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Handeln+statt+zusehen
Sie haben das sicher auch schon mal erlebt. Die Schule ist aus und die Kinder stürmen den nächsten Bus. Dort wird dann nach dem langen Stillsitzen mehr oder weniger lautstark getobt. Die Jugendlichen rempeln sich gegenseitig an, belästigen vielleicht sogar andere Fahrgäste. Eine unangenehme Situation für die Mitfahrer und erst recht für den Busfahrer.
Schüler machen einen wesentlichen Anteil unseres Kundenstammes aus, weil sie weitestgehend auf den Öffentlichen Personennahverkehr angewiesen sind. Sie sind letztlich auch unsere potentiellen Kunden der Zukunft. Unter diesem Blickwinkel erhält der Begriff „Kundenbindung“ eine besondere Bedeutung: wenn Schüler heute ihre Fahrten als angenehm und stressfrei empfinden, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich auch als Erwachsene für den ÖPNV entscheiden.
Das ist die positive Seite. Die negative: Schüler, insbesondere wenn sie in Gruppen auftreten, können in unseren Bussen und Bahnen aber auch eine besondere Problemgruppe darstellen. Die Verkehrsbetriebe müssen nämlich jährlich bundesweit mehr als 100 Millionen Euro zum Beseitigen von Vandalismusschäden aufwenden, die zu einem großen Teil von Schülern verursacht werden. Darüber hinaus machen die zunehmende Aggressivität und Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft auch vor unseren Verkehrsmitteln nicht halt. Auch hier sind Jugendliche auf dem Weg zur Schule oft Verursacher und Betroffene und erschweren sich selbst, den anderen Fahrgästen und dem Busfahrer eine reibungslose und angenehme Beförderung.
Diese Situation wollen wir nicht hinnehmen, sondern uns diesen Problemen gemeinsam und engagiert stellen. Deshalb haben sich die BVG, die Polizei und die Schulen zu dem gemeinsamen Pilotprojekt „BVG-Schülerbegleiter“ zusammengetan. Ähnlich wie Schülerlotsen, die für die Sicherheit auf dem Schulweg sorgen, sollen künftig speziell ausgebildete Schüler dazu beitragen, dass es in den Bussen der BVG ruhiger und damit stressfreier zugeht. Die ausgesuchten Schüler greifen bei Bedarf ein, koordinieren beim Ein- und Aussteigen und sind gleichzeitig (neben dem Busfahrer) Ansprechpartner für die Schüler bei Problemen. Sie sorgen auch für mehr Sicherheit, indem sie die Kinder und Jugendliche im Bus und Haltestellenbereich vor aggressiven Mitschülern schützen.
Um ihren ehrenamtlichen „Job“ optimal ausüben zu können, durchlaufen die Schüler eine entsprechende Ausbildung, die sie befähigt, in Konflikt- und Krisensituationen angemessen reagieren zu können. Mittels eingeübter Handlungsabläufe sollen sie deeskalierend einwirken und gewaltfrei Hilfe leisten können.
Insgesamt zirka 50 Schüler der Reinickendorfer Max-Beckmann-, der Johannes-Lindhorst- und der Max-Eyth-Oberschule werden die Ausbildung durchlaufen.
Das Schulungsprojekt hat die folgenden Ziele formuliert:
* Die Schülerbegleiter lernen problematische Situationen rechtzeitig zu erkennen.
* Sie sind aufgrund der Ausbildung in der Lage, Verantwortung zu übernehmen.
* Sie lernen im Team problematische Situationen zu lösen.
* Sie lernen eigenverantwortlich vor Ort zu handeln.
Die Ausbildung besteht aus zwei Blöcken. Die Polizei wird in zirka 20 Stunden theoretische und praktische Kenntnisse zum Umgang mit Konfliktsituationen vermitteln. Und die Mitarbeiter im Ausbildungszentrum (der Fahrschule des Unternehmensbereiches Omnibus), machen die Schüler in zirka 40 Stunden mit den wesentlichen Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren vertraut, die bei der Personenbeförderung von Bedeutung sind. Dazu gehören die Themenkomplexe:
* Die BVG als Verkehrsunternehmen.
* Das Arbeitsfeld des Busfahrers.
* Die Kundensituation.
Im Laufe der Ausbildung fahren die Schüler mehrmals mit einem Trainer auf ausgesuchten Linien der BVG mit. Nach der Ausbildung erhalten die Schüler eine weitere intensive Begleitung mit entsprechendem Feedback. Darüber hinaus wird ihnen auf dem Betriebshof Müllerstraße ein Ansprechpartner der BVG kontinuierlich zur Verfügung stehen.
Das Pilotprojekt, das zunächst auf 1 Jahr begrenzt ist startete am 19. August 2002. Die 12-16jährigen Schüler werden als Schülerbegleiter grundsätzlich nur dann auftreten, wenn sie mindestens zu zweit unterwegs sind. Sie begleiten im Rahmen des Schulbesuches nur die Fahrzeuge, die sie gemeinsam für ihre Hin- oder Rückfahrt nutzen und sind schon von weitem durch ihre „Dienstkleidung“ (Weste, Poloshirt und Basecap) zu erkennen.
Sie werden an jedem Schultag zwischen 7.30 Uhr und 8.30 Uhr bzw. zwischen 12.30 Uhr und 13.30 Uhr auf den Bussen der Linien, 121, 122, 222, 321, X21 und X 33 unterwegs sein.
Wir hoffen, dass dieses Projekt „Schule macht“, denn alle daran Beteiligten werden dabei gewinnen: die Schüler selbst, die anderen Fahrgäste und auch unsere Busfahrer, die durch ihre neuen Ansprechpartner Unterstützung und Entlastung erfahren sollen.
Nicht zuletzt leistet diese Projekt auch einen Beitrag dazu, bedenklichen gesamtgesellschaftlichen Tendenzen aktiv entgegenzuwirken.
Datum: 20.06.2002