Straßenverkehr: Verkehrswende für die Bundesstraße 1 in den Bezirken FriedrichshainKreuzberg, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf (II), aus Senat

07.06.2023

Frage 1:

Welche Daten liegen dem Senat hinsichtlich der #Lärmbelastung für die #Anwohnenden des Lichtenberger, Friedrichshainer, Marzahner und Hellersdorfer Abschnitts der #Bundestraße 1 (#B1) vor?

Antwort zu 1:

Für den Ballungsraum Berlin liegen strategische Lärmkarten vor, die 2022 umfassend aktualisiert wurden und im Umweltatlas abrufbar sind. Von Berliner Seite werden die folgenden Hauptlärmquellen erfasst und liegen getrennt voneinander vor:

  • für den Kraftfahrzeugverkehr das gesamte Hauptverkehrsstraßennetz,
  • das Straßenbahn- und (soweit oberirdisch verlaufend) U-Bahnnetz sowie
  • lärmrelevante Industriebetriebe und Kraftwerke.

Der vom Flughafen Berlin Brandenburg ausgehende Fluglärm wurde gemeinsam mit dem Land Brandenburg kartiert. Die Kartierung des S- und Fernbahnnetzes obliegt dem Eisenbahnbundesamt und wurde dort veröffentlicht. Für das Land Berlin wurden aus den genannten Lärmquellen zudem Gesamtlärmkarten erstellt. Die sind im Umweltatlas des Landes Berlin unter http s:/ / www.b erlin.d e/ umwelta tla s/ verkehr-la erm/ la ermb ela stung / abrufbar.

Die strategischen Lärmkarten zeigen, dass der Kfz-Verkehr eindeutig der Hauptlärmverursacher im Stadtgebiet ist. Dies gilt auch für die Bundesstraße 1 in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf  und Friedrichshain-Kreuzberg.

Frage 2:

Wie beurteilt der Senat die #Lärmemission durch den #Straßenverkehr auf der B1 in Lichtenberg, Friedrichshain, Marzahn und Hellersdorf?

Antwort zu 2:

Die Lärmbelastung, also die Lärmimmission, kann für Anwohnende mit Hilfe der genannten strategischen Lärmkarten beurteilt werden. Die Lärmbelastungen liegen in weiten Teilen des Straßenzuges oberhalb der Schwellenwerte des Lärmaktionsplans. Lärmemissionen werden durch die strategische Lärmkarte nicht abgebildet.

Frage 3:

Welche #Maßnahmen wurden seit 2017 ergriffen, um die Lärmbelastung der Anwohnenden auf dem Lichtenberger, Friedrichshainer, Marzahner und Hellersdorfer Abschnitt zu #reduzieren?

Antwort zu 3:

Dem Senat sind keine Maßnahmen an der Lärmquelle bekannt. Auch die Bezirke Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg haben auf Nachfrage mit einer Fehlanzeige geantwortet.

Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf hat wie folgt geantwortet:

„ Sofern möglich und technisch umsetzbar sind seit 2017 abschnittsweise Betonfahrbahnen in Asphaltbauweise hergestellt worden, um Lärmbelästigungen zu reduzieren.“

Für Wohngebäude an sehr lauten Straßen und Schienenwegen der BVG (soweit oberirdisch) fördert das Land Berlin den Einbau von Schallschutzfenstern im Rahmen des Berliner Schallschutzfensterprogramms 2022/ 2023. Aufgrund der hohen Lärmbelastungen sind weite Teile des Straßenzuges erfasst. Das Programm sieht eine finanzielle Förderung unter bestimmten Voraussetzungen vor, wenn Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohngebäuden dort Schallschutzfenster einbauen oder berlintypische Holzkastendoppelfenster schalltechnisch aufbereiten lassen.

Frage 4:

Welche Maßnahmen sind geplant, um die Lärmbelastung auf dem Lichtenberger, Friedrichshainer, Marzahner und Hellersdorfer Abschnitt der B1 zu reduzieren?

Antwort zu 4:

Der Senat beantwortet die Frage mit der Antwort auf Frage 5.

Die Bezirke Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg haben auf Nachfrage mit einer Fehlanzeige geantwortet.

Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf hat wie folgt geantwortet:

„ Aktuell wird seitens des Straßen- und Grünflächenamtes (SGA) der Einbau von lärmmindernden Fahrbahnoberflächen geprüft.“

Frage 5:

Wurde zur Reduktion der Lärmemission eine Anordnung von #Tempo 30 im Sinne des #Lärmaktionsplans ganztägig oder ausschließlich nachts auf dem Lichtenberger, Friedrichshainer, Marzahner und Hellersdorfer Abschnitt der B1 geprüft? Wenn ja: Wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein: Warum nicht?

Antwort zu 5:

Die o. g. Abschnitte der B1 sind Teil des Untersuchungsnetzes, welches derzeit dem #T30- Konzept nachts als Teil des Lärmaktionsplans 2024-2029 zugrunde liegt. Das Ergebnis der Prüfung steht noch aus. Das Konzept prüft, auf welchen Abschnitten des Berliner Hauptstraßennetzes eine rechtssichere Anordnung von Tempo 30 nachts möglich ist. Nach Umsetzung des T30-Konzept nachts ist vorgesehen, in einem übergreifenden Verfahren die ganztägige Tempo-30-Konzeption in Berlin weiter zu entwickeln.

Frage 6:

Welche Daten liegen dem Senat zur #Luftqualität auf dem Lichtenberger, Friedrichshainer, Marzahner und Hellersdorfer Abschnitt der B1 vor?

Antwort zu 6:

Auf dem Abschnitt der B1 zwischen Friedrichshain und Hellersdorf befindet sich am Standort Frankfurter Allee 86b ein #Messcontainer des Berliner #Luftgütemessnetzes (siehe http s:/ / luftd a ten.berlin.d e/ station/ mc174). Gemessen werden gegenwärtig die Schadstoffe Partikel (PM10, PM2,5), Stickstoffdioxid (NO 2), Stickstoffmonoxid (NO), Stickoxide (NOX), Ozon  (O 3), Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Schwermetalle (SM) aus PM10- Filterproben, elementarer und organischer Kohlenstoff (EC und OC) sowie die anorganischen Ionen Ammonium, Calcium, Kalium, Magnesium, Natrium, Chlorid, Nitrat und Sulfat aus PM10- und PM2,5-Filterproben, äquivalenter schwarzer Kohlenstoff, Benzol (CHB) und Kohlenmonoxid (CO). Des Weiteren befindet sich am Standort Alt-Friedrichsfelde 7a ein #NO 2-Passivsammler. Zuzüglich zu den Messungen wurde die verkehrsbedingte Luftbelastung (PM10, PM2,5, NO 2) mittels Modellrechnungen für die Jahre 2020 und 2025 prognostiziert und im Berliner Umweltatlas veröffentlicht1.

Frage 7:

Wie bewertet der Senat die Luftqualität entlang dem Lichtenberger, Friedrichshainer, Marzahner und Hellersdorfer Abschnitt der B1?

Antwort zu 7:

In den letzten Jahren (2019-2022) wurden an der Messstation der Frankfurter Allee Jahresmittelwerte für PM10 zwischen 22 und 24 µg/ m³, für PM2,5 zwischen 13 und 15 µg/ m³ und für NO 2 zwischen 25 und 35 µg/ m³ gemessen. Mit dem Passivsammler in der Straße Alt- Friedrichsfelde wurde im Jahr 2022 ein NO 2-Jahresmittelwert von 32 µg/ m³ bestimmt.

Die Ergebnisse der Modellrechnung für das Jahr 2020 können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden.

  AbschnittNO 2 [µg/ m³]PM10 [µg/ m³]PM2,5 [µg/ m³]
Friedrichshain22,6 – 38,822,1 – 27,814,8 – 17,2
Lichtenberg13,7 – 34,519,5 – 26,113,8 – 16,7
Marzahn-Hellersdorf12,9 – 26,019,4 – 24,213,6 – 15,8

1 http s:/ / fb inter.stad t-

b erlin.d e/ fb / ind ex.jsp ?log inkey=zoomSta rt&ma p Id =k03 _11_2luftb ela stverkehr2020@senstad t&b b ox=358789,58 01642,427173,5835892

Damit werden die gesetzlichen Grenzwerte der 39. Bundes-Immissionsschutzverordnung (39. BImSchV) für das Jahresmittel von 40 µg/ m³ für NO 2 und PM10 sowie von 25 µg/ m³ für PM2,5 eingehalten. Auch die Kurzzeitgrenzwerte (24h-Mittel für PM10 und 1h-Mittel for NO 2) werden in Berlin seit 2016 flächendeckend eingehalten. Auch alle weiteren Grenzwerte und Zielwerte der 39. BImSchV werden berlinweit eingehalten.

Frage 8:

Wie verhalten sich die dem Senat vorliegenden Werte zur Luftqualität auf dem Lichtenberger, Friedrichshainer, Marzahner und Hellersdorfer Abschnitt der B1 im Vergleich zu den Richtwerten der WHO?

Antwort zu 8:

Die von der WHO empfohlenen Richtwerte betragen im Jahresmittel 10 µg/ m³ für NO 2, 15 µg/ m³ für PM10 und 5 µg/ m³ für PM2,5. Diese Richtwerte werden auf allen Abschnitten der B1 zwischen Friedrichshain und Hellersdorf überschritten. Sogar die städtische Hintergrundbelastung abseits verkehrsreicher Hauptstraßen und die Konzentration am Stadtrand sowie in ländlichen Gebieten in Brandenburg liegt noch über den Richtwerten der WHO für die feinen Partikel PM2.5.

Frage 9:

Welche Maßnahmen will der Senat bei Überschreitung der WHO-Werte, die aller Voraussicht nach Eingang in die entsprechende EU-Richtlinie finden sollen, zügig umsetzen, um die Luftqualität entlang des Lichtenberger, Friedrichshainer, Marzahner und Hellersdorfer Abschnitts der B1 entsprechend zu verbessern?

Antwort zu 9:

Die Richtwerte der WHO haben im Gegensatz zu den rechtsverbindlichen, wissenschaftlich aber als veraltet geltenden Luftqualitätsgrenzwerten der EU nur empfehlenden Charakter. In der EU ist es daher Konsens, die Luftqualitätsgrenzwerte der EU zu überarbeiten und dabei enger an die neuen anspruchsvollen WHO-Richtwerte von 2021 anzulehnen, um bei Überschreitungen Maßnahmen für eine weitere Verbesserung der Luftqualität auszulösen.

Schärfere Grenzwerte werden aber erst ab 2026 rechtswirksam werden. Um die Zeit bis dahin für eine Senkung der Luftbelastung und der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken für die Berliner Bevölkerung zu nutzen, soll, wie bereits im Berliner Luftreinhalteplan angekündigt, eine Luftreinhaltestrategie 2030 erarbeitet werden. Darin sollen ambitionierte, an den WHO- Richtwerten angelehnte Ziele für die Verbesserung der Qualität der Berliner Luft formuliert und die zu ihrer Erreichung erforderlichen Maßnahmen entwickelt werden. Dies soll in Kooperation mit der Berliner Zivilgesellschaft und abgestimmt mit den Maßnahmen und Zielen relevanter

Planwerke, wie dem Berliner Energie- und Klimaschutzkonzept und dem Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr erfolgen.

Mit Blick auf die dabei auftretenden Herausforderungen können diese Ziele nur langfristig erreicht werden. Durch die bisherigen Erfolge im Bereich der Luftreinhaltung ist der Eigenanteil Berlins an der Luftschadstoffbelastung kleiner geworden, während der Beitrag von Quellen außerhalb der Stadt relativ gesehen zugenommen hat. Eine Annäherung an die WHO- Richtwerte ist daher nur möglich, wenn auch die städtische und großräumige

Hintergrundbelastung gesenkt wird. Die Verbesserung der Luftqualität entlang der B1 – und nicht nur dort – ist daher eine gesamtstädtische und überregionale Aufgabe, die neben dem Verkehr noch weitere relevante Quellen wie den Heizungs- oder den Baustellensektor betreffen wird.

Berlin, den 06.06.2023 In Vertretung

Britta Behrendt Senatsverwaltung für

Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt

www.berlin.de