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BERLIN. Es ist kurz nach acht Uhr morgens, Linie 8, Rathaus Reinickendorf,
ein Palast ist das hier, verglichen mit dem Toilettenlook der im Süden
gelegenen U-Bahnhöfe. Ulrike Günther steigt ein, zweiter Wagen,
Fensterplatz, Blick gegen die Fahrtrichtung. Wie immer auf dem Hinweg. „So
bin ich gedanklich länger im Bett“, sagt sie und lächelt müde – so kraftlos
wie die Frühlingssonne hinter der Wolkendecke, die sie oben zurückgelassen
hat. Dann schaut sie noch einmal zum Bahnsteig. Der gedankliche Abschied
beginnt. Rote Lampen blinken. Gelbe Türen zischen. Zug Richtung
Hermannstraße!
Am Rosenthaler Platz, elf Stationen später, wird Ulrike Günther die U-Bahn
verlassen, um zu ihrem Büro zu gelangen. Auf den Weg wird sie sich schnell
noch einen Kaffee holen. Mit Zucker. Ohne Milch. Und hoffentlich aufwachen,
wie sie sagt.
Es sind elf Stationen, die der Einzelhandelskauffrau genügen, um ein paar
Dinge loszuwerden. Über die U8, die sie seit etwa zehn Jahren nutzt. „Im
Norden ist es ruhig, in der Mitte hip, aber im Süden“, sagt sie, und sucht
eine Weile nach dem passenden Wort, „da ist es …