BVG: Sicherheitsdienste im Auftrag der BVG II, aus Senat

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1. Auf den Dienstgeländen der BVG und S-Bahn ist seit Jahren eine gesteigerte Präsenz von privaten
Sicherheitsdiensten zu beobachten. Die Mitarbeiter*innen dieser Dienste sind oft mit Reizgas,
Handschellen, Schutzwesten und Schlagstöcken ausgestattet. In Bezugnahme auf meine Schriftliche Anfrage vom 12. November 2019 (Drucksache 18/21 582): Wer stattet die Mitarbeiter*innen
mit welchen Einsatzmitteln auf welcher Rechtsgrundlage aus. Bitte alle Einsatzmittel, die eingesetzt, ausgegeben oder trainiert werden & die jeweilige Rechtsgrundlage für den Einsatz der einzelnen Einsatzmittel einzeln aufschlüsseln.
Zu 1.: Die BVG teilt mit, dass die Sicherheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter der
BVG ihre Ausrüstungsgegenstände von der Sicherheitsabteilung der BVG erhalten. Die Sicherheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die in Fremdvergabe für die
BVG tätig sind, werden in Abstimmung mit der Sicherheitsabteilung der BVG von
den Fremddienstleistern mit Ausrüstungsgegenständen ausgestattet.
Die Ausstattung enthält kein Reizgas und keine Schlagstöcke. Die Sicherheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter werden während ihrer Ausbildung und im Rahmen
von Fortbildungsmaßnahmen im Umgang mit Ausrüstungsgegenständen geschult.
Handfesseln dürfen stets nur als letztes Mittel zum Fixieren einer Person genutzt
und nur angewendet werden, wenn alle anderen Mittel unzureichend sind.
Das bei der S-Bahn Berlin eingesetzte Personal sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DB Sicherheit, die für die Durchführung von Sicherheitsdienstleistungen
zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung tätig werden. Hierfür ist ihnen die Ausübung des Hausrechts der DB AG sowie anderer Geschäftspartner, in dem Falle der S-Bahn Berlin GmbH übertragen worden. Bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermehrt Übergriffen und weiteren Gefahren ausgesetzt, wie sie beispielsweise von Tieren ausge-
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hen, die gezielt als Waffe eingesetzt werden. Da der Arbeitgeber verpflichtet ist,
den Gesundheits-bzw. Arbeitsschutz zu gewährleisten sowie das Grundrecht auf
körperliche Unversehrtheit zu beachten, ergeben sich hieraus auch Anforderungen
hinsichtlich der Verwendung der spezifischen Einsatz- bzw. Arbeitsschutzmittel,
deren rechtliche Grundlage sich aus §§ 3 ff. Arbeitsschutzgesetz, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Vorschrift 1 §§ 29f., DGUV Vorschrift 24 §
10, § 42a Abs. 2, Nr. 2f. Waffengesetz sowie § 2 Verordnung über Sicherheit und
Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der
Arbeit (PSA-Benutzungsverordnung – PSA-BV) herleitet.
Die Ausstattung, die im Dienst mitgeführt wird, umfasst OC-Spray (Pfefferspray
aus dem natürlichen Reizstoff Oleoresin Capsicum), Einsatzstock (kurz ausziehbar) und als Schutzkleidung Stich- und Schnittschutzweste sowie Sicherheitsschuhe und Einsatzhandschuhe. Nur besonders ausgebildete Einsatzteams führen auch Handfesseln mit sich.
Der Einsatz der Mittel wird bereits vor der Erstausstattung in der Ausbildung geschult. Die Fachkunde wird jährlich im Rahmen einer Wiederholungsschulung
nachgeschult, damit jederzeit gewährleistet ist, dass das Mitführen und der Einsatz handlungssicher und gesetzeskonform erfolgt. Darüber hinaus ist das eingesetzte Personal als Ersthelfer nach DGUV Information 204-006 ausgebildet. Wesentlicher Teil der Ausbildung ist aber auch die regelmäßige Durchführung von
Deeskalationstrainings, da der Schwerpunkt in der frühzeitigen Befriedung von Situationen gesehen wird und es gilt, möglichst eine Eskalation zu vermeiden.
Kommt es dennoch zu einem Einsatz, agiert das Personal im Rahmen der einschlägigen Notwehr- und Notstandsregelungen des StGB bzw. BGB.
2. In Bezugnahme auf meine Schriftliche Anfrage vom 12. November 2019 (Drucksache 18/21 582):
Wie viele Mitarbeiter*innen der BVG bzw. von Subunternehmen wurden seit 2015 von der BVG im
Sicherheitsdienst eingesetzt? Bitte konkrete Zahl der eingesetzten Mitarbeiter*innen nach Jahren
einzeln aufschlüsseln. Zudem bitte aufzeigen, ob diese direkt durch die BVG oder durch Subunternehmen & falls dies der Fall war, durch welche Subunternehmen, eingesetzt wurden.
Zu 2.: Die BVG teilt mit, dass durchschnittlich seit 2015 täglich knapp 200 interne
und externe Sicherheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter eingesetzt wurden. Gegenwärtig leisten täglich ca. 260 Kolleginnen und Kollegen Sicherheitsdienst im
Bereich der BVG. Davon sind ca. 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BVG
und ca. 160 externe Sicherheitsmitarbeiterinnen und Sicherheitsmitarbeiter der
Firma Wisag (120 Personen) und der Firma City Control (40 Personen).
3. In Bezugnahme auf meine Schriftliche Anfrage vom 12. November 2019 (Drucksache 18/21 582):
In welcher Form werden die Mitarbeiter*innen im Umgang mit den Einsatzmitteln geschult? Bitte
einen kurzen Abriss über die Ausbildungseinheiten zu den Einsatzmitteln geben. Inwiefern werden
Rechtsgrundlagen für den Einsatz der einzelnen Einsatzmittel thematisiert?
4. Wie lange ist die Ausbildung der eingesetzten Sicherheitskräfte und welche Inhalte umfasst diese?
Bitte die Ausbildungsinhalte darlegen & einen Überblick über die zeitliche Dauer der einzelnen
Ausbildungsinhalte geben.
Zu 3. und 4.: Die BVG teilt mit, dass die Ausbildungszeit der Sicherheitskräfte 16
Wochen beträgt und sich wie folgt gliedert:
 Grundausbildung in der internen Betriebsschule mit erstem Leistungsnachweis
(Dauer: 3,5 Wochen)
 Theoretische Ausbildung an der Beuth Hochschule (Dauer: 3 Wochen)
 Theoretische Ausbildung im Betrieb mit Kursen zu diversen relevanten Inhalten (u.a. Tarife- und Beförderungsbedingungen, Umgang mit Vielfalt, Englisch,
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Kundendienst, Notfallmanagement, Datenschutz) einschließlich Praxistagen
mit Begleitung der Fahrausweisprüferinnen und -prüfer (Dauer: 3,5 Wochen)
 Praktische Ausbildung (Dauer: 5 Wochen)
 Prüfungsphase (1 Woche).
5. In Bezugnahme auf meine Schriftliche Anfrage vom 12. November 2019 (Drucksache 18/21 582):
Gab es seit 2015 Anzeigen gegen BVG-Mitarbeiter*innen im Sicherheitsdienst oder Mitarbeiter*innen von Subunternehmen, welche im Auftrag der BVG als Sicherheitsdienst eingesetzt werden oder wurden betreffend ihres Verhaltens während der Arbeitszeit? Falls ja, bitte angeben, wie
viele es gab und auf Grund welches Sachverhalts diese jeweils gestellt wurden. Bitte nach Jahr
und Bezirken einzeln aufschlüsseln und den Sachverhalt anonymisiert darstellen.
Zu 5.: Die BVG hat hierzu wie bereits in der Schriftlichen Anfrage Drs. 18/21 582
folgendes mitgeteilt: „Ohne Bezugnahme auf den Ausgang der gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sicherheitsdienst der BVG sowie von Fremddienstleistern erfolgten Anzeigenerstattungen würde eine Angabe der Anzahl zu einer verzerrten Darstellung führen können. Angaben zum Ausgang der Anzeigenerstattungen liegen der BVG nicht vor.“
Seitens der Strafverfolgungsbehörden erfolgt keine statistische Erfassung von Ermittlungs- oder Strafverfahren im Sinne der Fragestellung.
6. In der Antwort auf meine Schriftliche Anfrage (Drucksache 18/21 582) wurde erläutert, dass weder
die Sicherheitskräfte der BVG, noch die durch Subunternehmen eingesetzten Sicherheitskräfte
Aufnäher oder Abzeichen tragen.
a) Ist dies zum Stand der Anfrage weiterhin der Fall?
b) Gibt es hierzu dienstrechtliche Vorschriften? Falls ja, bitte ausführen im Wortlaut. Falls nein, ist
es demnach zutreffend, dass Sicherheitskräfte dennoch keine Aufnäher oder Abzeichen tragen
dürfen, da diese nicht zur bereitgestellten Dienstkleidung & Uniform gehören? Und ist es demnach
weiterhin zutreffend, dass Sicherheitskräfte, die im Auftrag der BVG agieren & Aufnäher oder Abzeichen tragen dies eindeutig entgegen der Vorgaben der BVG tun?
Zu 6.: Die BVG teilt mit, dass die Sicherheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter der
BVG Dienstkleidung nach den Richtlinien der BVG tragen, die in einer entsprechenden Dienstkleidertrageordnung festgelegt ist. Die Sicherheitskräfte tragen neben der Aufschrift „BVG Sicherheitsdienst“ keine zusätzlichen Aufnäher oder Abzeichen. Die Sicherheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter der WISAG tragen die
Dienstkleidung der Firma WISAG. Diese ist mit der BVG Sicherheitsabteilung abgestimmt und trägt die Aufschrift „Sicherheitsdienst im Auftrag der BVG“. Auch
diese Sicherheitskräfte tragen keine zusätzlichen Aufnäher oder Abzeichen.
7. Ist mit der Hausordnung, auf die in meiner Schriftlichen Anfrage (Drucksache 18/21 582) verwiesen
wird, die Nutzungsordnung gemeint oder gibt es eine separate Hausordnung? Bitte die Hausordnung/Nutzungsordnung/rechtlichen Grundlagen, auf die sich das Hausrecht bezieht, darlegen & mit
Quellen versehen.
Zu 7.: Die BVG teilt mit, dass die „alte Hausordnung“ in Nutzungsordnung umbenannt wurde und seit Mai 2020 im Internet unter
https://www.bvg.de/de/Serviceseiten/Hausordnung verfügbar ist.
8. Am 24. Mai gegen 23:20 Uhr kam es am U-Bahnhof Osloer Straße im Wedding am Bahnsteig der
U8 zu einem Vorfall, bei dem eine Person durch 4 Sicherheitskräfte der WISAG gewaltsam zu Boden gedrückt & festgehalten wurde.
a) Bitte den Sachverhalt und das Geschehen am U-Bahnhof schildern.
b) Auf welcher Rechtsgrundlage wurde die Person festgehalten?
c) Wenn das Festhalten der Durchsetzung des Hausrechts dienen sollte, welcher Verstoß gegen
das Hausrecht wird der Person vorgeworfen?
d) Wurde die Polizei durch die Mitarbeiter*innen der WISAG verständigt? Falls nein, warum nicht?
e) Warum musste durch WISAG-Mitarbeiter*innen, die schlicht zur Durchsetzung des Hausrechts
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eingesetzt werden, körperliche Gewalt angewendet werden?
f) Teilt der Senat grundsätzlich die Auffassung, dass es bei einem Kräfteverhältnis von 4 Sicherheitsmitarbeiter*innen zu einer Person, die scheinbar am Ort gehalten werden sollte, weitere &
verhältnismäßigere Möglichkeiten als gewaltsames zu Boden drücken gibt, um eben dieses Ziel zu
erfüllen?
9. Eine Person, die beim Geschehen anwesend war, hat den Vorfall gefilmt. Eine Mitarbeiterin der
WISAG kam auf diese zu und drohte dieser mit einer Anzeige (Wortlaut: „Möchten Sie eine Anzeige haben?“). Auf welcher Rechtsgrundlage beruhte diese Androhung der WISAG-Mitarbeiterin?
Ein weiterer Mitarbeiter der WISAG wies die filmende Person an, die Kamera wegzunehmen. Auf
welcher Rechtsgrundlage handeln Mitarbeiter*innen der WISAG, wenn sie als im Auftrag der BVG
Handelnde untersagen, Vorfälle wie diesen zu dokumentieren?
10.Falls das Handeln der eingesetzten Sicherheitskräfte der WISAG nicht im Sinne der BVG war und
diese insofern ihre Befugnisse überschritten, gab es dienstrechtliche Konsequenzen für die beteiligten Mitarbeiter*innen? Falls ja, welche waren das? Falls nein, bitte darstellen, warum dieses
Vorgehen gänzlich im Sinne der BVG war.
Zu 8., 9. und 10.: Die BVG teilt mit, dass es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Dazu können derzeit noch keine Aussagen getroffen werden.
11 Im Tweet der BVG (@BVG_Kampagne) vom 28.5.2020 heißt es im Wortlaut: „Wir nehmen das
Video sehr ernst und gehen der Sache nach.“ a) Welche Konsequenzen hat es, dass das Video
von der BVG ernst genommen wird & was bedeutet dies konkret? Bitte ausführlich darlegen. b)
Was hat das im Tweet angekündigte Nachgehen ergeben? In welcher Form fand das Nachgehen
statt, durch wen geschah es & was wurde hierbei unternommen? Bitte detailliert darlegen.
Zu 11.: Die BVG teilt mit, dass Recherchen in der zuständigen Sicherheitsabteilung bzw. durch die betroffenen Firmen durchgeführt wurden. Unmittelbar nach
dem Vorfall wurde eine längere Videosequenz gesichert und auch der Polizei
übergeben. Auf dieser ist der Vorgang dokumentiert.
Berlin, den 19.Juni 2020
In Vertretung
Barbro D r e h e r
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Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe