S-Bahn-Fahrzeugmangel: Senat muss schnell entscheiden, aus IGEB-Pressedienst

Berliner S-Bahn wird wieder ausgebremst

Fahrgastverband #IGEB fordert vom Berliner Senat eine sofortige Entscheidung zur #Fahrzeugneubeschaffung

 

Nach der großen -Bahn-Krise 2009, verschuldet von der Deutschen Bahn und ihrer Tochter -Bahn Berlin GmbH, wollten alle alles besser machen. Auch der Berliner Senat. Doch beim wichtigen Thema „Beschaffung neuer #Fahrzeuge“ war der damals von SPD und LINKEN gebildete Senat zerstritten, wodurch es bei der Ausschreibung des ersten Loses für den S-Bahn-Betrieb zu jahrelangen Verzögerungen kam und die neuen Fahrzeuge nun nicht 2018, sondern – schrittweise – erst ab 2021 zur Verfügung stehen werden. Hintergrund des Streits: Die damalige Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer wollte einen landeseigenen Fahrzeugpool aufbauen und die Verkehrsleistungen und die Fahrzeugbeschaffung parallel ausschreiben. Das aber verhinderte Berlins damaliger Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.

 

Nun sind der rot-rot-grüne Senat und die parteilose Verkehrssenatorin Regine Günther dabei, die Fehler von damals zu wiederholen.

 

Im Vergabeverfahren für den S-Bahn-Betrieb ist das erste Los „Ring“ vergeben – einschließlich Beschaffung neuer Fahrzeuge. Den Zuschlag erhielt die DB-Tochter S-Bahn Berlin GmbH, allerdings zu sehr hohen „Monopolpreisen“ als Folge der auf die DB zugeschnittenen Ausschreibungsbedingungen. Jetzt steht die Ausschreibung der Lose „Stadtbahn“ und „Nord-Süd“ an. Da der Bieter bei dieser Ausschreibung Altbaufahrzeuge mitbringen darf und nur die S-Bahn Berlin GmbH über solche verfügt (Baureihe 481), ist klar, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch diese Zuschläge erhalten wird.

 

Klar ist aber auch, dass der bei der S-Bahn Berlin GmbH vorhandene Fahrzeugbestand für die wachsende Stadt und das wachsende Umland nicht ausreicht. Es müssen deshalb so schnell wie möglich zusätzliche neue Fahrzeuge beschafft werden. Sollen diese nun vom Bieter, der den Zuschlag bekommt, also mit großer Wahrscheinlichkeit von der S-Bahn Berlin GmbH, beschafft werden? Oder steigt der Senat unter Bezugnahme auf die rot-rot-grüne Koalitionsvereinbarung in das Thema „lan-deseigener Fahrzeugpool“ ein bzw. beauftragt einen Dienstleister mit der Beschaffung und stellt die neuen Fahrzeuge dann der S-Bahn Berlin GmbH zur Verfügung?

 

Für beide Varianten gibt es gute Argumente. Aber es gibt kein einziges gutes Argument, die Entscheidung weiter zu verzögern. Jede Woche Verzögerung bedeutet auch eine entsprechende Verzögerung für den Einsatz der dringend benötigten zusätzlichen Fahrzeuge. Doch die Regierungsparteien scheinen sich bisher nur auf Prüfaufträge einigen zu können.

 

Bekanntlich gibt es bei der S-Bahn schon heute Fahrzeugmangel. Den hat der jetzige rot-rot-grüne Senat nicht zu verantworten. Aber mit der fehlenden Entscheidung zur Fahrzeugneubeschaffung wird er für den Fahrzeugmangel der Zukunft zumindest mitverantwortlich sein.

 

Schlimmer noch: Statt die Entscheidung zur Fahrzeugbeschaffung jetzt schnell zu treffen, diskutieren Senat, Abgeordnete und Gewerkschafter wieder einmal über Themen, die jetzt NICHT zur Entscheidung anstehen:

 

• Soll der S-Bahn-Betrieb überhaupt ausgeschrieben werden?

Ja, denn es gibt keine Alternative. Es sei denn, ein kommunales Unternehmen wird direkt beauftragt. Aber welches?

Die S-Bahn Berlin GmbH ist kein kommunales Unternehmen. Um sie ohne Ausschreibung direkt beauftragen zu können, wäre eine 100-Prozent-Beteiligung des Landes Berlin erforderlich. Das ist illusorisch, zumal der Eigentümer Deutsche Bahn bisher jede Beteiligung abgelehnt hat.

Und das kommunale Unternehmen BVG? Sie wird wohl kaum vom Land Brandenburg akzeptiert werden. Im Übrigen hat die BVG derzeit selber so große Probleme, z.B. mit dem gravierenden Fahrzeugmangel bei der U-Bahn, dass sie auf absehbare Zeit nicht mit neuen Aufgaben belastet werden kann.

 

• Soll die Ausschreibung des S-Bahn-Netzes in Teillosen erfolgen?

Diese Frage ist mit der Ausschreibung des ersten Loses „Ring“ schon längst entschieden worden, was wettbewerbsrechtlich auch unvermeidbar war.

 

Im Übrigen sind viele Unregelmäßigkeiten und Unzulänglichkeiten im S-Bahn-Betrieb nicht Schuld des Verkehrsunternehmens S-Bahn Berlin GmbH, sondern Folgen von Infrastrukturmängeln, die die DB-Töchter Netz und Station&Service zu verantworten haben. Hier müssen die Länder Berlin und Brandenburg auch gegenüber dem Eigentümer Bund mehr Druck aufbauen.

 

Fazit:

Der Weg von der S-Bahn-Krise 2009 in „Goldene Zwanziger Jahre“ ist noch weit. Es gibt viele Baustellen, und die Gestaltungsmöglichkeiten des Berliner Senats sind begrenzt. Aber zur Behebung des Fahrzeugmangels durch Fahrzeugneubeschaffung kann und muss der Senat eine Entscheidung treffen – und zwar schnell.

 

Für die Fahrgäste ist nicht entscheidend, welche der beiden o.g. Varianten gewählt wird.

Aber nicht (schnell) zu entscheiden, wäre mit Sicherheit die falsche Variante.

 

Christfried Tschepe, Vorsitzender

Jens Wieseke, stv. Vorsitzender

Matthias Gibtner, stv. Vorsitzender