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Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre
Schriftliche Anfrage wie folgt:
Frage 1: Aus welchen gesicherten Erkenntnissen leitet
die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz
die im Schriftverkehr mit der „Initiative #Spreefähre
#Friedrichshagen“ die Aussage ab, dass ein eher geringer
Bedarf für die Fährverbindung besteht? Gibt es eine #Bedarfserhebung?
Wenn ja, wo ist diese einzusehen?
Frage 2: Von welchem #Finanzierungsvolumen für
welche technischen und betrieblichen Erfordernisse der
Fährverbindung geht die Senatsverwaltung aus?
Frage 3: Warum soll diese gewünschte Fährverbindung
teurer sein als vergleichbare Fährverbindungen?
Frage 4: Gibt es eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
zu der gewünschten Fähre bzw. mit welchen belastbaren
Werten zu den Investitionen für die erforderliche Infrastruktur
und das Fährschiff sowie zu den Betriebskosten
im Verhältnis zu den erwarteten Einnahmen begründet die
Senatsverwaltung die behauptete Unwirtschaftlichkeit der
Fährverbindung? Welche Wirtschaftlichkeit erreichen die
bestehenden Fähren im Land Berlin?
Frage 5: Ist der Senat bereit, bei der Fortschreibung
des Nahverkehrsplans die Realisierbarkeit der barrierefreien
Fährverbindung, gerade wegen des Aspekts der
steigenden Anzahl von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen,
die nicht den Spreetunnel nutzen können,
und wegen des wahrscheinlichen Wegfalls der Fähre F11,
nach ÖPNV-Gesetz §2 Abs. 8 erneut ernsthaft zu prüfen?
Antwort zu Frage 1- 5: Die seit längerem engagiert
vorgetragene Forderung nach einer barrierefreien Querungsmöglichkeit
der Spree im Bereich des Fußgängertunnels
in Friedrichshagen ist erst zu einer Forderung
nach einer Fährverbindung im Rahmen des ÖPNV1 ge-
1 Öffentlicher Personennahverkehr
worden, nachdem sich die Ideen für Aufzüge bzw. eine
Brücke aus finanziellen und technischen Gründen als
nicht durchführbar herausgestellt haben. Die dann folgenden,
vielfältigen Vorschläge, wie eine attraktive Ausflugslinie
mit einem Schiff u.a. in Kombination z.B. der F23
über den gesamten Müggelsee und Umgebung gestaltet
werden könnte, zeigten ebenfalls, dass es bei der diskutierten
Frage nicht primär um die Erfüllung der Aufgaben
des ÖPNV geht, sondern um das Finden einer Finanzierungsmöglichkeit,
um damit einen beliebten Ausflugsweg
barrierefrei und damit auch gezielt touristisch attraktiver
zu gestalten.
Es ist jedoch weder gesetzlicher Auftrag des ÖPNV
und des Aufgabenträgers, touristisch attraktive Angebote
zu schaffen oder zu jeder vorhandenen, aber nicht barrierefreien
Wegeverknüpfung (ob Tunnel oder z.B. auch
Brücke mit Stufen) ein parallel verkehrendes, barrierefreies
ÖPNV-Angebot zu bestellen. Dies ergibt sich auch
nicht aus der Aufgabe der Daseinsvorsorge des Landes
Berlin, die sich keineswegs so interpretieren lässt, dass sie
den Aufgabenträger für den ÖPNV automatisch zur Bestellung
jeglicher denkbaren, zusätzlichen Verbindung im
Berliner ÖPNV-Netz verpflichtet.
Unstreitig gehört es zur Sicherung der Daseinsvorsorge
auch, die Verbindung von Wohn- und Erholungsgebieten
sicher zu stellen. Dieses ist im konkreten Fall des
Erholungsgebietes Kämmereiheide aber bereits durch das
vorhandene ÖPNV-Angebot mit 3 Buslinien (165, 269,
X69) gesichert. Die Straßenbahnlinien 27 und 67 enden
ebenfalls in unmittelbarer Nähe des großflächigen Ausflugsgebietes.
Auch die über die Kämmereiheide hinausgehenden
Ausflugsgebiete und Ziele am Südufer des
Müggelsees sind von den Haltestellen der Buslinie X69
für mobilitätseingeschränkte Menschen gut zu erreichen,
meist sogar mit deutlich kürzeren Reisezeiten als sie sich
unter Berücksichtigung des langen Weges vom Südausgang
des Spreetunnels ergeben würden. Die Einrichtung
eines zusätzlichen ÖPNV-Angebots mit einer Fähre in
Friedrichshagen würde mithin keinen Erschließungsmangel
beheben, sondern ein zusätzliches Angebot darstellen.
Unter diesem Aspekt ist die Fragestellung nach der Notwendigkeit
einer zusätzlichen ÖPNV-Fährverbindung zu
beantworten. Wie alle anderen Angebote im ÖPNV auch
muss sich dieser Vorschlag zudem an den Vorgaben aus
dem ÖPNV-Gesetz des Landes Berlin messen lassen, zu
denen neben den Vorgaben zur Barrierefreiheit des
ÖPNV nicht zuletzt auch der Aspekt der Wirtschaftlichkeit
gehört (§ 2 Abs. 4 ÖPNVG Berlin).
Bei der Abschätzung des potenziellen Fahrgastaufkommens
auf der vorgeschlagenen Spreequerung ist zu
berücksichtigen, dass nicht jede Person, die heute den
Tunnel quert, auch Nutzer des Fährverkehrs wäre. Denn
die Anzahl der Tunnelnutzer ist geprägt durch die jederzeit
gegebenen Querungsmöglichkeit, auch außerhalb der
im Übrigen Fährverkehr üblichen Betriebszeiten. Zudem
würden die heutigen Nutzerinnen und Nutzer des Tunnels
angesichts der üblichen Wartezeiten eines zudem nur
saisonalen Fährbetriebs in ihrer Mehrheit wohl nicht bis
zu 20 Minuten auf eine parallele Fähre warten.
Auf der Kostenseite ist eine Fährverbindung geprägt
von hohen Fixkosten und der extremen Spezialisierung
sowohl der Technik als auch des Personals. Beides ist –
z.B. ganz im Gegensatz zum Busverkehr – besonders
aufwändig und nicht flexibel einsetzbar bzw. austauschbar.
Zudem ist bei der Kalkulation der Personalkosten zu
berücksichtigen, dass diese auch bei einer Saisonfähre
ganzjährig entstehen. Da die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
und Umwelt bei der Neukonzeption des
Fährverkehrs ab 2014 zudem das Angebot und die Qualität
u.a. durch eine Saisonverlängerung, deutlich höhere
Anforderungen an das Emissionsverhalten und die Barrierefreiheit
erheblich verbessert hat, müssen für den Fährverkehr
seitdem rund 400.000 € pro Jahr mehr aufgebracht
werden. Insofern sind die Kosten des Fährbetriebs
grundsätzlich als hoch einzuschätzen, sowohl absolut als
auch relativ im Verhältnis zum Fahrgastaufkommen.
Die bekannten Kosten des vorhandenen Fährverkehrs
(ca. 800.000 € für die vier Elektrofähren) reichen daher
für den Aufgabenträger aus, um eine plausible Kosteneinschätzung
vornehmen zu können.
Die Einrichtung einer zusätzlichen Fährverbindung in
Friedrichshagen ist aufgrund der vorhandenen, vielfältigen
und barrierefreien Erschließung der Erholungsgebiete
südlich des Müggelsees weder vordringlich, noch – nach
den für den Aufgabegenträger verbindlichen Vorgaben
des Berliner Nahverkehrsplans – eine Aufgabe der Daseinsvorsorge.
Berlin, den 24. Juni 2016
In Vertretung
C h r i s t i a n G a e b l e r
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Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juni 2016)