Schiffsverkehr: Elektrische Fahrgastschifffahrt, aus Senat

01.02.2023

Frage 1:

Wie blickt der Senat auf die #Dekarbonisierung der Berliner #Fahrgastschifffahrt?

Antwort zu 1:

Dekarbonisierungsstrategien dienen der #Reduzierung der CO 2-Emissionen. #Klimaschutzziel des Landes Berlin gemäß Energiewendegesetz Berlin ist eine Reduzierung dieser Emissionen bis zum Jahr 2045 um 95 % gegenüber dem Basisjahr 1990. Im Jahr 1990 betrugen die Emissionen nach der amtlichen Verursacherbilanz des Amtes für Statistik-Berlin Brandenburg 29,2 Millionen Tonnen pro Jahr. Bis 2019 sanken die Emissionen um 41 % auf 17,23 Millionen Tonnen pro Jahr.

Der CO 2-Ausstoß der gesamten #Binnenschifffahrt in Berlin beträgt 0,0177 Millionen Tonnen pro Jahr, also etwa 0,1 % der gesamten CO 2-Emissionen Berlin. Der Anteil der Fahrgastschifffahrt an den CO 2-Emissionen der Binnenschifffahrt beträgt etwa 60 % und damit nur etwa 0,06 %  der Berliner CO 2-Emissionen.

Aufgrund dieser geringen Bedeutung der #Fahrgastschifffahrt für die Erreichung der Klimaziele Berlins wurden bisher keine eigenen CO 2-Minderungsziele oder Dekarbonisierungsstrategien für die Binnenschifffahrt in Berlin im Rahmen des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms

(BEK) eingeführt. Die Binnenschifffahrt ist Teil des Sektors Verkehrs. Für diesen Sektor ist es das Ziel, die CO 2-Emissionen insgesamt bis 2030 von 5,64 Millionen Tonnen pro Jahr auf 3,17 Millionen Tonnen pro Jahr und damit um 44 % zu senken. Grundsätzlich sind entsprechende Minderungen für jeden Verkehrsträger anzustreben.

Im Rahmen der Bearbeitung des Beschlusses des Abgeordnetenhauses „ Saubere Luft durch schadstoffarme Schiffe“ vom 8. März 2018 wird durch den Senat die kooperative Erarbeitung von Klimaschutzvereinbarungen mit Verbänden, Reedereien und Schifffahrtsunternehmen angestrebt, um das Ziel von CO 2-Minderungen um 30 % zu erreichen.

Frage 2:

Welche Schritte hat der Senat seit 2018 unternommen, um die Dekarbonisierung der Berliner #Fahrgastschifffahrt umzusetzen? Welche übergeordnete Strategie verfolgt der Senat mit welchem konkreten Ziel? (Bitte nach Jahren seit 2018 aufschlüsseln.)

Antwort zu 2:

Die Bedeutung der Emissionen von Fahrgastschifffahrt liegt weniger beim Klimaschutz als bei den Auswirkungen auf lokale Luftbelastungen in Ufernähe. Daher ist es vorrangiges Ziel, Luftschadstoffemissionen wie Partikel und Stickoxide zu reduzieren. Ziel des 2019 verabschiedeten Luftreinhalteplans für Berlin – Zweite Fortschreibung ist die Umrüstung von mindestens zwei Fahrgastschiffen auf Elektroantrieb und die Nachrüstung von mindestens 10 Fahrgastschiffen mit Abgasreinigungssystemen.

Seit 2018 wurden folgende Maßnahmen umgesetzt: Im Winter 2018/ 2019 wurden fünf Fahrgastschiffen mit einem Abgasreinigungssystem nachgerüstet. Da die Fahrgastschifffahrt stark durch Lock-down-Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie betroffen war, verzögerten sich weitere Maßnahmen. Im Herbst 2021 wurden zwei Schiffe auf Elektroantrieb umgerüstet. Im Herbst 2022 erfolgte die Nachrüstung von zwei Schiffen mit

Abgasreinigungssystemen und die Umrüstung eines Schiffes von Diesel- auf Elektroantrieb. Zudem wurde der Neubau von einem Elektro-Fahrgastschiff gefördert.

Frage 3:

Wieso werden eigene Landes-Fördermittel budgetiert, wenn der Bund die Elektro-Umrüstungen ohnehin fördert, dafür aber jährlich einen rund 15-fachen Betrag zur Verfügung stellen kann?

Antwort zu 3:

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat am 24. Juni 2021 die Richtlinie zur Förderung der nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen veröffentlicht. Über dieses Programm können auch Maßnahmen zur Reduzierung der Luftschadstoffemissionen gefördert werden – von der Neumotorisierung mit neueren Dieselmotoren über die Nachrüstung mit

Abgasreinigungssystemen bis hin zu elektrischen Antrieben (inklusive Hybridantrieben). Das Förderprogramm richtet sich an die gesamte Binnenschifffahrt in Deutschland. Ein Überblick über die Zahl von Förderungen für die Umrüstung oder Nachrüstung Berliner Schiffe liegt dem Senat nicht vor. Bekannt ist, dass derzeit zwei größere Fahrgastschiffe der Reederei Stern & Kreis im Rahmen des Programms auf Elektroantrieb umgerüstet werden und Umrüstungen von zwei weiteren Schiffen geplant sind.

Das Berliner Programm ist dagegen gezielt auf die Förderung Berliner Fahrgastschiffe ausgerichtet. Durch die individuelle Beratung durch die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz konnten trotz der pandemiebedingt schwierigen Situation der Fahrgastschifffahrt bereits fünf Schiffe gefördert werden (siehe auch Antwort zur Frage 2).

Frage 4:

Wieso werden Landesmittel dann nicht sinnvollerweise in großem Umfang in die innerstädtische Ladeinfrastruktur investiert? Wenn dies an fehlenden Anlegestellen liegt, warum werden praktisch ungenutzte Anleger (wie z.B. an der Jannowitzbrücke) nicht an andere Interessenten vergeben und elektrifiziert?

Antwort zu 4:

Bisher wurden die Umrüstungen auf batterie-elektrischen Antrieb so konzipiert, dass die Schiffe mit vollen Batterien ihre Tagesfahrleistung erbringen konnten. Somit genügt die Aufladung über Nacht im Heimathafen.

Der Aufbau einer schnellladefähigen Ladeinfrastruktur für Gelegenheitsladen während des Tageseinsatzes wurde daher bisher nicht als dringlich eingestuft.

Da sich Anleger nicht in der Hand des Landes Berlin befinden, erfolgt auch keine Vergabe von Anlegestellen durch das Land Berlin.

Frage 5:

Plant der Senat ähnlich wie Hamburg konkrete Dekarbonisierungsziele für die Schifffahrt einzuführen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Wie passen diese Ziele zu den Plänen, Berlin bis 2045 klimaneutral zu machen?

Antwort zu 5:

In Hamburg mit dem größten Seehafen Deutschland spielen die Emissionen des Schiffsverkehrs eine ganz andere Rolle, so dass seine Dekarbonisierung dort signifikant zur Klimaneutralität beitragen kann, die Hamburg bis 2050 erreichen will. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

Frage 6:

Wie viele Fahrgastschiffanleger gibt es in Berlin und welche Unternehmen sind seit wann die Pächter der einzelnen Anleger? Bitte um Aufschlüsselung nach Anleger, Pächter und Jahr.

Frage 7:

Welche Anleger wurden seit dem Parlamentsbeschluss „ Saubere Luft durch schadstoffarme Schiffe“ aus dem Jahr 2018 mit neuen wasserrechtlichen Genehmigungen versehen? Bitte um Aufschlüsselung nach Anleger, Pächter und Jahr.

Frage 8:

Welche dieser Genehmigungen enthalten die im Schlussbericht (Drucksache 18/ 2721) geforderte Auflage „ [ …] dass ausschließlich emissionsarme Schiffe (vollelektrischer Antrieb oder mit Abgasminderungssystem) anlegen dürfen“ ?

Antwort zu 6, 7 und 8:

Die Fragen werden aus fachlichen Gründen gemeinsam beantwortet.

Auf die Antwort zur Schriftlichen Anfrage 18/ 27388 vom 21.04.2021 wird verwiesen. Seither haben sich keine Änderungen ergeben.

Frage 9:

Wie begründet der Senat diese Situation? Welche konkreten Gründe sprechen gegebenenfalls für diesen Handlungsansatz und wie steht dies im Einklang mit den Dekarbonisierungszielen des Senats?

Antwort zu 9:

Die Situation entspricht der geltenden Rechtslage. Hinsichtlich der Dekarbonisierungziele wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

Frage 10:

In einem Artikel der B.Z. vom 22.09.2022 ließ sich die Senatsverwaltung wie folgt zitieren: „ Die Kriterien für die Genehmigung der Anlagen werden zurzeit von einer Arbeitsgruppe überprüft, auch Umweltaspekte sollen eine stärkere Rolle spielen.“ Was hat diese Überprüfung ergeben? Welche Rolle spielen Umweltaspekte bei der

Genehmigungserteilung?

Antwort zu 10:

Alle maßgeblichen Fragen des Umweltschutzes werden auf der Grundlage der §§ 62ff Berliner Wassergesetz (BWG) bei der Zulassung von wasserbaulichen Anlagen beachtet.

Frage 11:

Wie können insbesondere Anbieter von elektrischer Spreeschifffahrt einen Anleger auf der Berliner Spree erlangen? Welches konkrete Verfahren sieht der Senat vor?

Frage 12:

Bezugnehmend auf einen Bericht des Tagesspiegels vom 16.12.2022 scheint der Bund die Problematik erkannt zu haben und geht dazu über, bestehende Nutzungsverträge für die den Anlegern zugrundeliegenden Wasserflächen zu kündigen. Wie ermöglicht der Senat dem neuen Inhaber des Nutzungsvertrages die kurzfristige

Errichtung/ Übernahme eines Anlegers? Welche Schritte sind für eine wasserrechtliche Genehmigung für den neuen Inhaber des Nutzungsvertrags konkret erforderlich?

Antwort zu 11 und 12:

Die Fragen werden aus fachlichen Gründen gemeinsam beantwortet.

Auf die Antwort zur Schriftlichen Anfrage 18/ 27388 vom 21.04.2021 wird verwiesen.

Anbieter von elektrischer Fahrgastschifffahrt können einen Antrag für die wasserrechtliche Genehmigung bei der zuständigen Stelle bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz stellen. Die Antragsmodalitäten sind als „ Hinweisblatt 3 zur Antragstellung: Anlagen in/ an Gewässern“ auf der Homepage der Senatsverwaltung für

Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz publiziert und unter folgendem Link abrufbar:  Pub lika tionen, Merkb lä tter und Hinweise – Berlin.d e

Frage 13:

Bezugnehmend auf die Pressemitteilung der Senatsverwaltung vom 09.11.2022: Auf welcher Basis sollen Anbieter nach Auffassung des Senats Investitionsentscheidungen treffen, damit die gewünschten „ Nachahmer/ Nachahmerinnen“ gefunden werden können? An welchen Anlegern könnten diese anlegen und ihre E-Schiffe aufladen?

Antwort zu 13:

Das Land Berlin schafft mit dem Neubau von zwei innovativen Elektroschiffen – dem Schubboot

„ Elektra“ und dem Spezialschiff „ James Hobrecht“ für die ökologische Gewässerüberwachung Vorbilder für den Einsatz von Elektroschiffen. Die Erfahrungen bei der Konzeption der Schiffe können für weitere Neubauten und Umbauten bereitgestellt werden. Hinsichtlich des Ladens von Elektroschiffen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen.

Frage 14:

Angesichts der Untätigkeit des Senats: Bestehen nach Auffassung des Senats praktische oder rechtliche Hindernisse für eine zügige Bereitstellung von Anlegern für die Elektro-Fahrgastschifffahrt?

Antwort zu 14:

Der Senat stellt keine Anleger für die Fahrgastschifffahrt bereit, weder für Schiffe mit konventionellem Antrieb noch für Schiffe mit Elektroantrieb. Der Zugang zu Anlegestellen ist, wie auch vom Fragestellenden in Frage 12 festgestellt, an einen Nutzungsvertrag mit dem Bund, konkret dem Wasser- und Schifffahrtsamt Spree-Havel, gekoppelt. Der Senat prüft in

Gesprächen mit allen Beteiligten die Möglichkeit, die Anlegestellen vom Bund zu übernehmen und selbst zu verwalten.

Berlin, den 30.01.2023 In Vertretung

Dr. Silke Karcher Senatsverwaltung für

Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz

www.berlin.de