BVG + S-Bahn + Tarife: Bereitstellung eines kostenlosen ÖPNV in Berlin, aus Senat

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Frage 1:

Welche Kosten entstanden der S-Bahn Berlin GmbH und der BVG im Berliner Stadtgebiet jährlich für die Bereitstellung folgender Leistungen (Berichtsjahr 2015 und 2016 bitte getrennt aufschlüsseln, jede Position bitte einzeln aus-weisen):

  • (Anschaffung, Wartung, Bestückung, Einnahmentransport, Verwaltungskosten)
  • (Personalkosten intern, Ausbildungskosten, Kosten für Fremdanbieter)
  • Kosten der externen Verkaufsstellen, Verwaltungskosten erhöhtes Beförderungsentgelt (EBE), Inkassokosten, Schaden durch unbezahltes EBE
  • Öffentlichkeitsarbeit (Soziale Medien), Werbeaktionen

Antwort zu 1:

Die BVG hat hierzu übermittelt:

„Die folgenden Angaben der BVG AöR zur Frage werden in Mio. EUR dargestellt:

Fahrausweisautomaten

2015

2016

Wartung

4,4

4,9

Abschreibungen Anlagevermögen

1,1

1,2

Materialaufwand

0,5

0,3

Einnahmetransport

1,4

1,4

Sonstige Verwaltungskosten

0,7

0,5

Summe

8,1

10,7

 

Fahrausweiskontrollen

2015

2016

Personalkosten Fahrausweiskontrolle

1,8

1,8

Verwaltungskosten

1,6

1,9

Externe Prüfleistungen

3,4

2,8

Schaden durch unbezahltes EBE

5,9

7,6

Summe

12,7

14,1

Die BVG AöR erzielte 2015 insgesamt 13,1 Mio. EUR an Erträgen aus erhöhtem Beförderungsentgelt. In 2016 lagen diese bei insgesamt 13,4 Mio. EUR.

Der BVG AöR sind im Inkasso keine Kosten entstanden. Die entstandenen Kosten sind vom Inkassounternehmen gegenüber den Schuldnern im Inkassoverfahren erhoben worden.“

 

2015

2016

Abonnementverwaltung

3,1

3,2

 

 

2015

2016

Externe Verkaufsstellen

4,3

4,4

 

 

2015

2016

Marketing (inkl. Fahrgastinformation, externe und interne Kommunikation)

 

8,3

 

7,8

Die S-Bahn Berlin hat hierzu übermittelt:

„Aufgrund der bevorstehenden Vergabe der Vertriebsdienstleistungen für das Berliner S- Bahn-Netz wird die S-Bahn Berlin zu den angefragten Informationen keine aktuellen Auskünfte geben, da es sich hierbei um wettbewerblich relevante Daten und Informationen handelt.“

Frage 2:

Welche Kosten entstanden dem Steuerzahler durch folgende Leistungen (Berichtsjahr 2015 und 2016 bitte getrennt aufschlüsseln, jede Position bitte einzeln ausweisen):

  • bei der Berliner Polizei durch Einsätze wegen des Tatbestandes „Erschleichen von Leistungen“, also „Schwarzfahren“
  •  
  • der Beitreibung verhängter Geldstrafen
  • der unbezahlten Geldstrafen
  • der angetretenen Ersatzfreiheitsstrafen

Antwort zu 2:

In strafrechtlicher Hinsicht erfüllt das so genannte. „Schwarzfahren“ den Straftatbestand des „Erschleichens von Leistungen“ unter dem Gesichtspunkt des Erschleichens der Beförderung durch ein Verkehrsmittel, § 265a Abs. 1 3. Alt. des Strafgesetzbuches (StGB). Gleichermaßen ist beispielsweise in § 265a StGB das Erschleichen der Leistung eines Automaten oder des Zutritts zu einer entgeltpflichtigen Veranstaltung unter Strafe gestellt.

Im Aktenverwaltungsprogramm MESTA der Berliner Strafverfolgungsbehörden erfolgt keine differenzierte Erfassung danach, welche konkrete Tatbestandsalternative Gegenstand des jeweiligen Verfahrens ist. Ungeachtet dessen handelt es sich bei den wegen dieses Delikts geführten Verfahren erfahrungsgemäß fast ausschließlich um solche, denen die Erschleichung der Beförderung durch ein Verkehrsmittel zugrunde liegt.

zu a):

Im Programm MESTA werden die Gerichtskosten einheitlich als Gerichtsgebühren und Auslagen erfasst. Ein aussagekräftiger Saldo der insoweit in den Jahren 2015 und 2016 real von den verurteilten Kostenschuldnern nicht vereinnahmten Kosten lässt sich technisch nicht bilden. Hintergrund ist, dass der MESTA-Vermerk „Tilgung“ nur den aktenverwaltungstechnischen Abschluss bezeichnet. Dieser kann auch darin bestehen, dass die Beitreibung der noch offenen Kosten an die Kosteneinziehungsstelle der Justiz beim Amtsgericht Spandau abgegeben wurde, so dass eine verlässliche Aussage über die tatsächliche Tilgung nicht getroffen werden kann.

zu b):

Die Kosten, die bei der Staatsanwaltschaft Berlin als Vollstreckungsbehörde durch die Beitreibung der verhängten Geldstrafen anfielen, wurden in den Jahren 2015 und 2016 nicht gesondert erfasst.

zu c):

Von der Summe der Geldstrafen, auf die wegen einer Verurteilung ausschließlich wegen des Erschleichens von Leistungen gemäß § 265a StGB (einschließlich anderer Tatbestandsvarianten) erkannt wurde, wurden im Jahr 2015 insgesamt 1.142.743,87 Euro nicht getilgt. Im Jahr 2016 belief sich dieser Wert auf 1.819.239,16 Euro.

zu d):

Im Land Berlin wurden im Jahr 2015 insgesamt 1.423.322 Hafttage vollzogen; im Jahr 2016 waren es insgesamt 1.430.733 Hafttage. Eine Aufschlüsselung danach, wie viele Hafttage davon Ersatzfreiheitsstrafe darstellten, ist im IT-Fachverfahren Basis-Web nicht vorgesehen. Daher lässt sich die Frage, welche Haftkosten durch Ersatzfreiheitsstrafe verbüßende Gefangene jährlich entstanden sind, nicht beantworten.

Die durchschnittlichen Tageshaftkosten einer/eines Gefangenen werden seit dem Haushaltsjahr 1994 bundeseinheitlich berechnet. Ausgewiesen werden seitdem die Tageshaftkosten bei Vollbelegung aller Haftplätze entsprechend der Belegungsfähigkeit und die Kosten aufgrund der tatsächlichen Belegung im abgelaufenen Kalenderjahr, wobei eine Differenzierung nach den Justizvollzugsanstalten, Vollzugsarten oder nach den der Verurteilung zugrundeliegenden Delikten nicht stattfindet. Danach ergeben sich für das Land Berlin in den Haushaltsjahren 2015 und 2016 folgende Tagessätze:

 

2015

nach Belegungsfähigkeit

nach

tatsächlichen Hafttagen

Tageshaftkosten

115,80 €

139,01

Bau-Investitionskostensatz

1,15 €

1,38 €

Sach-Investitionskostensatz

1,27 €

1,52 €

Gesamt-Tageshaftkosten

118,22 €

141,91

 

2016

nach Belegungsfähigkeit

nach

tatsächlichen Hafttagen

Tageshaftkosten

120,44 €

142,13

Bau-Investitionskostensatz

1,48 €

1,74 €

Sach-Investitionskostensatz

1,82 €

2,15 €

Gesamt-Tageshaftkosten

123,74 €

146,02

Frage 3:

Wie hoch waren die Zuschüsse aus dem Berliner Haushalt in den Berichtszeiträumen 2015 und 2015 an die Unternehmen S-Bahn Berlin GmbH und BVG?

Antwort zu 3:

Die in den Jahren 2015 und 2016 an die S-Bahn Berlin und BVG geflossenen Haushaltsmittel betragen:

 

Unternehmen

Ist 2015 [T€]

Ist 2016 [T€]

 

S-Bahn Berlin

254.654

272.330

davon für Leistungen nach dem Verkehrsvertrag

246.458

249.732

davon Tarifersatzleistungen (erm. Schülerticket)

519

695

davon Zuschüsse (Infrastrukturinvestitonen)

7.677

21.903

 

BVG

710.525

681.324

davon für Leistungen nach dem Verkehrsvertrag

287.200

302.800

davon Tarifersatzleistungen (Schwerbehinderten- freifahrt, Berlin Ticket S, erm. Schülerticket, Ruhegeldzahlungen, Ausbildungsverkehr)

140.758

147.949

davon Zuschüsse

(Investitionen in Infrastruktur und Fahrzeuge)

276.967

230.574

davon Sonstiges

5.600

Frage 4:

Wieviel würde den Steuerzahler nach Abzug aller unter 1. und 2. aufgeschlüsselten Kosten die Bereitstellung eines kostenlosen ÖPNV im Berliner Stadtgebiet zusätzlich zu den aktuellen Zuschüssen, Kosten durch rechtliche Maßnahmen und Einnahmeausfällen kosten?

Frage 5:

Wie hoch wären die jährlichen absoluten Kosten eines kostenlosen ÖPNV im Berliner Stadtgebiet?

Antwort zu 4 und 5:

Es wird auch auf die Antwort zu Frage 4 der Schriftlichen Anfrage „Zuschüsse für die  BVG“ (Drs.: 18/12 628) hingeweisen, die sich allerdings nur auf die Verkehrsleistungen der BVG bezieht.

Modellrechnungen zu einem kostenlosen ÖPNV im Berliner Stadtgebiet sind dem Senat nicht bekannt.

Zu den aktuellen Zuschüssen an die Verkehrsunternehmen würden zu kompensierende Mindereinnahmen von knapp einer Milliarde Euro je Jahr hinzukommen.

Zudem entfallen die in den Fragen 1 und 2 erwähnten Kosten für den Vertrieb von Fahrausweisen sowie für die Tätigkeiten von Polizei und Justiz nicht in vollem Umfang. Die Fragestellungen beziehen sich nur auf einen kostenlosen ÖPNV in Berlin. Damit müsste weiterhin ein Vertrieb von Fahrausweisen des VBB- und des Eisenbahn-Tarifs für aus dem Berliner Stadtgebiet ausbrechende Fahrten angeboten werden.

Bei einem kostenlosen ÖPNV in Berlin würde die Nachfrage steigen. Hierfür müssten zusätzliche Kapazitäten bei Bahnen und Bussen bereitgestellt werden, wodurch zusätzliche Kosten entstehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die dann erforderlichen Kapazitätserweiterungen wegen der insbesondere bei Schienenbahnen gegebenen langen Lieferfristen für Fahrzeuge kurz- oder mittelfristig nicht zur Verfügung gestellt werden können.

 

Berlin, den 29.01.2018 In Vertretung

 

Jens-Holger Kirchner

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Senatsverwaltung für

Umwelt, Verkehr und Klimaschutz