Sehr geehrter Herr Minister Vogelsänger, seit gestern ist Brandenburg um
eine Provinzposse reicher. Die Regionalbahnlinie 12 von Berlin-Lichtenberg
nach Templin über Oranienburg fährt zwar weiterhin alle Stunde, ein ein-
und aussteigen im Bahnhof Vogelsang ist den Fahrgästen jedoch nur
zweistündlich gestattet. Ihr Ministerium hat den Verkehrsverbund
beauftragt, jeden zweiten Halt im Bahnhof Vogelsang abzubestellen. Da die
Gesamtstrecke jedoch nach wie vor alle Stunde bedient wird, ergibt sich die
skurile Situation, dass zwar alle Züge am Bahnsteig in Vogelsang halten,
jedoch die Türen des eines Zuges nicht geöffnet werden. Erzürnte Fahrgäste
haben sich bei uns über diese Entscheidung Ihres Ministeriums beschwert.
Durch die Verringerung der zu bezahlenden Halte spart das Land Brandenburg
jährlich nach unseren Schätzungen 18.000 € ein. Diese enorme Summe
rechtfertigt natürlich den Schritt, erst drei Wochen vorher die
Öffentlichkeit über die Einschränkungen zu informieren und auch der
betroffenen Stadt erst auf deren Nachfrage diese Entscheidung zur Kenntnis
zu geben – oder? Diese völlig unabgestimmte und überhastete Abbestellung
des Haltes in Vogelsang hätte nicht sein müssen. Schüler aus Vogelsang, die
in Templin und an weiteren Standorten Schulen besuchen, haben nun plötzlich
eine Fahrzeitverlängerung von bis zu 1,5 Stunden. Hier hätte es zuvor
Gespräche mit der Kommune und den Betroffenen geben müssen.
Und noch einen Hinweis gaben uns verärgerte Eltern: die meisten Schüler
haben sich eine Jahreskarte gekauft. Die kostet für sie zur Fahrt nach
Templin 550 Euro im Jahr (für 11 Minuten Fahrzeit ein stolzer Preis!).
Damit steht die Nutzbarkeit der Jahreskarte in keinem Verhältnis mehr zu
den Kosten dafür. Wenn die Zahl der Fahrtmöglichkeiten jetzt quasi halbiert
wird, wäre es auch nur logisch, den Preis auf die Hälfte zu senken.
Durch diese nicht ausreichend kommunizierte Maßnahme haben Sie den
„Schwarzen Peter“ an das Zugpersonal weitergereicht. Die Eisenbahner vor
Ort, die mit dem Zug zwar am Bahnsteig anhalten, denen es jedoch verboten
ist, die Türen zu öffnen, bekommen jetzt den Ärger der Fahrgäste zu spüren.
Auch DB Station & Services als Eigentümer des Bahnsteigs ist, so
berichteten es uns Eltern aus Vogelsang, nicht untätig geblieben. Um Fakten
zu schaffen, wurden kurzerhand die Bahnsteigplatten entfernt. Somit ist der
Bahnsteig im Moment nicht nutzbar. Da dies unserer Meinung nach nicht durch
die Gesetze abgedeckt wird, haben wir uns in dieser Angelegenheit an das
Eisenbahnbundesamt gewandt.
Wir fordern Sie deshalb auf, sofort den stündlichen Halt für die RB 12
wieder zu bestellen. Jedes weitere Abwarten nährt bei vielen Bürgern vor
Ort nur die Meinung, dass der Landesregierung die berlinfernen Regionen mit
all ihren demografischen und wirtschaftlichen Problemen relativ egal sind
(Pressemeldung Deutscher Bahnkunden-Verband Landesverband
Berlin-Brandenburg e. V., 22.06.11).