19.03.2023
In einem visionären Arbeitspapier für die Koalitionsverhandlungen der CDU mit der SPD in Berlin schlägt die BVG vor, alle U-Bahn-Strecken zu verlängern und eine neue Ringlinie zu bauen – noch größer als der Berliner S-Bahn-Ring. Kosten werden nicht genannt. Aber nimmt man die Erfahrungswerte der letzten Jahre zum Maßstab, werden es (ohne Berücksichtigung von Preissteigerungen) 40 bis 50 Milliarden Euro sein – also ein halber Wums.
Damit die U-Bahn-Fans aber nicht zu früh jubeln, lässt die BVG erkennen, dass es sich um einen Aprilscherz handelt, denn die neue Ringlinie heißt U0. Das Ganze ist also eine echte Nullnummer.
Doch bekannt wurden die visionären Ideen der BVG schon am 18. März. Also doch kein Aprilscherz?
Dass die BVG Milliarden benötigt, um Infrastruktur und Fahrzeuge zu modernisieren bzw. auszubauen, ist unstrittig. Bus, Straßenbahn und U-Bahn sind häufig überlastet, verspätet und leider allzu oft kein wirklich guter Grund, das Auto stehen zu lassen. Deshalb muss dringend in die BVG investiert und das Verkehrsangebot ausgebaut werden. Ohne attraktiven öffentlichen Nahverkehr sind die Ziele von Klimaschutz und Verkehrswende in Berlin nicht zu erreichen.
Es beschädigt aber das Ansehen der vielen qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BVG, wenn die BVG vor diesem Hintergrund 171 km neue U-Bahn-Strecken vorschlägt. Das ist angesichts eines in einem Zeitraum von über 120 Jahren aufgebauten und heute oft sanierungsbedürftigen Bestandes von rund 150 km U-Bahn-Strecken ein nicht nur unrealistisches und größenwahnsinniges, sondern vor allem auch unsinniges Projekt.
Vielleicht wollte die BVG ja auch nur mit einer Mischung aus verfrühtem Aprilscherz und Provokation auf ihre Probleme aufmerksam machen. Das ist ihr gelungen – aber um den Preis ihres Ansehens.
Christfried Tschepe, Vorsitzender
Jens Wieseke, stv. Vorsitzender
Matthias Gibtner, stv. Vorsitzender