Begründung wurde ein über vier Jahre währendes Behördenbeteiligungsverfahren
veranlasst, bei dem der Genehmigungsantrag von Anfang an keine Chance auf Genehmigung
hatte?
2
Antwort zu 1:
a) Nein. Bedenken hinsichtlich der Lärm- und Schadstoffemissionen wurden frühzeitig
erhoben, allerdings keine abschließende Stellungnahme des Fachbereichs
abgegeben, sondern auf die Erforderlichkeit eines Lärm-Gutachtens verwiesen. Die
Wasserbehörde hat im Rahmen der Prüfung eines Antrags auf Genehmigung nach
§ 62a BWG unter anderem die Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit,
insbesondere der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu untersuchen. Ergeben
sich aus der Behördenbeteiligung bereits mehrere Aspekte, die eine
Beeinträchtigung des öffentlichen Wohls in diesem Sinne begründen, muss die
Behörde nicht alle potentielle Aspekte vollumfänglich ermitteln, die zusätzlich der
Genehmigungserteilung entgegenstehen und deren Aufklärung nicht ohne einen
erheblichen Ermittlungsaufwand – mit entsprechender Kosten – erfolgen kann.
b) In dem genannten Zeitraum von zweieinhalb Jahren fanden mehrere zum Teil
langwierige Abstimmungs- und Abwägungsprozesse statt.
c) Ob und unter welchen Voraussetzungen die Versagung einer Genehmigung der
Errichtung und des Betriebs eines Schiffsanliegers auf Lärm- und
Immissionsschutzgründe gestützt werden kann, ist keine Frage, die sich aus
Effizienzgründen vorab und ohne die Beauftragung von entsprechenden Gutachten
beantworten ließe. Eine Vorwegnahme des Ergebnisses der Prüfung, wie in der
Frage unterstellt, würde als Verfahrensfehler eine Entscheidung in höchstem Maße
angreifbar machen.
d) Ob ein Antrag auf Erteilung einer wasserbehördlichen Genehmigung eine „Chance
auf Genehmigung“ hat, kann sich nur aus dem Ergebnis einer Beteiligung der
Behörden ergeben, die im Einzelfall eine mögliche Beeinträchtigung des Wohls der
Allgemeinheit zu beurteilen haben. Ob ein Genehmigungshindernis bereits „von
Anfang an“ bestanden hat, lässt sich erst im Rückblick aus dem Ergebnis der
Behördenbeteiligung beurteilen.
Frage 2:
Hinweise auf die zu erwartende, problematische Schadstoff-Situation gab es von vielen Seiten. So lag aus
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, präziser aus der Projektleitung der Europa-city, die expliziten,
schriftlich mehrfach doku-mentierten Forderungen (15.11.2017 und 14.02.2018) vor, dem ebenfalls
anhängigen Antrag für einen Elektroschifffahrtshafen aufgrund der zu erwartenden Emissionsproblematik
der Diesel-Schiffe, den Vorrang einzuräumen. Selbst Senatsbaudirektorin Regula Lüscher forderte ebenfalls
am 14.02.2018 explizit, am zukünftigen Schiffsanleger die Emissionen soweit als möglich zu reduzieren. Sie
schrieb ihrem Amtskollegen StSUK bekräftigend, dass sie das Ziel, die innerstädtische Schifffahrt möglichst
elektrisch und emissionsarm zu betreiben, unterstützt.
a) Wieso wurde auch diesen beiden Forderungen nicht die notwendige Relevanz eingeräumt? Erörtern
Sie bitte ausführlich, warum dies nicht geschah.
b) Auf welcher Rechtsgrundlage nimmt die Wasserbehörde für sich in Anspruch, gegen diese
stadtplanerische Kompetenz handeln zu können?
Antwort zu 2:
a) und b) Die Wasserbehörde ist an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und hat, wie
bereits ausgeführt, im Rahmen der Prüfung eines Antrags auf Genehmigung nach §
62 a BWG die Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der
öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu untersuchen. Anträge auf Errichtung und
Betrieb einer Anlegestelle werden dabei nach dem Prioritätsprinzip als allgemein
anerkannter Verfahrensgrundsatz in der Reihenfolge des Eingangs bei der
3
Wasserbehörde bearbeitet und beschieden. Bei der Entscheidung über den Antrag
können dann auch stadtplanerische Aspekte einfließen, wenn das Vorhaben
insoweit das öffentlichen Wohl beeinträchtigt. Die Wasserbehörde, die an diese
legislativen Vorgaben des Berliner Wassergesetzes gebunden ist, hat im Übrigen
im Rahmen ihres Ermessens zu entscheiden, auf welche der der Genehmigung
entgegenstehenden Interessen sie ihre Entscheidung maßgeblich abstellt. Die
Frage, ob öffentliche Belange durch Emissionen beim Betrieb des Anlegers
beeinträchtigt werden und inwieweit diese ggf. auch in Form von Auflagen für den
Betrieb zu berücksichtigen sind, ist für die Genehmigungsfähigkeit eines
Schiffsanlegers ohne Zweifel relevant, liegen jedoch bereits andere Gründe für eine
Ablehnung vor, welche für sich genommen bereits einer Genehmigung
entgegenstehen, kommt es auf eine weitere – kostenintensive – Ermittlung dieser
Aspekte nicht mehr entscheidend an. Vor diesem Hintergrund ist auch eine
Entscheidung der Wasserbehörde „gegen (…) stadtplanerische Kompetenz“ im
vorliegenden Fall nicht ansatzweise zu erkennen.
Frage 3:
Die Entscheidung, im Humboldthafen einen Schiffsanleger zu bauen, war eine bewusste Entscheidung, die
als Ergebnis eines internationalen Architekturwettbewerbs getroffen wurde. Und zwar von der
Senatsverwaltung, die für die Stadtentwicklung im Allgemeinen und für das Projekt Europacity (dessen Teil
der Humboldthafen ist) im Speziellen zuständig ist. In der Vermarktungsbroschüre des Liegenschaftsfonds
Berlin heißt es dazu: „Es wird ein attraktiver Platz mit Anlegestellen, Gastronomieeinrichtungen, Pontos und
Stegen gestaltet“. Die damalige Senatsverwaltung, der die Wasserbehörde zu diesem Zeitpunkt unterstand,
beschrieb „die Belebung des Humboldthafens durch die Berliner Fahrgastschifffahrt zum erklärten
städtebaulichen Ziel“. Darüber hinaus wurde die Erneuerung der Kaimauer mit 4,5 Mio. Euro aus GRWBundesmitteln kofinanziert. In der Förderzusage heißt es ganz ausdrücklich: „In direkter Nach-barschaft zum
Hauptbahnhof … soll mit direkter Zugangsmöglichkeit zum Wasser ein zentraler Haltepunkt für die
Fahrgastschifffahrt auf der Westseite des Hafenbeckens geschaffen werden …“ Laut der für die Gewährung
der GRW-Mittel zuständigen Abteilung in der SenWEB ist der 2. Bauabschnitt (Fahrgastschiffanleger)
zwingend notwendig für die bereits Auszahlung der Mittel. Dort wurde man von der Wasserbehörde
dahingehend informiert, dass der Anleger noch nicht existiert, weil die Baustelle der S21 weitere
Baumaßnahmen nicht zulässt. Die SenWEB ist aufgrund der erfolgten Ablehnung des ARGE-Antrags nicht
bereit, weitere Verzögerungen hinzunehmen, da die Zweckbindungsfrist der Mittel nur 15 Jahre beträgt. Wird
kein, auch kein Elektroschiffanleger, im Hum-boldthafen genehmigt, wird man dort zeitnah eine
Verwendungsnachweisprüfung durchführen. In der Konsequenz wird es nach dortiger Auskunft zu einer
Rückforderung der GRW-Mittel kommen, da das Förderziel nicht erreicht wurde.
a) Die Wasserbehörde hat sich eigeninitiativ bereits 2018 über die drohenden Rückzahlungen informiert.
Welche Argumente sind gewichtig genug, den mit Parlamentsbeschluss geforderten Elektrofahrgastanleger
im Humboldthafen ablehnen zu wollen und damit die Rückzahlung von weit über 5 Mio. Euro Bundesmitteln
(inkl. Strafzinsen) zu riskieren?
b) Welche neuen sachlichen Gründe (außer der S21-Baustelle) hat es in den letzten 10 Jahren gegeben,
die heute die Genehmigung eines (zumindest emissionsfreien) Anlegers im Humboldthafen nicht mehr
zulassen?
Antwort zu 3:
a) Der Städtebauliche Wettbewerb hatte seinerzeit einen Schiffsanleger vorgesehen,
ohne dass dabei im Übrigen spezifisch bestimmt wurde, ob dieser Elektroschiffe
oder dieselbetriebene Schiffe bedienen soll. Das Land Berlin hatte sich dann
allerdings dazu entschieden, einen Anleger nicht selbst zu errichten. Im „Antrag auf
Gewährung einer Zuwendung zur Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur,
Regionalmanagement, Kooperationsnetzwerke und Clustermanagement“ der
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 22.12.2008 wurde insoweit auch nur
auf die Uferwanderneuerung im nördlichen Teil des Humboldthafens durch Setzen
4
neuer Spundwände und Verkleidung der Uferwände mit Naturstein Bezug
genommen.
b) Es handelt sich unter anderem um denkmalschutzrechtliche Gründe, die im
laufenden Genehmigungsverfahren geltend gemacht wurden und dazu geführt
haben, dass der erste Antrag abgelehnt wurde. Insoweit wird für jeden weiteren
Antrag die jeweils beantragte konkrete Konzeption der Anlage, ihr Ausmaß und ihr
bauliches Erscheinungsbild für denkmalrechtliche Aspekte maßgeblich sein. Dies
zu klären liegt im Ermessen der jeweils zuständigen Denkmalschutzbehörden,
deren Stellungnahmen in der wasserrechtlichen Genehmigung zu berücksichtigen
sind.
Frage 4
Die ARGE hat Klage gegen ihren Ablehnungsbescheid vom 01.06.2021 eingelegt. Damit wird das seit vier
Jahren laufende Antragsverfahren nun vom Berliner Verwaltungsgericht und ggfls. danach vom
Oberverwaltungsgericht überprüft. Die bis jetzt ruhend gestellten weiteren Errichtungsanträge für den
Elektroschifffahrtshafen hat die Wasserbehörde prompt erneut ruhend gestellt. Demnach vertraut sie
offensichtlich ihren eigenen Ablehnungsgründen nicht.
a) Ist sich die Wasserbehörde darüber im Klaren, dass sie damit den dringend notwendigen ökologischen
Wettbewerb in der Berliner Fahrgastschifffahrt erneut auf viele Jahre blockiert?
b) Warum hält man sich nicht an übliche Verwaltungsstandards und prüft zumindest den nachfolgenden
Antrag erst einmal auf seine theoretisch mögliche Genehmigungsfähigkeit?
c) Ist man sich darüber im Klaren, dass damit erneut (mit Steuergeldern) ein weiterer Prozess mit dem
Zweitantragsteller provoziert wird?
Antwort zu 4:
a) Der gewünschte ökologische Umbau der Berliner Fahrgastschifffahrt ist nicht
ausschließlich eine Frage des Wettbewerbs. Wettbewerb kann allerdings einen
Beitrag dazu leisten. In Bezug auf den Humboldthafen wäre dazu nicht allein die
Genehmigung eines Errichtungsantrages eines Wettbewerbers erforderlich,
sondern auch, dass dieser den Anleger aus Rechtsgründen auch errichten kann.
Der wasserbehördliche Vollzug bezüglich der Zulassung von Anlagen im Gewässer
nach § 62 ff BWG muss dabei die gesetzlichen Vorgaben des Gewässerschutzes
und der sonstigen öffentlichen Belange im Blick haben und dient daher nicht der
Herstellung oder der Sicherung des Wettbewerbs.
b) Nach Rechtsprechung (vgl. etwa Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 19.05.2020
– Az. VG 10 K 222.18) ist die Verwaltungspraxis der Behörde rechtmäßig, nach der
bei mehreren auf den selben Standort bezogenen konkurrierenden
Genehmigungsanträgen der zuerst gestellte, prüffähige Antrag nach dem
Prioritätenprinzip zuerst bearbeitet wird. Eine generelle Aussage zur theoretischen
Genehmigungsfähigkeit einer geplanten Anlage im Gewässer ist ohne Beteiligung
der relevanten Behörden oder Dritter und ohne Ausführungsplanung nicht möglich,
da es für die Beurteilung auf die konkrete Ausgestaltung im Einzelfall ankommt.
c) Das Verwaltungsrecht sieht für jeden Adressaten eines Verwaltungsaktes sowie für
jeden hiervon in seinen Rechten betroffenen Dritten die Möglichkeit der Einlegung
eines Rechtmittels vor. Es obliegt der Entscheidung der jeweiligen Antragsteller, ob
sie den Rechtsweg beschreiten. In allen Konstellationen, in denen wegen der
örtlichen Begrenzung eine Genehmigung nur einem von mehreren Konkurrenten
5
erteilt werden kann, besteht die Möglichkeit, dass der unterlegene oder
unterschiedlich behandelte Bewerber den Rechtsweg beschreitet. Insoweit wird aus
Sicht des Senats kein Rechtsstreit „provoziert“. Die rechtstaatlichen Prinzipien
können allerdings bedeuten, dass eine abschließende Klärung erst in ferner Zukunft
erfolgen kann.
Frage 5:
Die Wasserbehörde hat die politische Leitung der SenUVK im Januar 2021 dahingehend in-formiert, dass es
„derzeit keine Wünsche und Bedürfnisse der Stadt gibt“, ökologische, emissionsfreie Fahrgastschifffahrt im
Humboldthafen zu betreiben.
a) Welchen Stellenwert misst die Wasserbehörde einem parlamentarischen Beschluss bei, der genau dies
zum Gegenstand hat?
b) Welchen Stellenwert misst die Wasserbehörde expliziten Forderungen anderer Senatsverwaltungen (hier
StS Regula Lüscher u.a.) bei, die genau diese Wünsche geäußert haben?
Antwort zu 5 a) und b)
Die Wasserbehörde als Teil der Exekutive kennt und beachtet den Stellenwert von
Beschlüssen der der Legislative als gesetzgebender Gewalt. Bei der Umsetzung der
Beschlüsse der Legislative ist die Exekutive aber an gesetzliche Vorgaben gebunden, die
ihrerseits Entscheidungen der Legislative sind.
Frage 6:
Die Wasserbehörde hat in der gleichen Vorlage formuliert, dass es für die „Umsetzung des Ziels einer
emissionsarmen Schifffahrt … nicht auf die Erteilung einer wasserwirtschaftlichen Genehmigung“ im
Humboldthafen ankäme. „Für die Umsetzung dieses Ziels sind fachbezogenere Instrumentarien“ vorhanden.
a) Welche Instrumentarien sind konkret gemeint und wie erfolgreich ist man damit bisher gewesen?
b) Konnte dadurch die emissionsarme und vor allem die emissionsfreie (vollelektrische) Schifffahrt, wie vom
Parlament gewünscht, unterstützt werden? Wenn ja wie konkret?
Antwort zu 6 a) und b)
Ein Instrument stellt die geplante Förderrichtlinie zur „nachhaltigen Nachrüstung und
Umrüstung vom Fahrgastschiffen“ dar. Sie unterstützt mit bis zu 80 % Förderung auch den
Umbau auf Elektroantrieb. Vorbehaltlich der Beratungen im Berliner Abgeordnetenhaus
zum nächsten Doppelhaushalt ist geplant, das Förderprogramm in den nächsten Jahren
fortzusetzen, um den erwartbaren Fortschritt bei der Steigerung der Batteriekapazität für
einen Umbau von Fahrgastschiffen auf Elektroantrieb auch künftig nutzen zu können.
Frage 7:
Weiterführend formuliert die Wasserbehörde im gleichen Dokument, dass „das klimapolitische Ziel einer
abgasarmen Schifffahrt nicht nur durch eine (Steg)Anlage im Humboldthafen zu erreichen ist. Hierfür stehen
auch andere, insbesondere bereits bestehende Standorte in der Innenstadt zur Verfügung. Leider ist es der
Wasserbehörde noch nicht gelungen, diese bestehenden Anlagen hinsichtlich der Möglichkeiten zu
evaluieren. Im Übrigen finden bereits zahlreiche Aktivitäten der Reedereien zur Umrüstung deren Flotte
statt“.
a) Welche der Bestands-Innenstadt-Steganlagen an der Spree mit entsprechender touristischer Nachfrage
sind konkret gemeint? Alle Steganlagen befinden sich in privater Hand und werden neuen Wettbewerbern
nicht oder nicht zu vertretbaren Bedingungen zugänglich gemacht.
6
b) Wann konkret und mit welchem Ziel möchte die Wasserbehörde diese Evaluierung abschließend
vornehmen?
c) Warum kündigt die Wasserbehörde nicht sukzessive die Genehmigungen der Bestandssteganlagen,
sobald diese regulär auslaufen und vergibt sie nach (ökologischeren) Kriterien neu?
d) Welche zahlreichen Aktivitäten der Reede-reien hat es genau gegeben? Wie viele Umrüstungen zum
vom Parlament gewünschten emissionsfreien Elektroantrieb hat es gegeben?
Antwort zu 7:
a) und b) Das Wasserwirtschaftsreferat prüft mögliche neue Standorte, die unter der
Verwaltung des Landes Berlins zu einer Entspannung der Steganalagenachfrage
führen könnten. Es zeigt sich jedoch, dass die örtlichen Begebenheiten
(Landanbindung/Uferbedingungen, Schutzgüter, gewässerökologische
Bedingungen u.a.) diese Möglichkeiten innerhalb des für die Fahrgastschifffahrt
attraktiven Innenstadtbereichs erheblich limitieren.
c) Die meisten Steganlagen in Berlin befinden sich an Bundeswasserstraßen. Hier ist
das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Spree-Havel für die Verpachtung von
Anlegestellen zuständig und könnte diese ggf. kündigen. Die Stege selbst sind in
der Regel von den Reedereien errichtet und in deren Besitz. Sie werden nicht von
der Wasserbehörde vergeben. Die Wasserbehörde ihrerseits kann zudem keine
Genehmigungen der Bestandssteganlagen „kündigen“, sondern nur auf der
Grundlage wichtiger, gesetzlich normierter Kriterien, wie wasserwirtschaftliche,
stadtplanerische, naturschutzrechtliche, denkmalschutzrechtliche,
fischereirechtliche, eigentumsrechtliche usw. widerrufen.
d) Sechs Reeder haben ihr Interesse am laufenden Förderprogramm der SenUVK
bekundet und alle notwendigen Formulare für die Beantragung erbeten und
erhalten. Die endgültige Beantragung sollen nach Kenntnis der SenUVK von den
Angeboten der Nach- und Umrüstfirmen und ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation
im Laufe der Saison 2021 abhängig gemacht werden.
Für den vorrausgegangenen Praxistest in den Jahren 2018/19 hat die Mehrheit der
Berliner Reeder kostenlos verschiedene Schiffe zu Verfügung gestellt. In diesem
Praxistest wurden fünf große Fahrgastschiffe mit hochwirksamer
Abgasminderungstechnik ausgestattet. Für die Umrüstung auf emissionsfreien
Elektroantrieb war kein Angebot für ein Fahrgastschiff eingegangen.
Frage 8:
Auf meine Anfrage (Drucksache Nr. 18/27 389 Frage 8), ob es gar keinen Anleger im Humboldthafen geben
soll, hat der Senat seinerzeit nur ausweichend bzw. gar nicht geantwortet. Aus der oben zitierten
Leitungsvorlage geht nun hervor, dass offensichtlich genau dies der Planung entspricht.
a) Mit welcher Begründung stellt sich die Wasserbehörde gegen den erklärten Willen des Parlaments?
b) Warum greift die politische Führung nicht steuernd ein, um diese Vorgaben durchzusetzen?
c) Welche konkreten Bedenken bestehen seitens der Wasserbehörde, den ehemaligen Hafen mit genau
dieser Finalität auch wieder zu nutzen?
Antwort zu 8:
a – c) Die Senatsverwaltung plant zu keinem Zeitpunkt Stege zu verhindern. Die
Wasserbehörde prüft die Zulassung von Anlegestellen im/am Gewässer
antragbezogen auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsvorschriften. Dies ist die
gesetzliche Aufgabe der Wasserbehörde. Sie stellt sich damit nicht gegen den Willen
7
des Parlaments. Auch die politische Leitung kann sich nicht über geltendes Recht
hinwegsetzen und ohne eine Prüfung von Anträgen Stege genehmigen.
Frage 9:
Bezugnehmend auf die Beantwortung der Frage 5 meiner schriftlichen Anfrage (Drucksache Nr. 18/27 389)
muss leider festgestellt werden, dass die Beantwortung wohl in Teilen unwahr erfolgte: Die Leitung der
Wasserbehörde ist im Mediationsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin zur Vergabe im
Humboldthafen beigeordnet. Selbstverständlich hat man daher Kenntnis über die rechtwidrige Praxis des
WSA, für diesen Standort bereits einen Pachtvertrag erteilt zu haben, obwohl die Grundlage dafür, nämlich
vorher im Besitz der Errichtungs- und Betriebsge-nehmigung sein zu müssen, gefehlt hat. Dies war bereits
2018 Gegenstand der Beratungen vor dem Verwaltungsgericht Berlin.
Aus diesem Grund muss hinsichtlich der genannten Frage 5 ergänzend nachgefragt werden.
a) Ist es richtig, dass die Wasserbehörde in enger Zusammenarbeit mit dem WSA Berlin über Jahrzehnte
das Verwaltungsverfahren dergestalt nicht rechtskonform angewandt hat, dass sie, die Wasserbehörde,
zuerst die umfassende Prüfung eingehender Anträge hätte vornehmen müssen, damit erst im Nachgang das
WSA Berlin eine ssG (strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung) hätte erteilen dürfen?
b) Ist es ebenfalls richtig, dass das Bundesverkehrsministerium diese Praxis per Erlass im April 2021
beendet hat und nun rechtskonform wie oben beschrieben verfahren werden muss?
c) Ist es ebenfalls richtig, dass auch beim Antragsverfahren im Humboldthafen auf diese, nicht
rechtkonforme Weise verfahren wurde?
d) Ist es ebenfalls richtig, dass das Bundesverkehrsministerium dem WSA (in Kopie auch der
Wasserbehörde) eine Weisung erteilt hat, nachdem die zu Unrecht erteilte ssG und der besagte
Pachtvertrag sofort, zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen ist?
Antwort zu 9:
a) und c) Nein, das ist nicht richtig. Das wasserbehördliche Genehmigungsverfahren
nach § 62 ff BWG basiert auf den Regelungen des landesgesetzlichen BWG. Die
strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung wird nach § 31
Bundeswasserstraßengesetz erteilt. Im Zulassungsverfahren findet eine Beteiligung
der jeweils anderen Behörde statt, jedoch erfolgt die jeweils abschließende
Entscheidung über das Genehmigungsverfahren innerhalb der jeweils eigenen
Zuständigkeit der Behörde im Rahmen der gesetzlich normierten
Zulassungsvoraussetzungen.
b) und d) Die vorliegende Frage betrifft einen Sachverhalt der ausschließlich in die
Zuständigkeit des Bundesverkehrsministeriums fällt. Der Senat hat Kenntnis davon,
dass es einen Erlass des Bundesverkehrsministeriums sowie einer Weisung des
Bundesverkehrsministeriums gegenüber dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt
(WSA) gibt, jedoch liegen weder Erlass noch Weisung im Wortlaut vor, weshalb die
vollständigen Inhalte des Erlasses oder der Weisung des
Bundesverkehrsministeriums nicht in Gänze bekannt sind. Auf dieser Grundlage
kann der Senat hierzu keine Stellungnahme abgeben.
Frage 10:
Die heutige Situation auf der Innenstadtspree zeichnet sich durch einen umfangreichen Verkehr von großen,
dieselbetriebenen Fahrgastschiffen aus, die für einen Großteil der Luftverschmutzung und Lärmemissionen
verantwortlich sind. Große Berliner Reedereien besetzen dabei teilweise mehrere Anlegestellen im Abstand
von nur wenigen Metern. Diese Situation wird aktuell von den Landeskartellbehörden überprüft.
a) Welchen Anteil trägt die unter Frage 9 beschriebene Verwaltungspraxis an dieser Problematik?
b) Hätte in den letzten Jahrzehnten zuerst eine landesrechtliche Überprüfung der potentiellen Antragsteller
hinsichtlich Konformität mit dem §62 BWG stattgefunden, würde es diese Extremsituationen (z.B. vier
8
Anlegestellen an der Jannowitzbrücke im Besitz nur einer Reederei) nach Ansicht der Wasserbehörde dann
ebenfalls geben?
c) Gibt es Pläne der Wasserbehörde, diese Zustände wieder mit einer stadtverträglichen Nutzung der Spree
in Einklang zu bringen?
d) Wenn ja, wie sehen diese Pläne konkret aus?
Antwort zu 10:
a) Keinen.
b) Diesen Zusammenhang erkennt der Senat nicht.
c) Dies ist keine Aufgabe der Wasserbehörde als Ordnungsbehörde.
d) Entfällt.
Frage 11:
Wenn das Leitmotiv der Wasserbehörde der „Schutz der Gewässer“ ist, warum hat sie die Gewässer (und
die Berliner Bevölkerung und Gäste der Stadt) in den letzten Jahrzehnten nicht vor der Flut an
Fahrgastanlegern bewahrt?
Antwort zu 11:
Die bislang genehmigten Fahrgastanleger am Gewässer stellen jeweils keine
Beeinträchtigung der Gewässer dar, die gemäß der Entscheidungsnorm nach § 62 ff BWG
zu einer Versagung hätte führen müssen.
Frage 12:
Mittlerweile bemühen sich umweltfreundlichere Anbieter um einen Markteintritt und würden gerne den
Wettbewerb mit den alteingesessenen Anbietern suchen. Wie begründet die Wasserbehörde, dass sie mit
ihrem hier beschriebenen Verwaltungshandeln genau diese, für den zukünftigen Schutz des Gewässers
dringend notwendigen ökologischen Wettbewerb verhindert?
Antwort zu 12:
Wie in der Antwort auf Frage 7 b ausgeführt verhindert die Wasserbehörde keinen
Wettbewerb, sondern überprüft, ob Anträge auf Genehmigungen von Stegen und Anlegern
den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Die gesetzlichen Vorgaben werden von der
Legislative bestimmt.
Frage 13:
Wären die über mittlerweile vier Jahre sehr umfangreich gebundenen personellen Kapazitäten nicht besser
für den sofortigen Schutz der Gewässer, z.B. an der Rummelsburger Bucht oder am Spandauer See
(Stichwort: Schrottboote) eingesetzt?
Antwort zu 13:
Diese Frage stellt sich nicht, da Antragsteller Anspruch auf einen Bescheid haben.
9
Frage 14:
Hinsichtlich meiner schriftlichen Anfrage Nr. 18/27388 Frage 10 muss nachgefragt werden: Es wurde nach
Überlegungen für zentrumsnahe Nachtliege- und Ladeplätze für Elektroschiffe gefragt, nicht ob diese Plätze
öffentlich und steuerfinanziert geschaffen werden sollen. Daher erneut gefragt:
Gibt es Überlegungen für zentrumsnahe Nachtliege- und Ladeplätze für Elektroschiffe, die durch private
Betreiber oder Verbände betrieben werden sollen? Wenn nicht, auf welcher Grundlage ignoriert die
Wasserbehörde diese Forderung des Parlaments und wie möchte sie dessen Forderung umsetzen, die
Elektroschifffahrt zu fördern?
Antwort zu 14:
Der Senat begrüßt Initiativen von privaten Betreibern und Verbänden, die Nachtliegeplätze
für Elektroschiffe einrichten wollen. Sowohl Wasserbehörde als auch Wasserwirtschaft
sind hierzu mit entsprechenden Akteuren im Gespräch und geben Einschätzungen im
Hinblick auf eine grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit. Auch Vertreter der
Elektroschifffahrt wurden darauf hingewiesen, welche Orte angesichts der in dieser
Anfrage ausführlich beschriebenen rechtlichen und faktischen Situation aussichtsreich für
eine wasserbehördliche Genehmigung erscheinen. Abschließende Aussagen dazu können
– siehe oben – erst im Zuge eines Genehmigungsverfahrens einschließlich der zu
erfolgenden Behördenbeteiligung getroffen werden Im Übrigen obliegt jenseits einer
Genehmigung, wie beschrieben, die Entscheidung, wer einen Steg in den
Bundeswasserstraßen errichten darf, dem Bund.
Frage 15:
Möchte der Senat seinen Ausführungen noch etwas hinzufügen?
Antwort zu 15:
Der Senat sieht dem Ausgang der kartellrechtlichen Überprüfung mit Interesse entgegen
und wird seine Bemühungen für eine emissionsfreie #Schifffahrt in Berlin weiterführen und
intensivieren.
Berlin, den 06.09.2021
In Vertretung
Stefan Tidow
Senatsverwaltung für
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz

www.berlin.de
https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/S18-28374.pdf