S-Bahn: Land zahlt zwei Milliarden zu viel an die S-Bahn

http://www.lok-report.de/news/news_woche_dienstag.html „Wir sind dankbar, dass die Länder Berlin und Brandenburg den Mut gehabt haben, die Verkehrsverträge mit der S-Bahn GmbH zu veröffentlichen“ sagte Wolfgang Meyer, Präsident von mofair, des Verbandes der privaten Verkehrsunternehmen, „zeigen sie doch deutlich, wie sehr die Länder über den Tisch gezogen worden sind.“ Die Länder Berlin und Brandenburg haben für die Jahre 2003 bis 2017 einen Verkehrsvertrag ohne Ausschreibung direkt an die S-Bahn Berlin GmbH, einer 100%igen Tochter der Deutschen Bahn vergeben. Allerdings gab es zu dem damaligen Zeitpunkt kaum andere Anbieter. Im Jahre 2010 wurde zu diesem Vertrag ein Änderungsvertrag abgeschlossen, in dem bessere Qualitätsstandards und höhere Vertragstrafen vereinbart wurden. In einem weiteren Vertrag wurden 2008 Mehrleistungen vornehmlich zur Anbindung des neuen Flughafens verabredet. Nach dem Ursprungsvertrag zahlen die Länder pro Zugkm einen Zuschuss von 7,27 €, der jährlich erhöht wird und 2011 bereits bei 8,29 € lag. Bis 2017 steigt er auf 9,14 €. Insgesamt sind in dem Vertrag Zahlungen der öffentlichen Hand von rd. 297 Mio. € für 2011 und 301 Mio. € für 2012 vereinbart. Für 2010 waren 291 Mio. € und für 2009 286 Mio. €. Neben dem Zuschuss der Länder erhält die S-Bahn GmbH die Einnahmen aus Ticketverkäufen entsprechend des Einnahmeaufteilungsvertrages mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg. Die Fahrgeldeinnahmen haben laut Geschäftsbericht 2010 im Jahr 2009 rd. 314 Mio. € betragen. Bei einem Verkehrsvolumen von 32,368 Mio. Zugkm liegen die Einnahmen der S-Bahn Berlin GmbH damit bei mehr als 18 € pro Zugkm. Davon zahlen die Länder bis zu 9 Euro je Zugkm. In Wettbewerbsverfahren können die Aufgabenträger die Höhe ihrer Zuschüsse auf 5 Euro und häufig sogar deutlich weniger beschränken. Die Länder zahlen der S-Bahn also mindestens 4 € pro Zugkm zu viel. Das sind auf das Jahr gerechnet ca. 130 Mio. €, die die Länder für andere Aufgaben oder Mehrleistungen im ÖPNV oder SPNV hätten ausgeben können. Über die gesamte Laufzeit des Vertrages kommt so ein Betrag ca. 2 Mrd. € zusammen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie sehr die Beihilfebeschwerde der Fraktion Bündnis90/Die Grünen des Abgeordnetenhauses bei der EU-Kommission gerechtfertigt ist. Vielleicht wären die Ausgaben noch zu verschmerzen gewesen, wenn die S-Bahn Berlin GmbH wenigstens die vereinbarten Verkehrsleistungen entsprechend zuverlässig und qualitativ hochwertig erbracht hätte. Das war, wie die S-Bahn Berlin GmbH selbst einräumt, nicht der Fall. Es gab nicht nur erhebliche technische und qualitative Mängel. Darüber hinaus erlaubte der Vertrag es der S-Bahn GmbH, die eingesetzte Wagenanzahl nach ihren Vorstellungen zu vermindern. Auf diese Situation hatten sich die Länder nicht ausreichend vorbereitet. Wenn Vertragspartner ihre Leistungen nicht erfüllen, werden üblicherweise Vertragsstrafen fällig. Zwar gibt es im S-Bahn-Vertrag Vertragsstrafen, die aber sehr gering ausfallen und auf maximal 5% der Zuschusssumme, also rd. 12,0 Mio. €, begrenzt sind. Die nachhaltig völlig unzureichende Vertragserfüllung zwang die S-Bahn GmbH allerdings, Forderungen der Länder nachzugeben, die sich im Änderungsvertrag niederschlagen. Die Vertragstrafen wurden deutlich erhöht und die geforderten Qualitätsstandards angehoben. Wenn nun eine Teilausschreibung durchgeführt wird, werden das erste Mal Wettbewerbspreise für die Höhe der Zuschüsse erzielt. Diese müssen auch die Basis sein für die Verhandlungen mit der S-Bahn Berlin für solche S-Bahn-Verkehre, die aus technischen Gründen möglicherweise vielleicht noch nicht sofort ausgeschrieben werden können. Völlig unverständlich ist es vor diesem Hintergrund, privaten Verkehrsunternehmen Gewinnstreben und mangelnde Leistungsbereitschaft vorzuwerfen, wie es z.B. der von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft dominierte S-Bahn-Tisch tut, und deswegen eine Ausschreibung abzulehnen. Dem S-Bahn-Tisch und anderen gilt die Deutsche Bahn als selbstloses Unternehmen, das nichts als das öffentliche Wohl im Auge hat. Die unbestreitbaren Tatsachen sprechen eine andere Sprache (Pressemitteilung mofair e.V., 13.03.12).

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