Bahnindustrie: Queerfeindliche Vorfälle bei der BVG, aus Senat

20.04.2023

  1. .: In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung („ Weil wir Dich lieben?, online 28.03.2023) werden #queerfeindliche #Vorfälle innerhalb der #BVG dokumentiert, unter anderem „ verbale #Attacken in #Unternehmenschats“ . Im Konzern sei die Rede von einer „ in Teilen #homophoben #Unternehmenskultur“ . Berichtet wird zudem von Benachteiligungen von #LSBTIQ-Mitarbeitenden bei #Personalentscheidungen und dass LSBTIQ-Mitarbeitende vermehrt die BVG verlassen würden.

Zu 1.: Die BVG teilt hierzu mit, dass der Vorwurf der #Diskriminierung und #Homophobie schwer wiegt. Auf Basis der der BVG vorliegenden Fallzahlen und Informationen ist jedoch nicht von einem grundsätzlich strukturellen Problem auszugehen. Die BVG ist ein äußerst diverses Unternehmen mit Mitarbeitenden aus über 80 Nationen, in dem es die verschiedensten Lebensentwürfe gibt und auch eine große und sehr präsente queere

Community. Die BVG fördert die Sichtbarkeit von Personen(-gruppen) der LSBTIQ*- Community und positioniert sich klar gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie.

Doch natürlich ist ein so großes Unternehmen auch ein Abbild der Gesellschaft. Aktuell baut die BVG unter anderem das Diversity-Management neu auf und überprüft Prozesse für von Diskriminierung Betroffene. Die BVG will und wird noch mehr Aufklärungsarbeit leisten. Dabei setzt die BVG sowohl auf externe fachliche Unterstützung, aber auch auf die weitere enge Zusammenarbeit mit dem internen, ehrenamtlichen Regenbogennetzwerk.

1.a: Wie bewertet die BVG die von der SZ dokumentierten diskriminierenden Vorkommnisse? Hat die BVG davon genauere Kenntnis? Bitte um Erläuterung im Detail.

Zu 1.a: Die BVG teilt mit, dass die in der SZ dokumentierten diskriminierenden Vorkommnisse anonymisiert wiedergegeben sind.

Da die Angaben lediglich Vermutungen zulassen, auf welche der AGG-Fälle (2022 insgesamt 8; AGG: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) Bezug genommen wird, können keine Erläuterungen im Detail erfolgen. Zudem unterlägen etwaige AGG-Beschwerden der Vertraulichkeit und dem Datenschutz.

1.b: Wie bewertet der Senat die von der SZ dokumentierten diskriminierenden Vorkommnisse bei der BVG? Hat der Senat davon genauere Kenntnis? Bitte um Erläuterung im Detail.

Zu 1.b: Der Senat hat keine Kenntnis von den im SZ-Artikel genannten Vorfällen.

Grundsätzlich lehnt der Senat jede Form von Diskriminierung ab und setzt sich für einen umfassenden diskriminierungsfreien Arbeitnehmerschutz sowie gegen Stigmatisierungen jeder Art ein.

Die BVG teilt mit, dass eine regelmäßige inhaltliche Berichterstattung der BVG an Dritte über vorliegende AGG-Beschwerden weder von der in jedem Einzelfall geltenden Vertraulichkeit noch vom Datenschutzrecht gedeckt wäre.

  • .: Was tut die BVG zur Aufklärung der von der SZ dokumentierten diskriminierenden Vorkommnisse? Welche konkreten Maßnahmen sind dabei eingeleitet worden? Mit welchem Ergebnis? Gibt es personalrechtliche Konsequenzen? Bitte erläutern. Hat der Senat zur Aufklärung der von der SZ dokumentierten diskriminierenden Vorkommnisse Kontakt mit der BVG aufgenommen bzw. seine gesetzliche Aufsichtsfunktion in den zuständigen Gremien wahrgenommen? Bitte erläutern.

Zu 2.: Der Senat hat keine Kenntnis von den im SZ-Artikel genannten Vorfällen. In seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der BVG hat der Senator für Wirtschaft, Energie und Betriebe aufgrund der von der SZ an ihn herangetragenen Berichte über etwaige Missstände den Vorstand der BVG beauftragt, zu den vorgebrachten Vorwürfen Stellung zu nehmen. Das Thema wird in der nächsten Sitzung des Aufsichtsrates der BVG erörtert.

Grundsätzlich verurteilt der Aufsichtsrat jegliche Form von Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie. Berlin ist eine diverse, offene und inklusive Stadt und die Berliner

Verkehrsbetriebe als Landesunternehmen haben eine besondere Vorbildfunktion, entschlossen gegen jegliche Art der Diskriminierung vorzugehen.

Die BVG teilt mit, dass der Zeitungsartikel u.a. auf Äußerungen in der internen

Mitarbeitenden-App verweist. Schon heute wird von Unternehmensseite auf solche Beiträge reagiert. Die Schulung der Mitarbeitenden, auch die Sensibilisierung und Befähigung aller Mitarbeitenden, wie in einem beruflichen Kontext diskutiert und kommentiert wird, wird ständig weiterentwickelt und aktuell professionalisiert. Ein Dialog in der App soll jedoch weiterhin möglich bleiben.

Grundsätzlich verfolgt die BVG natürlich auch das Ziel, Verständnis und Akzeptanz für sämtliche Dimensionen der Vielfalt im Unternehmen zu stärken, sodass diskriminierende und beleidigende Äußerungen dieser Art keinen Raum finden.

Jeder eingegangenen AGG-Beschwerde wird durch Sachverhaltsaufklärung nachgegangen. Je nach dem Ergebnis der Prüfung kommen grundsätzlich Maßnahmen mit präventivem oder im Einzelfall auch arbeitsrechtlichem Charakter in Betracht. Nach jeder Prüfung wird die beschwerdeführende Person über das Ergebnis informiert.

Da die im SZ-Artikel erwähnten diskriminierenden Vorkommnisse anonymisiert dargestellt wurden, kann die BVG zu den angedeuteten Fällen keine näheren Angaben machen.

Insgesamt wurden im Rahmen des kontinuierlichen Diversity Managements verschiedene Themenfelder, Maßnahmen und Prozesse abteilungsübergreifend geplant, gesteuert und nachgehalten, ein strukturelles bzw. wiederkehrendes Muster wird nicht gesehen. Ein Bericht an Verwaltung oder Aufsichtsrat ist daher auch nicht erfolgt. Vielmehr werden die Themenfelder vom Vorstand bisher auf unternehmerischer Grundlage bearbeitet und handlungsfeldbezogen diskutiert.

3.a: Gibt es bei der BVG – wie in dem SZ-Bericht geschildert – einen Ombudsmann bei der BVG? Welches Aufgabenprofil, welche gesetzliche (oder andere) Grundlage und welche Arbeitsweise hat diese

Ombudsstelle? Von wem ist sie besetzt? An wen berichtet der Ombudsmann?

Zu 3.a: Die BVG teilt hierzu mit, dass es eine mit zwei Ansprechpersonen besetzte AGG- Beschwerdestelle bei der BVG gibt.

Die gesetzliche Grundlage für die Einrichtung einer AGG-Beschwerdestelle bildet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Beschäftigte haben das Recht, sich zu beschweren, wenn sie sich im Zusammenhang mit ihrem Beschäftigungsverhältnis vom

Arbeitgeber, von Vorgesetzten, anderen Beschäftigten oder Dritten aus einem der im AGG benannten Gründe benachteiligt fühlen.

Fühlt sich eine Person aus o.g. Personenkreis benachteiligt und möchte die betroffene Person die Benachteiligung beanstanden, so kann sie ihre Beschwerde an die betriebliche AGG-Beschwerdestelle richten. Daraufhin führt die AGG-Beschwerdestelle eine Sachverhaltsprüfung durch. Sie informiert die beschwerdeführende Person und holt deren Einwilligung ein, wenn Prüfschritte es erfordern, Dritte in den Sachverhalt einzubeziehen.

Die AGG-Beschwerdestelle teilt der beschwerdeführenden Person das Prüfergebnis schriftlich mit.

Alle Anliegen werden anonym und vertraulich behandelt.

An die AGG-Beschwerdestelle können sich Arbeitnehmende, ehemalige Arbeitnehmende, Auszubildende und sich um ein Beschäftigungsverhältnis Bewerbende wenden.

Die AGG-Beschwerdestelle ist mit einem Mann und einer Frau aus zwei verschiedenen Abteilungen des Personalbereichs besetzt. Dabei handelt es sich jeweils um erfahrene Beschäftigte mit juristischem bzw. personaladministrativem Hintergrund.

Eine Berichtslinie besteht jährlich in statistischer Form gegenüber der Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung im Rahmen des Monitorings zum LADG

(Landesantidiskriminierungsgesetz) und AGG. Die Weitergabe von inhaltlichen Informationen zu vorliegenden AGG-Beschwerden ist von dem jeweils im Einzelfall

vereinbarten Grad der Vertraulichkeit abhängig. Eine feste interne Berichtslinie gibt es aus den genannten Gründen nicht.

3.b: Trifft es zu, wie in dem SZ-Bericht geschildert, dass der Ombudsmann einer Mitarbeitenden empfohlen haben soll, ihre sexuelle Orientierung zu verstecken? Wie bewertet die BVG bzw. der Senat diese Darstellung? Welche Rolle spielte bzw. spielt die Ombudsstelle bei der Aufklärung und Verfolgung der diskriminierenden  Vorkommnisse?

Zu 3.b: Der Senat hat keine Kenntnis von den im SZ-Artikel genannten Vorfällen.

Die BVG teilt mit, dass es nicht zutrifft, dass der Ombudsmann einer Mitarbeitenden empfohlen hat, ihre sexuelle Orientierung zu verstecken. In der BVG sind Personen mit jeder sexuellen Orientierung herzlich willkommen. Es gibt von offizieller Seite keine Empfehlung, seine sexuelle Orientierung zu verstecken. In der breiten Kommunikation mit Aktionen wie „ Queereinstieg Willkommen“ , werden Menschen der LSBTIQ-Community ermuntert, zur BVG zu kommen und offen mit ihrer sexuellen Orientierung umzugehen.

Sobald Beschwerden an die AGG-Beschwerdestelle herangetragen werden, steuert diese die Aufklärung sowie Verfolgung diskriminierender Vorkommnisse und prüft die Ableitung möglicher Maßnahmen.

  • .: Was tut die BVG gegen Queerfeindlichkeit und Sexismus innerhalb des eigenen Unternehmens? Gibt es dazu eine Antidiskriminierungsstrategie mit konkreten Maßnahmen? Wird dabei das Regenbogen-Netzwerk der BVG einbezogen? An wen können sich von Queerfeindlichkeit betroffene Mitarbeiter*innen innerhalb der BVG wenden?

Zu 4.: Die BVG teilt hierzu mit, dass sie eine Vielzahl von Maßnahmen ergreift, um gegen Diskriminierung vorzugehen und eine offene Unternehmenskultur zu schaffen.

Die BVG ist bereits 2009 der Charta der Vielfalt beigetreten. Mit der Unterschrift hat sich das Unternehmen öffentlich verpflichtet, Vielfalt und Wertschätzung in der Arbeitswelt zu fördern. Damit wurde die Grundlage für eine Sensibilisierung hinsichtlich der Diversity- Dimensionen Alter, Ethnische Herkunft & Nationalität, Geschlecht & geschlechtliche

Identität, Behinderung, sexuelle Orientierung, soziale Herkunft und Religion & Weltanschauung gelegt. In den darauffolgenden Jahren wurde das Thema stetig

weiterentwickelt und mit spezifischen Maßnahmen und Projekten hinterlegt. Dies umfasste neben der fachlichen kontinuierlichen Konzeptionierung u.a. die Teilnahme am jährlichen

CSD mit unternehmensweiten Aktivitäten, Trainings und Schulungen für Mitarbeitende sowie Führungskräfte.

Neben Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, Methoden und Instrumente zur Erhöhung der Chancengleichheit, Vereinbarkeit von Beruf wird im Frauenförderplan der BVG ebenso das Handlungsfeld sexuelle Belästigung und dienstliche Folgen bei einer sexuellen Belästigung und die Unterstützung von Betroffenen geregelt.

Verschiedene, teilweise jährlich wiederkehrende Aktionen finden am Diversity Tag statt, wie

z.B. Schichtwechsel, Veranstaltungen in verschiedenen Fachbereichen oder

Gleichstellungskonferenzen. Diese geben der Belegschaft Anlass, sich mit dem Thema Diversität und dem Umgang damit auseinanderzusetzen. Insbesondere beim Thema Sexismus setzt die BVG auf Maßnahmen, die im Frauenförderplan verankert sind.

Konkrete Maßnahmen der Antidiskriminierungsstrategie sind die Etablierung eines Leitbildes für die Unternehmenskultur. Dafür wurde im Jahr 2021/ 22 eine Mitmach-Aktion zum Thema Diversity für die Beschäftigten gestartet und die Ergebnisse in verschiedenen Workshops zu einem Leitbild zusammengesetzt. Dieses Leitbild wird durch weitere Maßnahmen der Kommunikation, Schulung, Sensibilisierung und Auseinandersetzung mit dem Thema in der Kultur der BVG verankert. Darüber hinaus ist Vielfalt ein fester

Bestandteil auch des Leitbildes Betrieb, das an alle betrieblichen Mitarbeitenden (12.500 Mitarbeitende) kommuniziert wurde und auf allen Liegenschaften präsent ist.

Weiterhin wird ab Sommer 2023 ein größeres Projekt mit externer Unterstützung gestartet, das seit Herbst letzten Jahres vorbereitet wurde und sich im Vergabeprozess befindet. In diesem Projekt sollen Ideen aufgegriffen werden, die Antidiskriminierungsstrukturen auch dezentral auf den Betriebshöfen weiter auszubauen, um so einen möglichst einfachen Zugang zu gewährleisten. Dazu wurden 2022 bereits Ideen mithilfe der Initiative „ BQN- Berlin braucht dich“ (BQN Berlin e. V. – Chancengleichheit, gleichberechtigte Teilhabe und interkulturelle Öffnung) innerhalb einer Projektgruppe mit Beschäftigten der BVG entwickelt.

Von Queerfeindlichkeit betroffene Mitarbeitende können sich innerhalb der BVG an die AGG-Beschwerdestelle, die Führungskräfte, das Regenbogennetzwerk, die

Arbeitnehmervertretungen oder den Sozialen Dienst beim Betriebsärztlichen Dienst wenden.

  • .: Wie unterstützt die BVG das interne Regenbogen-Netzwerk?

Zu 5.: Die BVG teilt hierzu mit, dass es bei verschiedenen Aktionen Kooperationen mit dem Regenbogen-Netzwerk gibt. So wird die Teilnahme am Christopher-Street-Day (CSD) mit einem BVG-Truck ausgestaltet sowie weitere Aktionen wie das Regenbogen-Kunstwerk am Alexanderplatz gemeinsam durch die BVG und das Regenbogennetzwerk umgesetzt. In

Projektgruppen wie beim BQN Projekt oder der Erarbeitung des Diversity Leitbildes sind Vertretende des Regenbogen Netzwerkes eingebunden.

Regelmäßig wird über Unternehmensgrenzen hinweg Flagge gezeigt, z.B. wurden im Juli 2022 auf fast allen BVG-Dienststellen während der Berliner Pride-Wochen die Regenbogenfahnen gehisst, Fahrzeuge (Bus, Tram, U-Bahn) und Bahnhöfe werden während der Pride-Wochen mit den Regenbogenfarben beklebt. Auch findet ein regelmäßiger Austausch des Netzwerkes mit weiteren BVG Netzwerken wie dem Frauennetzwerk statt.

Berlin, den 19. April 2023

Stephan   S c h w a r z

………………………………………………….

Senator für Wirtschaft, Energie und Betriebe

www.berlin.de