Tarife: Fahrgastverband IGEB kritisiert die Erhöhung der VBB-Tarife

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Eine Tariferhöhung ist nie populär. Aber die zum 1. Januar 2011 erfolgende Anhebung der meisten Fahrpreise im VBB-Tarif für Berlin und Brandenburg stößt auf so viel Unverständnis wie selten zuvor, denn die Berliner S-Bahn (und das betrifft auch viele Brandenburger Fahrgäste) sowie der BVG-Busverkehr erbringen nicht die vertraglich vereinbarten Verkehrsleistungen. Das war auch schon vor dem heftigen Wintereinbruch der Fall und ist zu einem großen Teil auf Mängel zurückzuführen, die die Politik mit ihren Sparvorgaben und die Verkehrsunternehmen selbst zu verantworten haben.
Aber unabhängig davon, wie viele der aktuell ausfallenden oder verspäteten Fahrten bei Bahnen und Bussen in Berlin und Brandenburg auf vermeidbare Fehler und wie viele das extreme Winterwetter zurückzuführen sind, ist es eine Zumutung für die Fahrgäste, in einer solchen Krisensituation die Fahrpreise anzuheben. Der Berliner Fahrgastverband IGEB kritisiert dafür nicht nur die Verkehrsunternehmen, sondern auch die Landesregierungen in Berlin und Brandenburg, die diese Zumutung mit zu verantworten haben.
Schon vor der im Juni beschlossenen Fahrpreiserhöhung im VBB-Tarif hatte der Berliner Fahrgastverband IGEB gegen diese Absicht heftig protestiert. Die damals genannten Gründe haben durch die zwischenzeitliche Entwicklung noch an Bedeutung gewonnen.
Strukturelle Mängel und Ungereimtheiten im VBB-Tarif werden nicht beseitigt, sondern zum Teil noch verschlimmert. Lange Zeit wurde in Aussicht gestellt, dass bei der nächsten Tariferhöhung die Stammkunden, also die Zeitkartenkäufer, verschont werden. Sie waren bei den letzten Tariferhöhungen überdurchschnittlich belastet worden, so dass man in Berlin mehr Einzelfahrkarten kaufen kann, bevor sich eine Monatskarte lohnt, als in jedem anderen deutschen Verbundgebiet. Doch nun werden die Zeitkarten auch 2011 wieder teurer.
Ein besonders eklatantes Beispiel: Die Monatskarte für Berlin (AB) wird von 72 auf 74 Euro verteuert (+2,8%). Der Preis für den Einzelfahrschein beim Kauf einer 4-Fahrten-Karte wird von 2,00 auf 2,05 Euro erhöht (+2,5 %). Das ist also eine geringere Erhöhung als bei der Monatskarte und zementiert das Missverhältnis zwischen beiden Tarifen. Erst, wenn ein Fahrgast im Monat mindestens 37 einzelne Fahrten zu 2,05 Euro macht, lohnt sich der Kauf einer Monatskarte für 74 Euro. Das ist ein deutschlandweiter Negativrekord (s. Tabelle http://www.igeb.org/pressedienst/files/igebpresse_20101229.pdf ) und steht dem Ziel, durch günstige „Flatrate-Tarife“ Kunden zu binden, entgegen. Ärgerlich und nicht vermittelbar ist die Tariferhöhung 2011 auch deshalb, weil die letzten drei Jahre gezeigt haben, dass S-Bahn und BVG ihre Fahrgeldeinnahmen auch ohne Tariferhöhungen steigern können: allein durch Fahrgastzuwachs.
Die Preisstabilität hat sich positiv auf die wirtschaftliche Situation der Verkehrsunternehmen ausgewirkt und – trotz verschlechtertem S-Bahn-Angebot – zu einer Erhöhung der Fahrgast- und Abonnentenzahlen geführt. So konnte die BVG die Zahl der Zeitkartenabonnenten von 214.000 (2008) über 255.000 (2009) auf 282.000 (2010) steigern. Die Fahrgeldeinnahmen insgesamt stiegen von 492 Mio Euro (2008) über 507 Mio Euro (2009) auf voraussichtlich 523 Mio Euro im Jahr 2010. Angesichts dieser Erfolgsbilanz ist es unbegreiflich, dass nun wieder riskiert wird, durch nicht vermittelbare Preissteigerungen Fahrgäste, insbesondere Stammkunden, zu verlieren.
In diesem Zusammenhang erinnert der Berliner Fahrgastverband IGEB zum wiederholten Mal an eine Äußerung von Berlins Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer: „Wir haben uns heute in offener Atmosphäre mit dem VBB, der S-Bahn, DB-Regio und der BVG über die Tarifstruktur des ÖPNV in Berlin und Brandenburg ausgetauscht. Unter den Teilnehmern konnte Einigkeit erzielt werden, dass wir in Berlin und Brandenburg eine Tarifstruktur benötigen, mit der es gelingt, mehr Fahrgäste für den ÖPNV zu gewinnen und stabile Kundenbeziehungen aufzubauen.
Die derzeitige Tarifstruktur wird in den nächsten Monaten von den Verkehrsbetrieben, den beiden Bundesländern und dem VBB überarbeitet“, erklärte Berlins Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer am 9. Oktober 2006. Und weiter: „Eine nachvollziehbare transparente Tarifstruktur, die bis zum Jahr 2010 angelegt sein sollte, muss durch Verlässlichkeit und Verbindlichkeit den Kunden gegenüber dauerhaft Fahrgastverluste verhindern.“
Seit 2006 kam es weder zur versprochenen Überarbeitung der Tarifstruktur, noch konnte sich die Senatorin mit ihrer in den letzten Jahren wiederholt vorgetragenen berechtigten Forderung durchsetzen, dass der Einzelfahrausweis in Berlin innerhalb der zweistündigen Geltungsdauer wieder wie früher beliebige Fahrten, also auch Hin- und Rückfahrt, ermöglicht. Verstärkt wird die Verärgerung der Fahrgäste über die Politiker, weil diese immer wieder behaupten, dass die Tarife in Berlin besonders günstig seien. Das trifft jedoch nur auf einzelne Tarife wie bei den Zeitkarten für Schüler und Senioren zu. Die Vergleichstabelle ( http://www.igeb.org/pressedienst/files/igebpresse_20101229.pdf ) mit anderen Großstädten zeigt, dass Berlin bei vielen Tarifen an der Preisspitze steht ? insbesondere bei den Monatskarten.
Jede Analyse kann eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass die Tariferhöhung zum 1. Januar 2011 in jeder Hinsicht falsch und nicht vermittelbar ist. Da angesichts des monatelangen Vorlaufs und der technischen Rahmenbedingungen eine Aussetzung leider unrealistisch ist, fordert der Berliner Fahrgastverband IGEB umso nachdrücklicher:
1. Zusage einer erneuten umfassenden Entschuldigungsregelung für das Sommerhalbjahr 2011, an der sich neben der S-Bahn dieses Mal auch die BVG finanziell beteiligen muss
2. Keine weitere Tariferhöhung 2011 und 2012
3. Strukturelle Verbesserungen im VBB-Tarif, insbesondere zugunsten der Stammkunden (Käufer von Monats- und Jahreskarten) (Pressemeldung Berliner Fahrgastverband IGEB e.V., 30.12.10).

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