Cottbus + Straßenbahn: Zur Zukunft der Cottbusser Straßenbahn

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Sehr geehrte Damen und Herren,

auf Grund der schwierigen finanziellen Lage der Stadt Cottbus hat die Stadtverwaltung ein Gutachten in Auftrag gegeben, wie auch der Nahverkehrsbereich durch weitere Einsparungen einen Teil zur Stabilisierung des Stadthaushaltes beitragen kann. Der „Verkehrsentwicklungsplan 2020“ zeigt keine Lösungen auf, sondern behandelt nur den Einstieg in den Ausstieg des Straßenbahnverkehrs. Er verdient deshalb diesen Namen nicht.

Das veröffentlichte Gutachten der Beratungsfirma PTV zeigt auf, wie durch die Umstellung des Straßenbahnbetriebes auf Busbedienung nach Rückzahlung von Fördergeldern tatsächlich mehrere Millionen Euro eingespart werden könnten.

Mit diesem Offenen Brief appellieren wir an Sie, durch Ihr Votum das Sterben der Cottbusser Straßenbahn zu verhindern. Lassen Sie nicht zu, dass das Rückgrat des Cottbusser Nahverkehrs kurzsichtigen und angeblich vorhandenen Einsparpotentialen geopfert wird. Der durch eine Einstellung angerichtete Schaden wird um ein Vielfaches höher sein. Wir bitten Sie folgende Punkte bei Ihrer Entscheidung zu bedenken:

1.Cottbus stellt seinen Straßenbahnbetrieb ein?
Was für ein verheerendes Zeichen!

Zahlreiche Kommunen in Ostdeutschland haben mit anhaltendem Bevölkerungsrückgang zu kämpfen. Dennoch wird von der Kommunal- und Landespolitik immer wieder betont, dass keine Stadt aufgegeben wird. Es soll alles versucht werden, um die Bevölkerung zu halten. Was passiert in Cottbus, wieso ist die Cottbusser Stadtverwaltung bereit, ein intaktes und attraktives Verkehrssystem aufzugeben? Wenn es heute nur aus finanziellen Erwägungen die Straßenbahn ist, dann ist es morgen das Staatstheater!

Die komplette Einstellung des Straßenbahnverkehrs wäre ein falsches Signal für die Cottbusser und für die gesamte Öffentlichkeit, welche Mittel die Stadtpolitik ergreift, um auf den Bevölkerungsverlust zu reagieren.

2.Das Gutachten ist einseitig.

Naheliegende Varianten wurden offenbar nicht untersucht. Denkbar wären unserer Meinung die Umstellung auf Busbetrieb des Astes nach Schmellwitz Anger und eine neue Erschließung der Brandenburgischen Technischen Universität durch die Straßenbahn.

3.Die Annahmen im Gutachten stimmen nicht mit offiziellen Prognosen überein.

Das PTV-Gutachten geht von 87.300 Einwohnern im Jahre 2020 aus. Die Brandenburger Landesregierung hingegen nennt als Prognose für 2020 89.620 Einwohner (Quelle: Landesamt für Bauen und Verkehr, Dezernat Raumbeobachtung: „Bevölkerungsvorausschätzung 2007 bis 2030 für die Ämter und amtsfreien Gemeinden des Landes Brandenburg“, Anlage 3, Blatt 1). Immerhin über 2.300 Einwohner Differenz.

Auch der weitere Bevölkerungsrückgang lässt sich nicht eindeutig nachvollziehen. Es wäre gut, wenn sich der Abriß von Wohnbebauung auch am vorhandenen und leistungsfähigen Netz öffentlicher Nahverkehrsmittel orientieren würde.

Im Vergleich des Istzustandes mit dem Szenario „Bus ohne Tram“ sollen im Ergebnis 26 Bahnen durch nur 19 Busse ersetzt werden. Wie der Gutachter zu dieser Differenz kommt, bleibt im Dunkeln.

Nähere Angaben zu allen anderen untersuchten 11 Varianten wurden nicht veröffentlicht. Wie sehen diese aus? Das veröffentlichte Gutachten enthält lediglich das Ausstiegsszenario.

4.Straßenbahnverkehr ist Umweltschutz

Wie sollen Feinstaub- und CO2-Emmissionen aus der Cottbusser Innenstadt zurückgedrängt werden, wenn statt der umweltfreundlichen Straßenbahn nun Dieselbusse fahren?

5. Die Einstellung des Straßenbahnverkehrs löst keines der Probleme!

Im „Nullszenario“ – also der kompletten Einstellung des Straßenbahnverkehrs – sind fast 38 Millionen Euro Fördermittel zurückzuahlen. Woher soll Cottbus dieses Geld nehmen? Der Hinweis auf mögliche Verhandlungen mit dem Land und dem Ziel, diese Rückzahlungen abzuwenden, sind unverantwortlich und unrealistisch.

Die Übernahme des Straßenbahnverkehrs durch den Stadtbus verursacht Kosten, die im Gutachten nirgendwo auftauchen. Beispielsweise müssen die Straßenabschnitte, auf denen dann die Stadtbusse fahren, häufiger erneuert werden.

Auch die Kosten für den Rückbau der Gleisanlagen und den Umbau der Werkstatt verursachen Kosten von 36,04 Millionen Euro. Woher soll das Geld kommen?

Wir bitten Sie, diese Argumente in Ihrer Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Ein leichtfertiges Aufgeben der Straßenbahn löst kein Problem. Im Gegenteil. Es wird ein verheerendes Zeichen gesetzt, dass Politik doch Städte und deren Bevölkerung aufgibt. Solange nicht geklärt ist, woher das Geld für den Rückbau und die Rückzahlung der Fördermittel kommt, halten wir eine Stilllegung außerdem für unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlern.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Böhnke Karsten Müller Olaf Bade

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