BVG + Bus + Straßenbahn + U-Bahn: Pünktlichkeitsquote bei der BVG, aus Senat

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Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:
Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhal-te, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) AöR um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend gekennzeichnet wiedergegeben.
Frage 1: Wie hoch ist die Pünktlichkeitsquote aller Buslinien, Straßenbahnlinien und U-Bahnlinien? (Insbe-sondere derer Linien die im 20 Minuten Grundtakt tags-über verkehren)?
Antwort zu 1: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Die U-Bahn erreichte 2014 im Jahresdurchschnitt eine Pünkt-lichkeitsquote von 98,9 Prozent, die Straßenbahn 91,7 Prozent und der Bus 87,1 Prozent.“
Nach Einschätzung des Senats unterscheiden sich die Pünktlichkeitsquoten der Linien, die tagsüber im 20-Minuten-Takt verkehren, nicht signifikant von den Linien mit dichterem Takt.
Frage 2: Wie hoch ist der Anteil der Verfrühungen?
Antwort zu 2: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Da stark verspätete Fahrten oft als verfrühte Fahrt des nach-folgenden Busses wahrgenommen werden, wird statis-tisch nicht nach verfrüht und verspätet, sondern lediglich nach pünktlich und unpünktlich unterschieden.“ Aus Sicht des Senats sollte daher bei der Beurteilung von Qualitäts-kriterien wie z.B. Pünktlichkeit und Verfrühungen insbe-sondere die Kundensicht im Vordergrund stehen. Der Kunde nimmt den o.g. stark verspäteten Bus nämlich nur dann als Verfrühung war, wenn bis zur nächsten veröf-fentlichten Abfahrt kein weiterer Bus fährt.
Zur Ergänzung der allein nicht ausreichend aussage-kräftigen Pünktlichkeit wurde deshalb durch den Aufga-benträger die Qualitätskennzahl „Verlässlichkeit“ einge-führt. Ein immerhin verlässlicher Öffentlicher Personen-nahverkehr (ÖPNV) ist demnach gegeben, wenn die Ab-fahrt an der Haltestelle entweder pünktlich beginnt, oder zumindest im Zeitraum bis zur nächsten geplanten Ab-fahrt stattfindet (maximal jedoch 10 Minuten). Alles an-dere ist aus Sicht des Fahrgastes, der sich am öffentlichen Fahrplan orientiert, nicht verlässlich.
2014 fuhren 98,5 Prozent aller geplanten Abfahrten der U-Bahnen verlässlich, 96,5 Prozent der Straßenbah-nen und 93,8 Prozent der Busse.
Frage 3: Wieso ist eine Verfrühung von 90 Sekunden gestattet, wenn das Fahrzeug einfach an der Haltestelle warten kann und pünktlich losfahren kann?
Antwort zu 3: Die verkehrsvertragliche Regelung der Pünktlichkeitsdefinition (zwischen 90 s vor und 210 s nach der veröffentlichten Abfahrt) wurde getroffen, um ein dem Verkehrsgeschehen im öffentlichen Straßenland angepasste, realistische Beurteilung vornehmen zu kön-nen. Gewisse Schwankungen der Fahrzeit auch in Rich-tung Verfrühung lassen sich dabei nicht vermeiden, we-gen der vorhandenen Beeinflussungen von Lichtsignalan-lagen können diese auch nicht an beliebigen Haltestellen ausgeglichen werden. Daher werden bis zu 60 Sekunden verfrühte Abfahrten an den Haltestellen verkehrsvertrag-lich toleriert. Hinzu kommt, dass die Information der Fahrer/innen über die Einhaltung des Fahrplan derzeit noch gewissen Ungenauigkeiten bei der Messung und Übermittlung der exakten Abfahrtszeiten im Abgleich zu den Sollabfahrtszeiten unterliegen. Daraus erklärt sich die zusätzliche Messtoleranz von 30 Sekunden.
Frage 4: Wie geht die BVG mit verfrühten Fahrzeugen um, die am ärgerlichsten für Fahrgäste sind?
Antwort zu 4: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Grund-sätzlich sind Fahrerinnen und Fahrer gehalten, Verfrü-hungen möglichst zu vermeiden oder auszugleichen. Grö-ßere Verfrühungen werden automatisch in der Leitstelle erkannt, von hier werden Gegensteuerungsmaßnahmen eingeleitet. Kleinere Verfrühungen sind aufgrund techni-scher Ungenauigkeiten für die Fahrerinnen und Fahrer jedoch nicht immer erkennbar.
Längere Wartezeiten sind aufgrund von möglichen Verkehrsbehinderungen nicht an jeder Haltestelle mög-lich.“
Gleichwohl sind für den Senat deutliche Verfrühungen insbesondere bei größeren Taktabständen, in den Tages-randzeiten und nachts nicht akzeptabel, da dies für Fahr-gäste gleichbedeutend mit einem Ausfall sein kann, der allerdings in diesen Fällen vermeidbar wäre. Der Senat wird diesen Umstand und die Forderung zur Vermeidung von Verfrühungen daher auch weiterhin gegenüber der BVG AöR thematisieren und auf eine stärkere Einhaltung drängen.
Frage 5: Wie hoch sind die Strafzahlungen für Ver-spätungen und Verfrühungen? (bitte separat darstellen)?
Antwort zu 5: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Es fal-len keine Strafzahlungen für Verspätungen und Verfrü-hungen an.“
Strafzahlungen für Verspätungen und Verfrühungen werden zumindest nicht direkt erhoben. Der Verkehrsver-trag zwischen Land Berlin und BVG AöR gibt Mindest-quoten als auch Malus- und Bonusgrenzen u.a. für die Pünktlichkeit der einzelnen Verkehrsmittel vor. Die Be-wertung der Pünktlichkeit und anderer Kriterien findet außerdem über Kundenzufriedenheitsuntersuchungen statt, ebenfalls mit Schranken für Malus- und Bonuswerte. Derzeit ist das Bonus-Malus-System wegen der vertrag-lich vereinbarten Umstellung der Qualitätskriterien auf Kundensicht ausgesetzt, weshalb momentan keine Anga-be des finanziellen Umfangs für Unterschreitungen mög-lich ist.
Frage 6: Wie genau wird die Verfügung und Ver-spätung erfasst? Werden die Daten an jeder Haltestelle gemessen und fließen in das Endergebnis ein oder erst am Endpunkt einer Linie?
Antwort zu 6: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Die Auswertung erfolgt über alle Haltestellen. An jeder Halte-stelle wird die zeitliche Lage eines Fahrzeugs automatisch erfasst und mit dem Fahrplan abgeglichen. Im Oberflä-chenverkehr geschieht dies durch einen Bordrechner, bei der U-Bahn über die Leittechnik.“
Frage 7: Welche Maßnahmen werden ergriffen, um bei allen Buslinien, Straßenbahnlinien und U-Bahnlinien, die die Pünktlichkeitsvorgaben nicht einhalten den Wert zu verbessern?
Soll der Takt verbessert werden?
Werden die Fahrzeiten angepasst?
Werden Ampelsteuerungen verbessert die besonders viel Verspätung verursachen?
Antwort zu 7: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Die BVG ist bestrebt, einen schnellen zuverlässigen und pünktlichen Linienverkehr anzubieten.
Werden von der BVG Beschleunigungspotenziale in der Verkehrsorganisation (LSA1-Programme, Busspuren etc.) erkannt, werden diese möglichen Verbesserungen an die VLB2 und an den Aufgabenträger zur Umsetzung weitergegeben.
Darüber hinaus werden die Fahrzeiten in regelmäßi-gen Abständen überprüft und nach den Regularien des Verkehrsvertrages angepasst.
Unbenommen der turnusmäßigen linienbezogenen Bewertungen von Fahrzeiten, werden temporäre Beein-trächtigungen im Linienbetrieb, die sich nachteilig auf die Pünktlichkeit auswirken, einer differenzierten Betrach-tung unterzogen. Im Ergebnis dessen wird insbesondere bei baubedingten Störungen im Betriebsablauf BVG-intern und über die VLB eine Reduzierung der Behinde-rungen angeregt. Im Vorfeld von geplanten Baumaßnah-men werden Möglichkeiten der Linienführung, Umsteige-beziehungen zum SEV3 und der Dienstplangestaltung ausgeschöpft, um den zu erwartenden Qualitätsverlust zu begrenzen.
Taktveränderungen sind in der Regel ungeeignet, Pünktlichkeiten zu verbessern.“
Nach Ansicht des Senats sind Taktverdichtungen unter Umständen durchaus geeignet, die Pünktlichkeit zu ver-bessern. Gerade auf Strecken mit hohem Fahrgastauf-kommen und häufig stark variierenden Fahrgastwechsel-zeiten kann eine Taktverdichtung entzerrend wirken. Im Rahmen der Wachsenden Stadt wird es ohnehin notwen-dig sein, den steigenden Fahrgastzahlen, die sich teils auch in verschlechterten Pünktlichkeitsquoten widerspie-geln, durch Taktanpassungen zu begegnen. Aktuell hat der Aufgabenträger deshalb beispielsweise auf der Linie M41 eine Taktverdichtung in der Hauptverkehrszeit vor-genommen.
Berlin, den 14. Oktober 2015
In Vertretung
C h r i s t i a n G a e b l e r
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Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Okt. 2015)
1 Lichtsignalanlage
2 Verkehrslenkung Berlin
3 Schienenersatzverkehr