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Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Hartmut Mehdorn, hat am 15.12.06 einen Brief an den Bundestagsabgeordneten Klaas Hübner, Mitglied des Haushaltsausschusses, geschrieben. Dieser Brief hat folgenden Wortlaut:
„Sehr geehrter Herr Hübner, der heutigen Presse konnten wir entnehmen, dass sich der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags aufgrund eines von Ihnen gestellten Antrags mit den Kosten des Daches des Berliner Hauptbahnhofs befassen soll. In den letzten Wochen ist zu diesem Thema sehr kritisch, aber leider auch oft unrichtig berichtet worden. Wir möchten Sie über die Sachlage und die Hintergründe der Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Neubau des Berliner Hauptbahnhofs informieren.
Die Errichtung des Berliner Hauptbahnhofs wurde im Jahr 1992 als Teil des Bundesverkehrswegeplans vom Deutschen Bundestag beschlossen. In der damaligen Finanzierungsvereinbarung wurde von Baukosten in Höhe von rund 700 Millionen Euro ausgegangen. Der Berliner Hauptbahnhof sollte ursprünglich bis zum Jahr 2000 fertig gestellt sein. Ich habe nach meinem Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender der DB AG den Bahnhof im Jahr 2000 übernommen und eine detaillierte Bestandsaufnahme des Projektes durchführen lassen. Deren Ergebnis brachte erhebliche Fehlentwicklungen bei den laufenden Kosten und eine Zeitverzögerung in der Bauausführung zutage, die zu einer Fertigstellung im Jahr 2008 geführt hätte. Bereits damals zeigte sich, dass bei einer vollständigen Umsetzung des Planes von Herrn von Gerkan der Bahnhof deutlich teurer und später fertig gestellt worden wäre.
Wir haben es deshalb für unsere Aufgabe als Vorstand gehalten, sowohl die Kosten als auch den Fertigstellungstermin so nachzusteuern, dass wir den Bahnhof auf jeden Fall zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Betrieb nehmen können. Es bestand nach vielen Besprechungen mit Bauunternehmen, Architekten und Statikern mit allen Beteiligten Einigkeit, dass dieses Ziel oberste Priorität haben musste. Im Nachhinein war dies eine richtige Entscheidung, wie die reibungslose Abwicklung der immensen Verkehre über den rechtzeitig fertig gestellten Verkehrsknoten Berlin bewiesen hat. Ohne eine Verkürzung des Daches wäre dies nicht möglich gewesen. Als aktienrechtlich geführtes Wirtschaftsunternehmen, welches zu 100 Prozent im Bundesbesitz ist, ist der Vorstand verpflichtet, auskömmlich zu wirtschaften und vermeidbare Mehrkosten zu verhindern.
Allein die Verlängerung der Bauzeit um ein Jahr hätte einen wirtschaftlichen Schaden von rund 100 Millionen Euro bedeutet. Vorgesehene Luxusausstattungen wie Designerleuchten, Parkettfußböden, Kassettendecke usw. wurden – wie vieles andere auch – kritisch hinterfragt und angepasst. Auch das Bahnhofsdach wäre in der ursprünglich geplanten Länge in der in Frage kommenden Zeit nicht mehr realisierbar gewesen. Die Inbetriebnahme zur Fußball-Weltmeisterschaft hatte Vorrang.
Die Verträge der DB AG mit Architekten und Baufirmen sehen in solchen Fällen auch entsprechende Änderungsmöglichkeiten zur Sicherung von Terminen und Kosten vor. So hat Herr von Gerkan die Anpassungen entgegen seinen heutigen Einlassungen mitgetragen, in dem er die Dachverkürzung selbst geplant hat.
Der Bahnhof ist dennoch um einen dreistelligen Millionenbetrag teurer geworden als geplant. Allein dies hatte zur Folge, dass die Mittel, die als Mehraufwendungen in den Hauptbahnhof geflossen sind, nicht mehr für andere Bahnhöfe in Deutschland zur Verfügung stehen können.
Auch die jetzt von einem Gerichtsurteil in erster Instanz verfügte Veränderung der Flachdecke im Untergeschoss des Bahnhofs in eine Kassettendecke würde wiederum zu Kürzungen bei anderen, dringenden Bahnhofsvorhaben in Deutschland führen. Dafür werden wir die Verantwortung nicht übernehmen und das Gerichtsurteil bis in die letzte Instanz anfechten.
Wir möchten Sie ebenfalls darüber informieren, dass die Bundesfinanzierung des vom Bund beschlossenen Berliner Hauptbahnhofs für den Ausbau und die Dächer mit einer Obergrenze versehen ist. Alle darüber hinausgehenden Mehrkosten sind, unabhängig von Ihrer Ursache, durch die Bahn selbst zu finanzieren. Wir werden unsererseits alles dafür tun, damit der sehr schöne, aber zu teure Hauptbahnhof nicht weitere Mittel verzehrt, die an anderer Stelle dringend benötigt werden. Dies kann im Einzelfall auch dazu führen, dass die Wunschvorstellungen eines Architekten hinter wirtschaftlichen Zwängen zurückstehen müssen.
Als Mitglied des Haushaltsausschusses werden Sie unsere Bemühungen, auskömmlich zu wirtschaften und Kosten einzusparen, schätzen. Wir bemühen uns darum, dass eine ausgewogene Verwendung unserer Mittel in Deutschland sichergestellt wird. Ich bitte Sie in diesem Sinne um Ihre Unterstützung.“ (Pressemeldung Deutsche Bahn, 16.12.06).