05.09.2025
Vorbemerkung des Abgeordneten:
Im Juli kam es zwischen den S-Bahnhöfen #Treptower Park, #Plänterwald, #Baumschulenweg und #Schöneweide über Stunden zu Zugausfällen, da das #Stellwerk der DB InfraGo nicht besetzt werden konnte.
Frage 1:
Welche Ursachen führten in zu den wiederholten Störungen und Ausfällen im S-Bahnverkehr auf den Linien #S45, #S46, #S47, #S8, #S85 und #S9 im Bereich zwischen Treptower Park, Plänterwald, Baumschulenweg und Schöneweide?
- Welche konkreten Ursachen führten zum #Personalengpass im Stellwerk Schöneweide am 19. Juli?
- Inwiefern wurden und werden #Vorkehrungen für Personalengpässe getroffen, insbesondere an Wochenenden?
- Besteht ein Zusammenhang zwischen diesen Störungen und den laufenden Arbeiten zur Umstellung auf ein elektronisches Stellwerk (#ESTW)?
Antwort zu 1:
Die DB AG teilt hierzu mit:
zu a: „ Eine kurzfristige #Erkrankung unmittelbar vor Dienstbeginn, die zur fehlenden #Ablösung im Stellwerk führte, konnte trotz intensiver Personaldispositionsmaßnahmen nicht besetzt werden.“
zu b: „ In den Dienstplänen sind #Zusatzbedarfe zur Abfederung kurzfristiger Ausfälle vorgesehen, die durchschnittliche Ausfallzeiten abdecken können. Aufgrund der stellwerksbezogenen individuellen Qualifikationsvoraussetzungen, lassen sich zum Beispiel Bereitschaftsmodelle nicht realisieren.“
zu c: „ Nein.“
Frage 2:
Wie oft kam es seit 2022 zu Störungen aufgrund von Personalmangel im Bereich der Stellwerke im Berliner S-Bahn- Netz?
Antwort zu 2:
Die DB AG teilt hierzu mit:
„ Auf den aus der #Betriebszentrale gesteuerten Strecken kam es zu keinen Streckenschließungen und damit verbundenen Zugausfällen. Auf Streckenabschnitten mit konventioneller Stellwerkstechnik gab es zwischen 2022 und Ende Juli 2025 drei #Einzelfälle. Die betreffenden Streckenabschnitte sind bereits auf ESTW (Elektronisches Stellwerk) -Technik und Steuerung aus der Betriebszentrale umgestellt.“
Frage 3:
Welche Gespräche führte die Senatsverwaltung mit der DB #InfraGo bezüglich dieser Komplettausfälle des Netzes und wie gedenkt die Senatsverwaltung dafür Sorge zu tragen, dass diese Komplettausfälle von Teilen des S-Bahn- Netzes sich nicht wiederholen?
Antwort zu 3:
Das Thema der #Personalverfügbarkeit von Fahrdienstleitern (sowohl für ESTW als auch für örtliche Stellwerke) ist in den vergangenen Jahren wiederholt auch in Gesprächen auf Arbeitsebene von der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) und dem brandenburgischen Infrastrukturministerium (MIL) gegenüber dem Infrastrukturbetreiber DB InfraGO adressiert worden. Allerdings bestehen keine direkten Vertragsbeziehungen zwischen dem Land Berlin und der DB InfraGo, die z. B. unmittelbare Weisungen oder Pönalen ermöglichen würden.
Aufgrund der jüngsten Häufung von Infrastrukturstörungen hat Frau Senatorin Bonde Vertreter der DB AG am 20.8.25 zum Gespräch gebeten. Die Vertreter der DB AG haben dort Personalmaßnahmen dargestellt, die künftigen personalbedingten Ausfällen entgegenwirken sollen. Der Senat wird die weitere Entwicklung des Störgeschehens verfolgen und die Umsetzung der angekündigten Maßnahmen eng begleiten lassen.
Frage 4:
Welche Maßnahmen ergreift die DB InfraGo GmbH nach Kenntnis des Senats, um kurzfristige Personalengpässe in Stellwerken künftig zu vermeiden oder abzufedern?
Antwort zu 4:
Die DB AG teilt hierzu mit:
„ Ergänzend zu den in folgender Frage 5 aufgeführten strategisch-organisatorischen Maßnahmen sind kurzfristig wirkende Maßnahmen eingeleitet. Neben die Flexibilität der Mitarbeitenden honorierenden monetären Anreize, zum Beispiel durch im Betrieb Netz Berlin wirkende Betriebsvereinbarungen, sind beispielsweise #Mehrfachqualifizierungen innerhalb der S-Bahn- Stellwerke umgesetzt und zusätzliche #Einweisungen in der Umsetzung. Durch die Inbetriebnahme des ESTW S8 werden Personale freigesetzt, von denen mit Umsetzung der IBN [ Anm. des Senats: IBN=Inbetriebnahme] ebenfalls zusätzliche #Zugverkehrssteuerer als wirksame Verstärkung eingewiesen und mit Erhalt der Qualifikation zum Einsatz kommen werden.“
Ergänzend ist mitzuteilen, dass die Inbetriebnahme des ESTW S8 Nord im September 2025 geplant ist und somit (einschließlich der von der DB beschriebenen Effekte auf die Freisetzung von Personal, u.a. als Verstärkung anderer Stellbereiche, z.B. Schöneweide) unmittelbar bevorsteht.
Frage 5:
Welche präventiven Strategien bestehen seitens der DB InfraGo GmbH, um Personalengpässe frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern?
Antwort zu 5:
Die DB AG teilt hierzu mit:
„ Seit Mitte Beginn der 2010er Jahre wurde die #Funktionsausbildung zum #Fahrdienstleiter -der Zugang im #Quereinstieg- etabliert und kontinuierlich weiterentwickelt. Seit 2020 wurden zusätzliche Ansätze zum direkten Einstieg auch auf elektronische Stellwerke verwirklicht. Die interne Organisation, Begleitung und Ausbildung ist in den vergangenen Jahren professionalisiert und robuster aufgestellt worden, so dass ein stabiler #Zuführungsmix entsteht.
Mittelfristige #Zugangsplanung – für planbare altersbedingte Abgänge, prognostizierte Fluktuation etc. – wird primär die Berufsausbildung zum Eisenbahner in der Zugverkehrssteuerung vorgesehen. Ausbildungsbedarfe, die durch fehlende Kapazitäten, u.a. an der Berufsschule des Landes Berlin, nicht umsetzbar sind, werden durch den Quereinstieg realisiert.
Die Bedarfs-/ und Bestandsentwicklung der kommenden 18 Monate ist in einer ständigen Überwachung und Steuerung. Identifizierte Zusatzbedarfe im Einstieg unterhalb des Planungszeitraums von 3 bis 5 Jahren werden ebenfalls durch den Quereinstieg umgesetzt. Weitere Zugangswege existieren nicht.
Gleichzeitig wird die Mehrfachqualifikation der Zugverkehrssteuerer weiter ausgebaut. Für die Bedienung eines Stellwerks -unabhängig, ob in einer Betriebszentrale oder auf konventioneller Technik – benötigt der Zugverkehrssteuerer eine Einweisung und örtliche Prüfung. Durch die Erhaltung mehrerer Qualifikationen je Zugverkehrssteuerer entsteht eine höhere Flexibilität in den Einsatzmöglichkeiten.“
Bei den von der DB erwähnten fehlenden Kapazitäten an der Berufsschule des Landes Berlin handelt es sich nicht um fehlende Schulplätze.
Die Oberstufenzentren beschulen auf Grundlage der Regelungen des Berufsbildungsgesetzes (BBIG) selbstverständlich alle Auszubildenden, die über einen Ausbildungsvertrag mit der DB verfügen und ihnen entsprechend gemeldet werden.
In den drei hier relevanten Berufen im technischen Bereich ist von den Schuljahren 2020/ 2021 bis zum 2024/ 2025 ein Aufwuchs an Berufsschulschülerinnen und -schülern zu verzeichnen.
Gleisbauer/ in (Knobelsdorff-Schule): von 31 auf 88 Eisenbahner im Betriebsdienst (Georg-Schlesinger-Schule): von 396 auf 438 ab Schuljahr 2024/ 2025 nur noch:
Eisenbahner/ in im Betriebsdient Lokführer und Transport: 276
Eisenbahner/ in in der Zugverkehrssteuerung: 162
Auf Anfrage der DB ist die Knobelsdorff-Schule in der Planung, die Ausbildung für den Beruf
„ Baugeräteführer/ in“ , die bisher als Bundesfachklasse organisiert ist, als Berufsschulstandort in Berlin aufzubauen.
Die Kapazitäten der beruflichen Schulen stehen einem Personalaufwuchs der DB durch Ausbildung nicht im Wege, sondern unterstützen die DB bei diesem Vorhaben.
Frage 6:
Sind #Ersatzpersonal oder technische #Redundanzen im #Stellwerksbetrieb vorgesehen?
Antwort zu 6:
Die DB AG teilt hierzu mit:
„ Ja. Die Personalbedarfsberechnung beruht nicht nur auf der eigentlichen Besetzungszeit, sondern auch auf prognostizierte Abwesenheiten. Eine entsprechende Gesamtbetriebsvereinbarung existiert für die DB InfraGO. Berücksichtigte Sachverhalte sind u.a. Urlaubs-/ Freistellungsansprüche, Abwesenheiten für (Fort-)Bildungsformate und krankheitsbedingte Ausfälle.
Für Elemente der Sicherungstechnik gibt es technische Redundanzen. So ist die Stromversorgung von (elektronischen) Stellwerken doppelt und unterbrechungsfrei vorgesehen.
Sicherungstechnische IT ist ebenfalls mit aktiven Redundanzen versehen. Auch Leuchtmittel an Signalen sind u.a. mit entsprechend moderner LED-Technik ausgestattet. Für mechanische/ elektromechanische bzw. relaisgesteuerte Sicherungsprocedere gibt es keine technische Redundanz. Hier sind betriebliche Ersatzmaßnahmen durch die Bediener erforderlich. In diesen Fällen kommt es dann häufig zu Kapazitätseinschränkungen.“
Frage 7:
Wie viele Fahrten konnten am 19. Juli 2025 aufgrund des Personalmangels nicht durchgeführt werden und wie hoch sind die Strafen für die nicht erbrachten Leistungen?
Antwort zu 7:
Die DB AG teilt hierzu mit:
„ Im Zusammenhang mit der kurzfristigen Nichtbesetzung des Stellwerks in Schöneweide fielen 111 Züge ganz und 301 Züge teilweise aus. Die Vergütung der S-Bahn Berlin GmbH wird gemäß der Regelungen der beiden Verkehrsverträge aufgrund dieser Fahrtausfälle um knapp 60.000 Euro gekürzt. Für aufgrund von Infrastrukturstörungen ausgefallene Trassen werden seitens des Infrastrukturunternehmens keine Trassenentgelte erhoben. Die Nichtbesetzung von Stellwerken ist eine vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu vertretende Störung.“
Die Höhe der entsprechenden Entgelte der Infrastrukturnutzung, die aufgrund des Personalmangels bei den Stellwerken entfallen sind, konnte von der DB in der zur Verfügung stehenden Frist nicht ermittelt werden.
Frage 8:
Wie hoch waren die Strafen in den Jahren 2022, 2023 und 2024 wegen nicht erbrachter Leistungen aufgrund von Personalmangel bei den Stellwerken bzw. bei der DB InfraGo?
Antwort zu 8:
Die DB AG teilt hierzu mit, dass die Nichtbesetzung von Stellwerken in den Jahren 2022, 2023 und 2024 zu folgenden finanziellen Abzügen von der Vergütung der S-Bahn Berlin GmbH führte: 2022: 3.741 Euro
2023: 18.858 Euro
2024: 78.905 Euro.
Im Übrigen wird auf die Antwort auf Frage 7 verwiesen.
Frage 9:
Auf welchem Weg und mit welchem zeitlichen Vorlauf wurden Fahrgäste über Einschränkungen im Betriebsablauf informiert?
Antwort zu 9:
Die DB AG teilt hierzu mit:
„ Die S-Bahn Berlin GmbH informiert die Fahrgäste bei kurzfristigen Einschränkungen aufgrund von Störungen unmittelbar mit Bekanntwerden der Störungen und ihrer Auswirkungen wie folgt:
- Versand von #Verkehrsmeldungen direkt aus der Leitstelle an die Medien (z.B. Radiosender, Zeitungsredaktionen und TV)
- Auf ihrer #Internetseite sowie den bekannten Apps der Deutschen Bahn („ DB Navigator“ ), der S-Bahn Berlin, der BVG und des VBB
- In den sozialen #Medien wie z.B. via X (früher Twitter)
Auch im vorliegenden Fall informierte die S-Bahn Berlin GmbH ad hoc und umfassend über die verkehrlichen Einschränkungen.“
Frage 10:
Wann ist mit der vollständigen Inbetriebnahme des neuen elektronischen Stellwerks (ESTW) Schöneweide zu rechnen und sind hierdurch in Zukunft Störungen wie am 19. Juli verhindert?
Antwort zu 10:
Die DB AG teilt hierzu mit:
„ Im Rahmen des Projekts „ ESTW S9“ erfolgt die schrittweise Modernisierung der Stellwerkstechnik durch die Einführung elektronischer Stellwerke (ESTW) sowie die #Nachrüstung bestehender Anlagen mit dem Zugbeeinflussungssystem (#ZBS). Diese Maßnahmen dienen der Erfüllung betrieblicher Anforderungen im S-Bahn-Verkehr, insbesondere hinsichtlich sicherer Zugabstände, angemessener Fahrgeschwindigkeiten und der planmäßigen Trennung bzw. Wiedervereinigung von Zugverbänden.
Das Projekt befindet sich derzeit in der #Realisierungsphase und soll baulich bis 2028 abgeschlossen werden.“
Berlin, den 04.09.2025
In Vertretung Arne Herz
Senatsverwaltung für
Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt
www.berlin.de