U-Bahn: Baustelle U8: Eingeschränkter Zugang zum Öffentlichen Nahverkehr durch unzureichende Ersatzverbindungen, aus Senat

www.berlin.de Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:

Frage 1: Aus welchen Gründen wurde für die seit August 2013 zwischen den Bahnhöfen #Boddinstraße und #Hermannstraße unterbrochene -Bahnlinie 8 kein umfassender #Schienenersatzverkehr eingerichtet? Frage 2: Hält der Senat die ersatzweise eingerichtete, im 15-Minuten-Takt verkehrende Buslinie 344 für ausreichend, um die Unterbrechung der ÖPNV-Anbindung für die Anwohnerinnen und Anwohner der umliegenden Quartiere aufzufangen? Frage 3: Aus welchem Grund wurde der M44, der im Unterbrechungszeitraum vom S-Bahnhof Hermannstraße kommend über die Emser Straße bis zum S-Bahnhof Neukölln führt, nicht über die Hermannstraße bis zum UBahnhof Boddinstraße verlängert, um eine zusätzliche Anbindung für die Anwohnerinnen und Anwohner herzustellen? Frage 4: Welche Bedarfsabschätzung in den Quartieren östlich und westlich des von der U-Bahn- Unterbrechung betroffenen Abschnitts der Hermannstraße liegt der Entscheidung zugrunde? Frage 5: Wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass in den anliegenden Quartieren überdurchschnittlich viele Einkommensarme und Erwerbslose sowie überdurchschnittlich viele Kinder und Jugendliche leben, die auf eine funktionierende Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr besonders angewiesen sind? Frage 6: Wie bewertet der Senat, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen, dicht besiedelten Innenstadtquartiere – insbesondere Menschen mit Kinderwagen sowie Personen mit körperlichen Einschränkungen – für mindestens 12 Monate derart massive Einschränkungen in ihrem Zugang zum öffentlichen Personennahverkehr hinnehmen müssen? Frage 7: Hat der Senat Maßnahmen geprüft, um den aktuellen Missständen abzuhelfen, und welche Maßnahmen sollen ergriffen werden? Antwort zu 1. bis 7.: Aufgrund festgestellter Schäden am Tunnel der U-Bahnlinie U8 am U-Bahnhof Leinestraße war im Sommer 2013 kurzfristig das Erfordernis einer umfangreichen Decken- und Tunnelsanierung in diesem Bereich festgestellt worden. Die Sanierung bedingte eine mehrmonatige Vollsperrung der Linie U8 im Streckenabschnitt zwischen den Bahnhöfen Boddinstraße und Hermannstraße. Die zeitnahe Streckensperrung erforderte eine kurzfristige Abstimmung des Ersatzverkehrskonzeptes zwischen der BVG und dem ÖPNV-Aufgabenträger. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass Ersatzverkehrskonzepte durch die Verkehrsunternehmen geplant und umgesetzt werden. Der ÖPNV-Aufgabenträger wird in der Regel vor der Umsetzung informiert und entsprechend der Regelungen des Verkehrsvertrags bei umfangreichen Maßnahmen in die Abstimmung miteinbezogen. Für die Bemessung des Platzangebotes von Ersatzverkehrsangeboten gilt gemäß der durch das Land Berlin mit den Verkehrsunternehmen abgeschlossenen Verkehrsverträge, dass die Ersatzverkehre entsprechend dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen zu dimensionieren sind. Dies gilt gleichfalls, wenn auf parallele Angebote zur Umfahrung verwiesen wird. Hierbei muss einerseits das lokale Quell- und Zielverkehrsaufkommen im gesperrten Bereich als auch das Aufkommen der durchfahrenden Fahrgäste berücksichtigt werden. Für die Sperrung der Linie U8 wurde ein Ersatzverkehrskonzept abgestimmt, das Alternativen zur Umfahrung der gesperrten Strecke als auch lokale zusätzliche Angebote vorsieht. Die Buslinie M44 wurde vom S- und U-Bahnhof Hermannstraße zum S- und U-Bahnhof Neukölln verlängert, um den durchfahrenden Fahrgästen mit einem Fahrtziel außerhalb des gesperrten Abschnitts eine schnelle Umfahrung mit der Linie U7 zu ermöglichen und die erforderlichen Umsteigevorgänge zu reduzieren. Aufgrund der vor Beginn der Sperrung schwer einzuschätzenden Straßenverkehrsverhältnisse in der Hermannstraße während der Baumaßnahmen wurde die Linie M44 nicht direkt in Richtung U-Bahnhof Hermannplatz verlängert. Die BVG befürchtete vor allem eine instabile Betriebsführung mit negativen Auswirkungen auf die Pünktlichkeit der gesamten Linie M44 aufgrund des zu erwartenden Staus auf der Hermannstraße. Für die Anwohnerinnen und Anwohner im Umfeld des U-Bahnhofs Leinestraße ergaben sich durch die Sperrung der Linie U8 längere Fußwege zur nächsten Schnellbahnstation. Für Anwohnerinnen und Anwohner mit besonders langen Wegen zu alternativen Schnellbahnstationen und vor allem für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste waren daher auf der Linie 344 zusätzliche Angebote vorzusehen, um das lokale Quell- und Zielverkehrsaufkommen zu bewältigen. Auf der Buslinie 344 wurden dementsprechend der Takt verdichtet, größere Fahrzeuge eingesetzt und die Betriebszeiten ausgeweitet. Als Taktdichte war dabei zunächst ein 15-Minuten-Takt vorgesehen. Da im Voraus der Baumaßnahme jedoch nicht exakt abschätzbar war, wie stark sowohl die Umfahrungsalternativen als auch die lokalen zusätzlichen Angebote von den Fahrgästen in Anspruch genommen werden, wurde zwischen Aufgabenträger und BVG abgestimmt, dass die BVG die tatsächliche Nachfrage während der ersten Wochen nach Umsetzung des Ersatzverkehrskonzeptes beobachtet und bei auftretendem kapazitativen Handlungsbedarf unmittelbar nachsteuert. In den ersten Wochen der U-Bahn-Sperrung zeigte sich, dass die angebotene Verlängerung der Linie M44 zum S- und U-Bahnhof Neukölln von den Fahrgästen nur schwach genutzt wurde. Dagegen wurden auf der Linie 344 aufgrund durchfahrender Fahrgäste zeitweise die Kapazitätsgrenzen überschritten. Der ÖPNVAufgabenträger hat die BVG daher bereits Ende des Jahres 2013 zur Verbesserung der Information über die Umfahrungsmöglichkeiten sowie zur Prüfung einer Anpassung der Ersatzverkehrskonzeption und einer Verdichtung der Verkehrsangebote entlang der Hermannstraße aufgefordert. Insbesondere die kapazitative Situation in der Hermannstraße wurde seitens des Aufgabenträgers als wesentlicher Kritikpunkt gesehen. Die BVG teilte daraufhin mit, dass sie konkrete Umsetzungsmöglichkeiten zur Verbesserung des Ersatzverkehrsangebots prüfen wird. Für eine dichtere Taktung des Busverkehrs durch die Hermannstraße wollte die BVG auch die Beantragung einer dortigen temporären Busspur prüfen, um den Busverkehr betrieblich stabiler abwickeln zu können. Die Beantragung einer solchen Busspur als auch die tatsächliche Angebotsanpassung blieben jedoch aus. Der Aufgabenträger hat die BVG anschließend mehrfach zu einer Nachsteuerung aufgefordert, ohne dass entsprechende Reaktionen seitens der BVG erfolgt sind. Zuletzt teilte die BVG mit, dass sie eine Anpassung der Ersatzverkehrskonzeption mit Verweis auf die Beendigung der U-Bahn-Sperrung in wenigen Monaten nicht mehr als sinnvoll ansehe (der U-Bahnverkehr soll nach Auskunft der BVG am 25.08.2014 – zunächst im 10- Minuten-Takt zwischen Boddinstraße und Hermannstraße – wieder aufgenommen werden). Der Aufgabenträger hält das Vorgehen der BVG in diesem Zusammenhang für nicht sachgerecht und hat diese Kritik gegenüber der BVG mehrfach zum Ausdruck gebracht. Der Aufgabenträger wird dieses zum Anlass nehmen, bei künftigen Maßnahmen vorherige Absprachen noch verbindlicher festzulegen und deren Einhaltung strikt einzufordern. Berlin, den 07. Juli 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ………………………….. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juli 2014)