Flughäfen: BER und Nachtflugverbot, aus Senat

  1. Im Land Brandenburg war ein Volksbegehren für ein striktes #Nachtflugverbot von 22 – 6 Uhr im
    Jahre 2013 erfolgreich, in Berlin scheiterte die Abstimmung nur knapp. Wie ist die Haltung des
    gegenwärtigen Senats zur Umsetzung einer #Nachtflugregelung im Sinne der beiden
    Volksbegehren?

  1. Aufgrund seiner stadtnahen Lage stellen #Nachtflüge vom #BER eine besondere Belastung für
    Brandenburger Ortschaften (u.a. Blankenfelde-Mahlow, Ludwigsfelde, Eichwalde) ebenso wie für
    Berliner Ortsteile (u.a. Bohnsdorf, Müggelheim) dar, die bereits jetzt, unter Pandemie-bedingten
    Einschränkungen des #Flugverkehrs, gravierend sind. Wird der Berliner Senat angesichts neuer
    Erkenntnisse über gesundheitliche Gefährdungen von Nachtflügen seine Haltung in dieser Frage
    grundlegend überdenken, die nicht nur eine individuelle Belastung der Gesundheit der
    Betroffenen darstellen, sondern ebenso zu finanziellen Auswirkungen auf das öffentliche
    Gesundheitswesen führen?
  2. Plant der Berliner Senat weitergehende Schritte zur Umsetzung einer #Nachtflugregelung, die über
    den gegenwärtigen Zustand hinausgehen?
    Zu 1. bis 3.: Hinsichtlich der Haltung des Senats zur Nachtflugregelung am
    Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (BER) wird auf die Beantwortung der
    Schriftlichen Anfrage Nr. 19/10603 verwiesen. Grundlage sind die Richtlinien der
    Regierungspolitik, in denen es dazu heißt: „Der Senat prüft, wie im Einvernehmen
    mit Brandenburg und dem Bund längere Lärmpausen über die bisher geltenden
    Lärmpausen von sechs Stunden hinaus erreicht und Ausnahmen von der
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    herrschenden Nachtflug-Regelung so weit wie möglich eingegrenzt werden
    können.“
  3. Einschränkungen des Flugverkehrs durch ein Nachtflugverbot haben nach verschiedenen
    Modellrechnungen entweder kaum finanzielle Nachteile (Nachtflüge haben Kosten) bzw. führen
    nach neueren internen Berechnungen der Flughafengesellschaft FBB zu einem Verlust von ca. 43
    Millionen Euro/Jahr. Ist es nicht so, dass angesichts der immensen Schulden der FBB von ca. 3,5
    Milliarden Euro die Kostenfrage eher zweitrangig ist und die gesundheitlichen Risiken für die
    Betroffenen von Nachtflügen vorrangig zu bewerten sind?
  4. Wie hoch wären die Kosten eines Nachtflugverbots gegenwärtig, d.h. während der Pandemiebedingten Einschränkungen des Flugverkehrs?
    Zu 4. und 5.: Die genannten 43 Mio. Euro sind weder dem Senat noch der FBB
    bekannt noch können sie nachvollzogen werden. Aktuell sind Starts und
    Landungen am BER zwischen 23:30 und 5:30 Uhr mit wenigen streng
    reglementierten Ausnahmen (z. B. Notlandungen, Katastrophenschutz,
    Luftpostverkehr) untersagt. Die derzeit von der FBB neu beantragte
    Entgeltordnung sieht einen noch stärkeren Anreiz für Luftverkehrsgesellschaften
    vor, jeden Flug so leise wie möglich durchzuführen. Der Anreiz, nicht nach 22:00
    Uhr zu fliegen, bleibt durch die Verdoppelung der Lärmentgelte bis 22:59 Uhr und
    die Verdreifachung zwischen 23:00 und 23:59 Uhr unverändert bestehen.
    Der Lärm- und damit der Gesundheitsschutz spielen seit Planung des BER eine
    übergeordnete Rolle. Ausgehend von den planrechtlichen Vorgaben zum
    Nachtflug berücksichtigt die luftrechtliche Betriebsgenehmigung diese
    Regelungen. Die FBB bietet bereits jetzt ein umfassendes und den Anspruch des
    Fluglärmschutzgesetzes übersteigendes Schallschutzprogramm, welches die
    Finanzierung von Schallschutzmaßnahmen für die betroffenen Anwohnerinnen
    und Anwohner sicherstellt. Eine über die bestehenden Regelungen
    hinausgehende Ausweitung des Nachtflugverbotes hätte direkte Auswirkung auf
    den Standort BER, insbesondere auf touristische Flugverbindungen und die
    Anbindung internationaler Drehkreuze. Dies wiederum würde Arbeitsplätze am
    Standort bedrohen.
    Eine genaue Kostenschätzung einer Ausweitung des Nachtflugverbots ist
    aufgrund der Vielzahl an variablen Faktoren nicht möglich. Durchschnittlich
    betrug der Anteil der Flugbewegungen in 2021 im Zeitraum 22 bis 6 Uhr im
    Vergleich zu den Gesamtflugbewegungen ca. 6-7 %. Hierin sind auch die im
    absoluten Nachtflugverbot stattfindenden Flugbewegungen enthalten. Da die
    Fluggesellschaften grundsätzlich ein wirtschaftliches Interesse daran haben,
    ankommende Flugzeuge nicht über Nacht am Standort zu parken, sondern
    schnellstmöglich erneut starten zu lassen, hätte ein ausgeweitetes
    Nachtflugverbot ebenso Auswirkungen auf die Anzahl der Flugbewegungen
    außerhalb des Nachtflugverbots. Die Fluggesellschaften würden auf bestimmte
    Verbindungen verzichten, wenn der nächste Abflug der Flugzeuge erst wieder am
    nächsten Morgen möglich wäre. Über die Starts und Landungen innerhalb von 22
    und 6 Uhr entscheidet in jedem Einzelfall die Gemeinsame Obere
    Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg (LuBB) als zuständige Behörde. Diese
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    externen Effekte sind daher vom Senat bei der Prüfung längerer Lärmpausen im
    Rahmen einer Güterabwägung mit zu berücksichtigen.
  5. Bietet die gegenwärtige Situation nicht eine Chance, das Nachflugverbot von 22 – 6 Uhr bis auf
    Weiteres durchzusetzen, da wir es derzeit mit einem ausgedünnten Flugplan zu tun haben?
    Zu 6.: Eine Verlängerung der Nachtruhe bzw. Ausweitung des Nachtflugverbotes
    würde eine Erweiterung der geltenden Betriebsbeschränkungen zu der
    bestehenden luftrechtlichen Genehmigung und damit eine Änderung der
    Genehmigung bedeuten. Die Änderung bedarf eines Antrags der FBB bei der
    Genehmigungsbehörde, der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde BerlinBrandenburg (LuBB). Eine Änderung durch die Genehmigungsbehörde von Amts
    wegen, ohne Zustimmung der FBB, ist nicht statthaft. Voraussetzung für einen
    derartigen Teilwiderruf ist eine geänderte tatsächliche Situation in den
    entsprechenden Zeiten, die die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen
    Sicherheit oder Ordnung rechtfertigen. Da es sich um eine
    Ermessensentscheidung handelt, hat die Behörde bei ihrer Entscheidung auch
    verschiedene andere Aspekte zu berücksichtigen, z.B. Betriebspflicht, Bestands-
    /Vertrauensschutz der FBB, der Luftverkehrsgesellschaften und anderer Nutzer
    sowie volkswirtschaftliche Effekte. Daher sind im Rahmen des durchzuführenden
    Verwaltungsverfahrens insbesondere auch die Luftverkehrsgesellschaften und die
    anderen Nutzer des Flughafens zu beteiligen. Mit einer weiteren Einschränkung der
    Betriebszeiten verbundene Risiken sind insbesondere Klagen auf Schadensersatz
    von Fluggesellschaften (wg. Umsatzeinbußen, Mehrkosten durch erforderlich
    werdende Revision der Planungen usw.), aber auch von Frachtdienstleistern und
    weiteren Prozesspartnern. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 4 und 5
    verwiesen.
  6. Haben Klimaziele einen Einfluss auf Entscheidungen zum Nachtflugverbot?
    Zu 7.: Klimaschutzziele spielen bei allen Entscheidungen des Senats eine wichtige
    Rolle. Die Steuerung der Klimaziele erfolgt auf Basis eines verbesserten,
    kontinuierlichen, transparenten Monitorings durch sektorale Mengensteuerung.
    Unabhängig hiervon ist es das Ziel, das Unternehmenskonzept der FBB
    nachhaltiger zu gestalten und als Ganzes an den Pariser Klimaschutzzielen
    auszurichten.
    Berlin, den 09. Februar 2022
    In Vertretung
    Barbro Dreher
    Senatsverwaltung für Finanzen

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