barrierefrei + Bahnverkehr: Fernreisen ohne Barrieren Teil 2, aus Senat

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Frage 1:
Welche Unternehmen, außer der Deutschen Bahn, bieten aktuell ab Berlin #Fernreisen per #Eisenbahn an?
Antwort zu 1:
Derzeit bieten außer der Deutschen Bahn AG (DB AG) fünf weitere
Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) Fernverkehr ab Berlin an. Die folgende Übersicht
enthält die Markennamen, unter der die EVU gegenüber den Kunden auftreten. In
Klammern finden sich Hinweise zu den Eigentümern und zu den der bedienten Relationen:
1. „#FlixTrain“ (Tochtergesellschaft von „#FlixBus“ mit täglich zwei Zugpaaren auf der
Relation Berlin – Wolfsburg – Stuttgart),
2. „#ÖBB Nightjet“ (Tochtergesellschaft der #ÖBB mit täglich einem Zugpaar auf der
Relation Berin – Freiburg – Zürich),
3. „#Harz-Berlin-Express“ (Tochter des #Veolia-Konzerns, mit drei Zugpaaren pro
Woche auf der Relation Berlin – Halberstadt – GoslarThale),
4. „#Berlin Night Express“ (im Eigentum der #Georg Verkehrsorganisation mit bis zu drei
Zugpaaren pro Woche in der Sommersaison auf der Relation Berlin – Malmö),
5. die Schlafwagenzüge der #Russischen Eisenbahn AG (#RZD), die dreimal die Woche
die Relation Berlin – Moskau und einmal wöchentlich Berlin – Paris bedienen.
Frage 2:
Wie hoch ist der Anteil der dabei eingesetzten Bahnen, die #barrierefrei, d.h. für Rollstuhlnutzer geeignet,
sind?
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Antwort zu 2:
Nach der Definition der „Barrierefreiheit“ gibt es im Eisenbahn-Fernverkehr keine
vollständige Barrierefreiheit, denn auch bei den ICE- und IC-Zügen der DB AG ist ein
Einstieg von Rollstuhlfahrenden ohne äußere Hilfeleistung (Hub oder Rampe) nicht
möglich. Eine Anmeldung bei der Mobilitätszentrale des EVU ist empfehlenswert, damit im
Falle von Ausfällen von barrierefreien Reisezugwagen oder der Störung von Aufzügen zu
den Bahnsteigen rechtzeitig umdisponiert werden kann. Entscheidend für die Reisenden
mit Rollstuhl ist die Barrierefreiheit des Bahnhofs (insbesondere die Zugänglichkeit der
Bahnsteige ohne Treppen) sowie die barrierefreie Gestaltung der Züge.
Bis auf die beiden täglich verkehrenden „FlixTrain“ – Zugpaare sind alle Fernzüge aller
EVU für Rollstuhlnutzende geeignet. Bei den Verbindungen von FlixTrain ist ein Transport
von Reisenden im Rollstuhl mit folgenden Einschränkungen möglich: Befördert werden
können Rollstühle mit Maximalmaßen von 60 cm Breite, 120 cm Länge und einem
Gesamtgewicht von 350 kg (inklusive Insasse). Die Fahrt muss 36 Stunden vor Fahrtantritt
angemeldet werden.
Über die FlixTrain-Züge liegen Beschwerden von Kunden mit Rollstühlen vor, da seit der
Einführung des Zugangebots ein Großteil der Fahrten ohne behindertengerechte Toiletten
durchgeführt wurden. FlixTrain hat dies bestätigt und weist auf sein bis zu 40 Jahre altes
Wagenmaterial hin. Es handelt sich um ältere Wagen aus dem Interregio-Verkehr der
damaligen Deutschen Bundesbahn sowie aus Abteilwagen aus der „Ära des D-Zug-
Verkehrs“, die nur über einen engen Türeinstiegsbereich verfügen. Bei den wenigen
Wagen mit barrierefreien Toiletten gäbe es zurzeit technische Probleme. Man sei bemüht
sie zu lösen.
Die Nachtzüge von und nach Berlin verfügen über barrierefreie Liegewagenabteile. Die
Russische Eisenbahn AG bietet auch barrierefreie Schlafwagenabteile mit integrietem
Badezimmer mit hoher Qualität an Barrierefreiheit an.
Frage 3:
Auf welchen Linien ist aktuell ein barrierefreies Reisen per Bahn möglich und auf welchen Linien nicht?
Antwort zu 3:
Für die Gruppe der Rollstuhlfahrenden ist hinsichtlich einer barrierenfreien Bahnreise
entscheidend, ob der Abgangsbahnhof und der Zielbahnhof barrierefrei sind. In Berlin sind
alle Fernbahnhöfe barrierefrei. Die mit der Bahn aus Berlin umsteigefrei erreichbaren
deutschen Fernbahnhöfe sind überwiegend barrierefrei.
Als einzige deutsche Großstadt kann Augsburg Hauptbahnhof von Berlin aus nicht von
Rollstuhlfahrenden angefahren werden, da dort noch keine Aufzüge existieren.
Auf der IC-Linie Berlin – Amsterdam gab es bisher nur im Grenzbahnhof Bad Bentheim
(Emsland) Probleme für Rollstuhlfahrende. Beim barrierefreien Umbau des Bahnhofs im
Jahr 2016 kam es zu einem Planungsfehler: Die Bahnsteighöhe wurde so stark
angehoben, dass sie nicht mehr mit der Ebene des Bahnhofsgebäudes übereinstimmt und
die Türen des Bahnhofsgebäudes sich nicht mehr öffnen ließen. Die Barrierefreiheit soll
aber noch 2018 duch einen weiteren Umbau hergestellt werden.
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Im IC-Netz gibt es noch einige kleinere Städte (z.B. Boppard und Treysa), die über keinen
Aufzug verfügen.
Der „Harz-Berlin-Express“ hält auf seinem Weg nach und von Goslar auf dem
Mittelbahnsteig des Bahnhofs Vienenburg in Niedersachsen, der ebenfalls nicht über
einen Aufzug verfügt.
Im internationalen Verkehr Berlin – Polen gibt es beim Berlin-Warszawa-Express noch
Haltebahnhöfe, die über keine Aufzüge verfügen. Diese sind Rzepin (Reppen),
Świebodzin (Schwiebus), Zbąszynek (Neu Bentschen), Gnieszno (Gnesen), Inowrocŀaw
(Hohensalza) und Kutno. Der Stettiner Hauptbahnhof ist inzwischen barrierefrei
ausgebaut. In Zielona Góra (Grünbeg) werden noch 2018 Aufzüge in Betrieb gehen, so
dass der im Dezember in Betrieb gehende neue Fernzug Berlin – Zielona Góra – Breslau –
Oppeln – Wien auch bei Fahrten zu den Unterwegshalten in Polen von Reisenden mit
Rollstühlen benutzt werden kann.
Seit 2017 werden als Kooperationsprojekt zwischen dem tschechischen EVU „CD“ und der
DB in allen Zügen der IC-Linie Hamburg – Berlin – Prag modernisierte Wagen eingesetzt,
die für Rollstuhlfahrende geeignet sind. Es wurde auch ein Vormeldesystem von
Rollstuhlfahrenden für den Grenzübertritt eingeführt. Barrierefrei ausgestattet sind auf der
tschechischen Seite auch die Unterwegshalte von Dečin und Ústí nad Labem.
Bei dem über Prag bis Budapest verkehrenden Eurocity „Hungaria-Express“ sind in der
Slowakei und Ungarn mehrere Bahnhöfe mit Ausnahme von Bratislava und Budapest nicht
barrierefrei, u.a. der slowakische Grenzbahnhof Stúroman, der sich nahe der Basilika von
Esztergom befindet.
Frage 4:,
Hält der Senat die aktuelle Situation in Hinblick auf die UN-Konvention Behindertenrechte für akzeptabel?
Antwort zu 4:
Begreift man Barrierefreiheit als das Ziel eines Prozesses, in dem Bahnreisen von
Behinderten immer mehr erleichtert werden, so ist die Umsetzung der UN-Konvention in
Deutschland auch im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarländern weit
fortgeschritten. In Nachbarländern wie Frankreich und Italien gibt es noch immer
zahlreiche wichtige Umsteigebahnhöfe, Bahnhöfe im Hochgeschwindigkeitsverkehr oder in
Urlaubergebieten, wo eine eigenständige Mobilität nicht voll möglich ist, weil
beispielsweise Aufzüge fehlen. Die Qualität im deutschen Bahnverkehr wird nur von der
Schweiz und von Österreich übertroffen, wo auch alle Regionalbahnhöfe in
Urlauberregionen vollständig barrierefrei sind.
Das Investitionsprogramm der Deutschen Bahn sieht vor, durch Ersatz der älteren
Fahrzeugflotte die Qualität der Barrierefreiheit innerhalb der Züge weiter zu verbessern
und den Einstieg schnell und einfach zu gestalten. So sind die neuen ICE 4 Züge und die
neuen IC Doppelstock Züge („Dostos“) mit allen Merkmalen der Barrierefreiheit auf dem
neuesten technischen Stand ausgestattet. Bei den „Dostos“ wird es bei passender
Bahnsteighöhe erstmals auch für Rollstuhlfahrende möglich sein, ohne äußere Hilfe
einzusteigen.
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Frage 5:
Bis wann werden alle angebotenen Verbindungen auch für Menschen im Rollstuhl nutzbar sein?
Antwort zu 5:
Es sind grundsätzlich alle nationalen und internationalen Fernzüge von und nach Berlin für
Rollstuhlfahrende nutzbar. Unterschiede gibt es hinsichtlich der Qualität der barrierefreien
Einrichtungen innerhalb des Zuges. Bis 2022 strebt die DB AG in Zusammenarbeit mit den
Kommunen an, die letzten deutschen Bahnhöfe ohne Aufzüge barrierefrei auszugestalten.
Im Zuständigkeitsbereich des Landes Berlin sind nicht nur alle Fernbahnhöfe sondern
auch alle Regionalbahnhöfe barrierefrei.
Berlin, den 10.09.2018
In Vertretung
Stefan Tidow
Senatsverwaltung für
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz