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Zum Thema „Potenziale des Fernlinienbusverkehrs in Deutschland“ lud Dr. Anton Hofreiter, Obmann der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am 2. Juni in Berlin zu einem Fachgespräch ein. Mit Sven Maertens von der Uni Münster, Michael Gehrmann vom VCD, Prof. Dr. Christian von Hirschhausen und Matthias Walter von der Uni Dresden und Christoph Marquardt von Publicexpress erläuterten hervorragende Referenten ihre aktuellen Forschungsergebnisse bzw. Erfahrungen aus der Praxis. Etwas 40 Teilnehmer aus den Bereichen Verkehrspolitik, Verkehrsunternehmen sowie Bürgerinitiativen besuchten das Fachgespräch und sorgten für eine reichhaltige Fachdiskussion.
Im grenzüberschreitenden Verkehr gehört der Fernlinienbus zum festen Angebot. Der Fernlinienbusverkehr führt dagegen innerhalb Deutschlands ein Schattendasein. Genehmigungen dafür sind nach der geltenden Rechtslage zu versagen, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann oder der beantragte Verkehr ohne eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung Verkehrsaufgaben übernehmen soll, die vorhandene Unternehmer oder Eisenbahnen bereits wahrnehmen.
Der Umgang mit dem Fernlinienbusverkehr in Deutschland erscheint nicht mehr zeitgemäß, weil in der Praxis Schienenverkehrsunternehmen bei den Genehmigungsbehörden Fernlinienbusverkehre verhindern können, auch wenn sie die Schiene nicht kannibalisieren.
Theoretisch begründet werden könnte die starke Reglementierung des Fernbusses in Deutschland mit einem Marktversagen bzw. externen Effekten wie Umwelt-, Unfall- und Staukosten. Tatsächlich rechtfertigt dies aber die bestehende Reglementierung nicht. Die externen Kosten könnten internalisiert werden und Wettbewerber wie der Gelegenheitsverkehr werden bei gleichen Voraussetzungen nicht reglementiert.
Die tatsächlichen Gründe für die Erschwerung des Fernbusverkehrs dürften darin liegen, dass der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn AG kein Interesse an vermeintlicher Konkurrenz hat, dass gut organisierte Gruppen („Bahner“, Gewerkschaften, mittelständische Busunternehmer) ihre Interessen stärker bei der Politik zu Gehör bringen können als die Masse der potenziellen Fernbus-Nutzer. Ein Blick nach Großbritannien zeigt, dass der liberalisierte Fernbusverkehr zu günstigeren Preisen sowie zu mehr Fahrten und mehr Fahrtzielen geführt haben. Die marktbeherrschende Stellung eines Anbieters konnte aber nicht gebrochen werden. Ähnliche Erfahrungen gibt es auch aus den USA, aus Irland und Schweden. In Deutschland gibt es ein Potenzial für Fernbusverkehre.
Der Fernbus könnte preislich oder zeitlich sogar attraktiver sein als das Bahnregelangebot. Liberalisierter Fernlinienbusverkehr wirkt nicht nachteilig, sondern anspornend auf die Bahn (z.B. Statens Järnväger). Der Bus weist zumindest im Gelegenheitsverkehr eine ähnlich gute Umweltbilanz wie die Bahn auf. Der Fernbus spricht preissensiblere und weniger zeitsensible Zielgruppen an. Er kann auch PKW-Fahrten vermeiden helfen. Er kann eine Ergänzung der Eisenbahn darstellen. Nachholbedarf wurde bei Haltestelleninfrastruktur und der Fahrplanauskunft konstatiert. In der Diskussion wurde u.a. darauf hingewiesen, dass wenn der Bund Im Schienenfernverkehr Geld in die Hand nimmt, der Fernbus die Bahn nicht konkurrenzieren dürfte. Dabei wird außer Acht gelassen, dass der Busfernverkehr komplett ohne staatliche Zuschüsse auskommt. Ordnungsrechtlich lässt sich ein Verbot des Fernbusses nicht begründen.
Die Fachbeiträge bestätigen, dass der grüne Bundestagsantrag (Drucksache 16/842), der die Bundesregierung auffordert einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das Anbieten von liniengebundenem Personenfernverkehr mit Omnibussen ermöglicht und der zur Gewährleistung eines unverfälschten Wettbewerbs Wegekostenentgelte für den Omnibus vorsieht, die die Umwelt- und Gesundheitskosten dieses Verkehrsmittels abbilden, in die richtige Richtung weist. Die mit einer Teilliberalisierung zu gewinnenden Erfahrungen könnten dann ausgewertet werden.
Weitere Informationen: http://www.toni-hofreiter.de/ansicht.php?veranst_id=591 (Pressemeldung Dr. Anton Hofreiter MdB, 06.06.08).