Bus + Straßenbahn: Vorrangschaltung für den ÖPNV, aus Senat

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Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:
Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis be-antworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Fragen zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) AöR und die Senatsverwaltung für Inneres und Sport (für die Polizei, zu Frage 3) um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt, dem Senat übermittelt und in den untenstehenden Antworten kenntlich gemacht wurden.
Frage 1: Wie ist der Stand bei der Einführung von Vorrangschaltungen von Lichtsignalanlagen (LSA) für den ÖPNV in Berlin?
Antwort zu 1: Antwort der BVG:
„Die Beschleunigungsmaßnahmen für die Straßen-bahn wurden im Wesentlichen im Jahr 2002 abgeschlos-sen. Im Bereich der City begann die Bearbeitung noch nicht beschleunigter Lichtsignalanlagen (LSA) im März 2002 und wurde Ende 2005 abgeschlossen. Bei Neubau-ten von LSA soll grundsätzlich die Straßenbahn bevor-rechtigt werden. Dabei kommt das bewährte System der Funkanforderung zur Anwendung.
Die Umsetzung der Beschleunigungsmaßnahmen für den Omnibus hat im Jahr 2001 begonnen und wird vo-raussichtlich bis 2020/2021 noch fortgeführt.“
Frage 2: An wie vielen Kreuzungen sind diese Schal-tungen aktiv, aufgelistet nach Bezirken?
Antwort zu 2: Antwort der BVG:
„Eine Unterscheidung nach Bezirken wird nicht ge-führt. Insgesamt befinden sich 130 Tram-, 641 Bus- und 174 Kombianlagen in Verkehrsabhängigkeitsbetrieb (VA-Betrieb) (verkehrsabhängig für den Öffentlichen Perso-nennahverkehr [ÖPNV] geschaltet).“
Frage 3: Welche Erfahrungen gibt es mit diesen Schal-tungen, sowohl von der Verkehrslenkung als auch von der Berliner Polizei in Bezug auf Wirksamkeit, Stauanfällig-keit, Unfallhäufigkeit, sonstige Probleme?
Antwort zu 3: Für eine LSA-Steuerung sind viele ver-schiedene Randbedingungen zu beachten, wobei die Ver-kehrssicherheit die oberste Priorität hat. Zudem bedürfen neben der LSA-Beeinflussung durch ÖPNV-Fahrzeuge insbesondere der Fuß- und Radverkehr besonderer Beach-tung. Die Verkehrslenkung hat die Erfahrung gemacht, dass die Steuerungen insbesondere für Anlagen mit meh-reren ÖV1-Linien sehr komplex ausfallen und intensive Planung benötigen sowie im Betrieb Überprüfungen und Nachjustierungen erfordern. Richtig justierte Steuerun-gen, bei denen die Auswirkungen der ÖPNV-Eingriffe gut in den allgemeinen Verkehrsablauf eingepasst werden konnten, zeigen eine gute Wirksamkeit ohne unnötigen Stau zu verursachen. Auf Grund der Komplexität können jedoch kleinere Störungen bereits große Auswirkungen auf die Steuerung und damit auf den Verkehrsablauf ha-ben. Auch sind Abwägungsentscheidungen zu Lasten des Autoverkehrs in Einzelfällen unvermeidbar. Orientie-rungsmaßstab sind hier die verkehrspolitischen Vorgaben des Stadtentwicklungsplans Verkehr. Da die sicherheits-technischen Parameter über die LSA immer gewährleistet werden, hat eine ÖPNV-Beeinflussung keine Auswirkun-gen auf die Unfallhäufigkeit.
Die Berliner Polizei meldet, dass Behinderungen oder Unfallhäufungen auf ÖPNV-bevorrechtigten Straßen dort statistisch nicht erfasst werden. Eine belastbare Aussage aus Sicht der Polizei ist daher nicht möglich.
Frage 4: Wie hoch ist die Anzahl der in der VLB da-mit beauftragten Mitarbeiter?
Antwort zu 4: Die ÖPNV-Beeinflussung an LSA ge-hört zum Stand der Technik und wird auch außerhalb des ÖPNV-Beschleunigungsprogramms bei LSA-Maßnah-men umgesetzt. Die Belange des ÖPNV in der LSA-Steuerung werden von jedem Verkehrsingenieur der Ver-kehrslenkung Berlin (VLB) projektabhängig und nicht themenabhängig berücksichtigt.
Frage 5: An welchen Standorten wird momentan die Einführung einer Vorrangschaltung für den ÖPNV ge-plant?
Antwort zu 5: Antwort der BVG:
„Grundsätzlich ist das Beschleunigungsprogramm bei der Straßenbahn abgeschlossen, es gibt allerdings noch immer 25 Anlagen die mit Problemen behaftet bzw. nicht in verkehrsabhängiger Steuerung laufen.
Für den Omnibus werden zurzeit die Bereiche auf den Linien
 Li. 136/236 Neuendorfer Straße / Streitstraße / Pi-chelsdorfer Straße und Nonnendammallee / Daum-straße / Am Juliusturm / Ferdinand-Friedensburg-Platz
 Li. M27 S+U Pankow / Florastraße / Wollankstra-ße / Pankstraße / Heidestraße / Perleberger Straße / Turmstraße Beusselstraße
 Li. M41Potsdamer Platz, Hallesches Tor, Zossener Brücke, Sonnenallee (Schwerpunkt zwischen Hermannplatz und S-Bhf. Sonnenallee)
beplant und bereits teilumgesetzt.“
Frage 6: Wie hoch ist die Anzahl der Verspätungen bei Straßenbahn und Bus durch fehlende Vorrangschal-tungen im Jahr 2013 und 2014?
Antwort zu 6: Antwort der BVG:
„Bei der Erfassung von Verspätungen wird pauschal nicht nach Ursachen differenziert. Bei Detailuntersuchun-gen an ausgewählten Anlagen konnten jedoch bei der Straßenbahn mehrfach Verlustzeiten bis zu 120 Sekunden ermittelt werden, beim Omnibus im Zusammenhang mit Rückstau des Individualverkehrs sogar noch darüber hinaus. Insgesamt ist zwischen 2008 und 2014 bei der Straßenbahn die Reisegeschwindigkeit von 21,5 auf 19,3 km/h und beim Bus von 19,8 auf 19,2 km/h zurückgegan-gen.“
Die vorstehend dargestellten Werte sind nach Ansicht des Senats nicht allein auf die LSA-Schaltungen zurück-zuführen. Ursächlich dafür sind auch betriebliche Gründe innerhalb der BVG (z.B. Vordereinstieg) sowie aus ande-ren Gründen erforderliche Maßnahmen im Straßenraum, die im Einzelfall auch Einschätzungen für den ÖPNV mit sich bringen (z.B. Schaffung von Radverkehrsanlagen, Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Lärmschutz- oder Verkehrssicherheitsgründen). Demzu-folge ist eine konkrete Anzahl entsprechend der Anfrage nicht ermittelbar.
Berlin, den 12. Oktober 2015
In Vertretung
C h r i s t i a n G a e b l e r
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Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Okt. 2015)